Kolumne

Eignet sich die Riester-Rente zur langfristigen Geldanlage?

06.04.21 08:06 Uhr

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Eignet sich die Riester-Rente zur langfristigen Geldanlage? | finanzen.net

Die Riesterrente gehört zu der Gattung der privat finanzierten Altersvorsorge in Deutschland.

Das Besondere in diesem Fall ist die Förderung durch den Staat und die damit verbundenen Steuervorteile. Sie wurde im Zuge der Reform der gesetzlichen Rentenversicherung 2000/2001 in Deutschland eingeführt und geht auf den damaligen Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Walter Riester zurück.

1. Welche Gründe sprechen für die Riester-Rente?

Grund 1: Staatliche Förderung und Steuervorteile

Die Riester-Rente bietet durchaus einige Vorteile, zum einen die staatliche Förderung i.H.v 175 Euro zuzüglich einer Kinderzulage, welche je nach Geburtsdatum des Kindes entweder 185 Euro oder 300 Euro beträgt. Ein weiterer Vorteil ist außerdem der durch die Riester-Rente geltende Steuervorteil, da man bis zu 2.100 Euro pro Jahr als Sonderausgaben in der Steuererklärung geltend machen kann.

Grund 2: Geschütze Beiträge

Die eingezahlten Beiträge zuzüglich der Zulagen sind außerdem geschützt, so werden diese mit einer Garantie bei Renteneintritt ausgezahlt. Ein (nomineller) Kapitalverlust der eingezahlten Beträge und Zulagen ist also ausgeschlossen. Des Weiteren besteht bei der Riester-Rente einen Schutz des Kapitals vor Privatinsolvenz und bei der Berechnung von Hartz IV.

Grund 3: Anreiz zur langfristigen Vorsorge

Schlussendlich bietet die Riester-Rente abgesehen von monetären Vorzügen noch einen weiteren nicht zu unterschätzenden Vorteil: die Riester-Rente kann erst ab dem 62. Lebensjahr ausgezahlt werden (außer man nimmt in Kauf, die staatliche Förderung zu verlieren) und der Großteil des Betrags muss als lebenslange Rente ausgezahlt werden. Damit bietet die Riester-Rente einen Anreiz, langfristig für den Ruhestand vorzusorgen. Denn kurzfristige Entnahmen zum Beispiel für einen Urlaub oder ein neues Auto, welche das Ziel der Altersvorsorge konterkarieren könnten, sind während der Einzahlphase nicht möglich.

Grund 4: Schutz vor Altersarmut

Da der Großteil der Riester-Rente als lebenslange Rente ausgezahlt wird, bietet sie zudem Schutz davor, im sehr hohen Alter zu verarmen. Denn je älter man wird, desto größer ist das Risiko, dass die während der Erwerbstätigkeit gebildeten Rücklagen für den Ruhestand irgendwann nicht mehr ausreichen. Die Riester-Rente wird jedoch bis zum Lebensende ausgezahlt.

2. Welche Riester-Produkte gibt es?

Die Riester-Rente wird in Deutschland in vier verschiedenen Varianten angeboten: als Banksparvertrag, Investmentfondsvertrag, Rentenversicherung sowie als fondsgebundene Rentenversicherung. Später kam noch der Wohn-Riester hinzu. Der Sparer muss sich für eine der genannten Variante entscheiden. Versicherungsverträge sowie Investmentfondsverträge sind dabei die bevorzugte Wahl der Deutschen. So bestanden Ende 2019 ca. 10,7 Mio. Riester-geförderte Versicherungsverträge und 3,3 Mio. Investmentfondsverträge.

3. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein und welche Förderungen gibt es?

Die Riester-Rente richtet sich an Arbeitnehmer und Beamte. Die Idee hinter der Riester-Rente: der Sparer investiert in ein Riester-gefördertes Produkt und sorgt so privat für das Alter vor. Dies wird vom Staat zusätzlich gefördert. Damit schafft der Staat einen Anreiz, um die private Altersvorsorge zu stärken.

Grundsätzlich besteht die staatliche Förderung aus zwei Teilen:

1. Altersvorsorgezulage bestehend aus einer Grundzulage zuzüglich gegebenenfalls Kinderzulage(n)
2. Möglichkeit des Sonderausgabenabzugs in der Steuererklärung gemäß §10a EStG.

