Beiersdorf im Fokus: Luxuspflege als Last
Beim Konsumgüterkonzern Beiersdorf herrschte zuletzt Tristesse.
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Während viele Branchengrößen wie etwa Procter & Gamble von der Coronana-Pandemie profitieren, weil Kunden im Regal verstärkt nach Reinigungs- und Desinfektionsmitteln greifen, spüren die auf Hautpflege spezialisierten Hamburger eher eine zurückhaltende Nachfrage. Zudem läuft das Geschäft mit Industrieklebstoffen wegen des schwachen wirtschaftlichen Umfeldes schlecht. Der seit Anfang 2019 amtierende Konzernchef Stefan De Loecker übt sich daher in hanseatischer Zurückhaltung. Was bei Beiersdorf los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.
DAS IST LOS BEI BEIERSDORF:
Beiersdorf hat im ersten Halbjahr infolge der Corona-Krise erheblich weniger verdient als im Vorjahr. Zwar gab es erste Verbesserungstendenzen, doch De Loecker blieb bei der Vorlage Anfang August vorsichtig. "Auch wenn sich unser Geschäft derzeit erholt, ist die Entwicklung im zweiten Halbjahr unsicher", erklärte er. Schon damals warnte er, dass eine zweite Pandemiewelle sowie ein sich wieder verschlechterndes wirtschaftliches Umfeld diese Erholung ausbremsen könnte. Die Kunden will der Manager dabei mit neuen, innovativen Produkten ködern.
Insgesamt geht Beiersdorf für 2020 jedoch von Umsatzrückgängen sowie einer signifikanten Verschlechterung der Umsatzrendite aus. Als "signifikant" bezeichnet Finanzchefin Dessi Temperley dabei ein Minus von mehr als 0,50 Prozentpunkten. Im vergangenen Jahr hatte Beiersdorf eine bereinigte Ebit-Rendite von 14,5 Prozent erzielt.
Im Konsumentengeschäft leidet derzeit vor allem die Luxuspflegemarke La Prairie, deren Erlöse im ersten Halbjahr um mehr als 40 Prozent einbrachen. La Prairie wird viel in Flughäfen verkauft und ist vom Reisemarkt als wichtigstem Vertriebskanal abhängig. Der weitgehende Zusammenbruch des Tourismus belastete daher das margenträchtigste Geschäft der Sparte massiv.
Die Erholung werde dauern, schätzt De Loecker - je nachdem, wie sich der Reisemarkt entwickelt. Auch das Geschäft mit Nivea-Produkten ging zuletzt deutlich zurück, im Reisemonat Juni etwa verzeichnete Beiersdorf herbe Einbußen im Geschäft mit Sonnenschutzprodukten. Beim Klebstoffgeschäft Tesa sank die Nachfrage der Industriekunden. Besonders betraf dies die Autoindustrie.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Beiersdorf will an diesem Mittwoch über die Umsätze der vergangenen Monate berichten. Viele Marktexperten gehen von einer moderaten Verbesserung im dritten Quartal aus. Analyst Thomas Maul von der DZ Bank rechnet etwa mit einer Erholung verglichen mit dem Vorquartal. Das Umfeld bleibe aber herausfordernd, schätzt er.
Ähnlich sieht es Jörg Frey von Warburg Research, der zudem erklärte, das Konsumgütergeschäft von Beiersdorf habe mit dem zweiten Quartal das wohl schlimmste Quartal des Jahrhunderts verzeichnet.
"Gewisse Bedenken" über die weitere Entwicklung äußert dagegen Jefferies-Analystin Molly Wylenzek. Sie nennt dabei vor allem das organische Wachstum im dritten Quartal und im Gesamtjahr. Die Ziele für 2023 stünden damit in Frage. Die Konsensschätzungen schienen das Margenziel bereits "abgeschrieben" zu haben.
Olivier Nicola von Goldman Sachs merkte zudem kritisch an, Beiersdorf sei zu stark von der Marke La Prairie und dem zollfreien Handelsgeschäft abhängig. Das bremse das Wachstum, zudem sei Beiersdorf im Online-Geschäft nicht so weit wie die Konkurrenz.
Insgesamt sind die im dpa-AFX Analyser erfassten Experten mit Blick auf die weitere Entwicklung vorsichtig. Lediglich drei der 16 Analysten, die sich seit der Vorlage der Halbjahreszahlen geäußert haben, empfehlen das Papier zum Kauf. Fünf Analysten haben dagegen eine Verkaufen-Einstufung. Das durchschnittliche Kursziel liegt mit 96 Euro etwas unter dem aktuellen Niveau.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Der Aktienkurs von Beiersdorf hatte Mitte März bei 77,62 Euro sein Corona-Tief erreicht. In den zwölf Monaten vor der Pandemie legte die Aktie noch deutlich zu. Von um die 83 Euro im Februar 2019 kletterte der Kurs der Papiere bis Anfang September des vergangenen Jahres auf ein Rekordhoch bei 117,25 Euro geklettert und pendelte sich anschließend im Bereich zwischen 103 und 108 Euro ein: Dann kam der Absturz.
Bis zum Sommer konnte sich die Aktie kräftig von ihrem Corona-Tief bis auf gut 104 Euro erholen, doch die Pandemie steckte den Anlegern weiterhin in den Knochen. Denn nach den schwachen Halbjahreszahlen ging es wieder bergab. Zuletzt kostete die Beiersdorf-Aktie etwas mehr als 99 Euro. Seit Ende 2019 büßte das Papier rund sieben Prozent ein.
Damit gab das Papier in etwa so stark nach wie der DAX und etwas mehr als die Anteile des Konkurrenten Henkel. Besser sieht es dagegen beim Blick auf die vergangenen Jahre aus. Seit Herbst 2015 zog der Beiersdorf-Kurs um knapp 17 Prozent und damit stärker als der DAX an. Die Henkel-Vorzugsaktien gaben in dem Zeitraum rund neun Prozent nach.
Bei der ganz langfristigen Betrachtung über 20 Jahre schneidet Henkel wiederum mit einem Plus von fast 300 Prozent zu 160 Prozent bei Beiersdorf wieder deutlich besser ab. Das Düsseldorfer Unternehmen hängt die Hamburger zudem in puncto Marktkapitalisierung ab. Henkel wird derzeit an der Börse mit knapp 38 Milliarden Euro bewertet, Beiersdorf kommt auf 25 Milliarden Euro.
Beide Unternehmen liegen damit im Mittelfeld des deutschen Leitindex. Von den Beiersdorf-Aktien sind zudem mit knapp 40 Prozent relativ wenig Papiere im Streubesitz. Etwas mehr als 50 Prozent hält die von Michael Herz kontrollierte Holding Magingvest; weitere knapp zehn Prozent hält Beiersdorf selbst.
/nas/ngu/jha/zb
HAMBURG (dpa-AFX)
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