Wirtschaftsabschwung

Portfoliomanager überzeugt: US-Rezession kommt zu 50 Prozent

11.10.23 21:16 Uhr

Portfoliomanager überzeugt: US-Rezession kommt zu 50 Prozent | finanzen.net

Die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve hat Folgen: Während die Senkung der Inflation das Wunschziel der Währungshüter ist, wirken sich Zinssenkungen auf der anderen Seite negativ auf die Wirtschaft aus. Eine Rezession wäre der Worst Case.

• Portfoliomanager rechnet nicht mit Zinssenkung 2024
• Chancen auf Rezession 50:50
• Experten uneins



Seit Monaten blicken Marktexperten und Anleger mit Sorge auf den Zustand der Wirtschaft. Dass der deutliche Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank Folgen auf die Wirtschaftstätigkeit haben wird, scheint ausgemachte Sache. Ob es aber zu einer Rezession kommt, darüber sind viele Experten uneinig. Thomas Martin, Senior Portfoliomanager von GLOBALT Investments, hat gegenüber Yahoo Finance seine Sicht der Dinge dargelegt.

Chance auf Rezession 50:50

In einem Interview mit dem Finanzportal erklärte er, er schätze "die Wahrscheinlichkeit einer Rezession [in den USA] auf etwa 50/50". Seiner Ansicht nach gebe es viel mehr Möglichkeiten, dass etwas kaputt gehen könnte, was sich wiederum auf die Politik der Fed auswirken werde.

So geht der Experte zunächst davon aus, dass noch in diesem Jahr mit einer weiteren Zinserhöhung der US-Notenbank zu rechnen sein dürfte. Auch für das Folgejahr rechnet er nicht damit, dass die Zinsen wieder sinken, diese Argumentation habe inzwischen auch der Markt übernommen. "Es kommt wirklich darauf an, was mit der Wirtschaft passiert. Und wir befinden uns hier an einem Zeitpunkt, an dem die verzögerten Effekte, die langwierigen und variablen Verzögerungseffekte wirklich zu greifen beginnen", so Martin im Interview.

Seiner Ansicht nach werde das kommende Jahr deutlich mehr Informationen über die Folgen der Geldpolitik für die Wirtschaft liefern. Die Vorstellung, dass die Folgen der Zinserhöhungen mit verzögertem Effekt am Markt wirken, sei bei vielen noch nicht angekommen, warnte er und verwies auf die jüngsten Zahlen vom US-Arbeitsmarkt. Die Beschäftigungszahlen waren zuletzt etwas schwächer "und wir sind davon überzeugt, dass derzeit schlechte Nachrichten gute Nachrichten sind", so der Experte weiter. Allerdings könnten "schlechte Nachrichten zu schlechten Nachrichten werden, wenn diese an Fahrt gewinnen und statt Zuwächsen bei den Lohn- und Gehaltszahlungen Rückgänge zu verzeichnen sind".

Verbraucher werden anders agieren

Auch Verbraucher würden dann ihr Verhalten ändern, glaubt Martin. Aktuell herrsche noch die von der COVID- und Lockdown-Zeit begünstigte Kultur, Geld jetzt auszugeben, statt sich vorsichtiger zu verhalten, vor. "Aber das ändert sich alles, wenn sich die Daten nach unten beschleunigen", glaubt der Experte.

Experten uneinig bei Rezessionswahrscheinlichkeit

Zuletzt hatten einige Experten ihre Prognosen für die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA gesenkt und dabei auf robuste Wirtschaftsdaten verwiesen. Die Experten der US-Großbank Goldman Sachs etwa verwiesen auf ein deutlich besseres Inflationsumfeld und einen angespannten Arbeitsmarkt.

Experten von Bespoke hatten unterdessen davor gewarnt, eine Rezession zu früh abzuschreiben. Basierend auf historischen Daten kamen die Analysten unlängst zu der Einschätzung, dass eine US-Rezession Anfang Juni 2024 einsetzen dürfte. Mit Blick auf vergangene Konjunkturrückgänge verwiesen sie darauf, dass Rezessionen in der Vergangenheit durchschnittlich 589 Tage gebraucht hätten, um sich nach einem ersten Warnsignal zu manifestieren. Nur ein einziges Mal - nämlich 1973 - sei die Rezession innerhalb von 300 Tagen und damit schneller eingetreten.

Und auch die Marktexpertin Stephanie Pomboy, die Gründerin von Macro Mavens, hatte vor einem Verzögerungseffekt bei den Folgen geldpolitischer Entscheidungen gewarnt. "Die Märkte scheinen den Schmerz vor dem Pivot nicht vorherzusehen - sie antizipieren lediglich den Pivot", sagte die Gründerin von Macro Mavens kürzlich in einem Wealthion-Interview. Einem Fed-Pivot, also einer Zinswende der US-Notenbank, werden ihrer Ansicht nach zunächst massive Schmerzen vorausgehen, die viele Marktteilnehmer aktuell nicht sehen wollen.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Lightspring / Shutterstock.com, Immersion Imagery / Shutterstock.com