Mit der Altersvorsorgezulage steuert der Staat - zusätzlich zum jährlichen Anlagebetrag des Sparers - einen gewissen Betrag jährlich zum Riester-Produkt bei. Allerdings erhält der Sparer die Zulage(n) ungeschmälert bzw. ungekürzt nur, wenn ein gewisser Mindesteigenbeitrag eingezahlt wird. Das heißt, der Sparer muss einen gewissen Betrag selbst jedes Jahr aufbringen, um die Zulage vom Staat in voller Höhe zu erhalten.

Dieser Mindestbetrag richtet sich nach dem rentenversicherungspflichtigen Einkommen des Vorjahres und beträgt hiervon 4 %. Allerdings muss der Eigenbetrag seit dem Jahr 2005 mindestens 60 Euro pro Jahr betragen. Der höchstmögliche geförderte Betrag liegt bei 2.100 Euro pro Jahr. Hierin sind die staatlichen Zulagen bereits enthalten. Zusätzlich hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, den in das Riester-Produkt eingezahlten jährlichen Betrag bis zu einer Höhe von 2.100 Euro als Sonderausgabe in der Steuererklärung anzusetzen.

Eine Riester-Rente kann frühestens ab dem 60. Geburtstag in Anspruch genommen werden, bei Neuabschlüssen ab 2012 sogar erst ab dem 62. Lebensjahr (bei einem Abschluss vor dem Jahr 2012 ist die Riester-Rente ab 60 Jahren auszahlbar).

Welche staatlichen Zulagen gibt es?

Grundzulage: 175 Euro pro Jahr (seit 2018)
Kinderzulage: 185 Euro pro Kind (geboren vor dem 31.12.2007) und 300 Euro (geboren ab dem 01.01.2008)
Berufseinsteiger-Bonus: Im 1. Sparjahr eine um 200 Euro erhöhte Grundzulage (nur vor Vollendung des 25. Lebensjahres)

Der höchstmögliche Betrag, der als Sonderausgabe in der Steuererklärung angegeben werden kann, ist wie bereits erwähnt, auf 2.100 Euro pro Jahr gedeckelt.

Welche Steuervorteile ergeben sich für Riester-Sparer?

Man kann sich bei der Riester-Rente über die Steuererklärung gemäß §10a EStG zusätzlich einen Steuervorteil sichern, denn Riester-Beiträge und Zulagen lassen sich mit bis zu 2.100 Euro im Jahr als Sonderausgaben steuerlich geltend machen.

In der Ansparphase sind die eingezahlten Beiträge also einkommensteuerfrei. Die exakte Höhe des Steuervorteils lässt sich allerdings nicht pauschal bestimmen. Um diesen Vorteil geltend zu machen, müssen Versicherte die Anlage AV in ihrer Steuererklärung ausfüllen. In diesem Teil der Steuererklärung werden die Angaben zu Altersvorsorgebeiträgen gemacht.

Wie erfolgt die Kapitalauszahlung der Riester-Rente?

Für die durch den Staat geförderten Beträge gelten grundsätzlich die gesetzlichen Auszahlungsregeln. Diese ermöglichen es, bei Renteneintritt 30% des über den Zeitraum angesparten Vermögens einmalig auszuzahlen. Der Restbetrag wird als lebenslange Rente monatlich ausbezahlt. Eine Auszahlung vor Rentenbeginn ist nur förderschädlich möglich. In diesem Fall müssen Zulagen und Steuervorteile zurückgezahlt werden.

Für ungeförderte Beträge besteht je nach Vertragsbedingung mindesten einmal jährliche die Möglichkeit der Auszahlung.

4. Die Besteuerung im Rentenalter

Die Riester-Rente ist grundsätzlich von der Abgeltungssteuer, welche im Volksmund auch häufig als Kapitalertragssteuer bezeichnet wird, befreit. Somit unterliegen die Zinserträge während der Einzahlungsphase nicht der Versteuerung. Erst bei der Auszahlung der monatlichen zusätzlichen Rentenzahlung müssen die durch die entsprechende Anlageform (zum Beispiel Investmentfondsvertrag) erwirtschafteten Kapitalerträge versteuert werden. Es handelt sich hier als um eine nachgelagerte Besteuerung. Doch wie werden geförderte und nicht-geförderte Beträgen während der Auszahlphase besteuert?

1. Geförderte Anteile

Zu den geförderten Beträgen gehören die zugunsten eines Altersvorsorgevertrages geleisteten Eigenbeiträge zuzüglich der für das Beitragsjahr zustehenden Zulage durch den Staat, soweit sie insgesamt den jährlichen Sonderausgaben-Höchstbetrag i.H.v. 2.100 Euro nicht übersteigen, mindestens jedoch die gewährten Zulagen und die geleisteten Sockelbeträge (ab dem Jahr 2005 min. 60 Euro im Jahr).

Der geförderte Betrag muss versteuert werden. Die Versteuerung richtet sich nach dem persönlichen Steuersatz des Rentners (§ 32d Abs. 2 S. 2 EstG), welcher wiederum abhängig von der gesamten Einkommenssituation des Rentners ist.

Da Ruheständler in der Regel im Alter meist geringere Einkünfte haben, als während ihrer Erwerbszeit, fällt der Steuersatz meist niedriger aus. Beruhen die ausgezahlten Leistungen ausschließlich auf geförderten Beiträgen, unterliegt der gesamte Auszahlungsbetrag der nachgelagerten Besteuerung. Hinweis: Beruhen die Leistungen sowohl auf geförderten als auch auf nicht-geförderten Beiträgen, müssen die Leistungen in der Auszahlungsphase aufgeteilt werden. Sie werden folglich gemäß der steuerlichen Behandlung aufgeteilt.

2. Nicht-geförderte Anteile

Soweit es sich bei der Auszahlung um eine lebenslange Rente handelt, die auf nicht-geförderten Beiträgen beruht, erfolgt die Besteuerung der Riester-Rente mit dem sogenannten Ertragsanteil. Das heißt, dass nicht der gesamte jährlichen (Riester-)Rentenbetrag versteuert werden muss, sondern nur der Ertragsanteil. Die Höhe des Ertragsanteils bestimmt sich nach dem Alter des Rentenberechtigten bei Rentenbeginn.

5. Kritik an der Riester-Rente: Ein Bürokratie-Monster?

Bürokratischer Aufwand: Kritik an der staatlich geförderten privaten Zusatz-Altersvorsorge gibt es, seit sie im Jahr 2002 eingeführt wurde. Sie sei zu renditeschwach, zu bürokratisch, aber vor allem zu teuer. So sei die Riester-Rente im Grunde ein Bereicherungsprogramm für die Finanzinstitute. Komplizierte Regeln: Zudem sind viele Bürger verunsichert und verwirrt von den intransparenten und vor allem komplizierten Regeln, welche im Zuge der Riester-Rente zu beachten sind. Denn im Endeffekt weiß niemand so genau, wie hoch die tatsächlichen Kosten des abgeschlossenen Vertrages sind. Auch die Höhe der realen Rendite ist nur schwer greifbar. Denn der Gesetzgeber garantiert nur, dass mindestens die geleisteten Beiträge plus staatliche Förderung ausgezahlt werden müssen.

Uneinheitliche Vertragsgestaltung: Ein weiterer Kritikpunkt, welche oft im Zusammenhang mit der Riester-Rente fällt, ist die uneinheitliche Vertragsgestaltung der verschiedenen Anbieter, welche eine Vergleichbarkeit der Verträge zusätzlich erschwert.

Der Traum vom Ruhestand im Ausland - Der Fallstrick der Riester-Rente!

Wer den Traum hat, seinen Ruhestand statt an der kalten Ostsee im sonnigen Süden zu verbringen, der muss bei der Riester-Rente zusätzlich aufpassen. Denn der Ruhestand im Ausland wurde für Riester-Rentner schon seit deren Einführung erschwert.

Immerhin: Die bis in das Jahr 2009 geltende Regel, dass Rentner den Anspruch auf die Zulage verlieren, wenn sie ihren Wohnsitz ins Ausland verlagerten und nicht mehr uneingeschränkt in Deutschland steuerpflichtig waren, wurde vom Europäischen Gerichtshof für unzulässig erklärt.

Somit erhält nun jeder Rentner, welcher seinen wohlverdienten Ruhestand im EU-Ausland, einschließlich Norwegen, Island und Liechtenstein, verbringen will, die staatlich geförderte Riester-Rente in voller Höhe ausbezahlt. Allerdings ist hier weiterhin Vorsicht geboten!

Rentner, die planen, ihren Ruhestand außerhalb der Europäischen Union zu verbringen, müssen die vom Staat erhaltenen Zulagen, sowie durch die Riester-Rente begünstigten Steuervorteile zurückzahlen. Bis zum Auszahlungsbeginn der Rente können diese Beträge aber gestundet werden.

Als Chief Investment Officer leitet Fabian Knigge den Bereich Altersvorsorge bei Ginmon. Zuvor war er im Portfolio Management im Bereich Aktien Europa bei Union Investment tätig. Er hält einen Masterabschluss in Finance von der Bocconi-Universität Mailand und ist CFA Charterholder.