RWE-Aktie dreht ins Plus: RWE will bis 2040 klimaneutral werden
Der Essener Energiekonzern RWE will als Produzent von grünem Strom künftig größer denken als bisher.
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"Wir wollen die Energiewende voranbringen. Dabei orientieren wir uns nicht an Landesgrenzen", sagte Vorstandschef Rolf Martin Schmitz bei der Präsentation zur Neuaufstellung des Konzerns am Montag in Essen. Als internationales Unternehmen müsse sich RWE im globalen Wettbewerb behaupten.
In Deutschland sieht Schmitz derzeit nur geringe Investitionsmöglichkeiten beim Ökostrom. "Im Moment ist das Umfeld schwierig." Vor allem bei der Windkraft an Land dauere alles viel zu lange. Deutschlands größter Braunkohleverstromer wird durch die Übernahme der erneuerbaren Energien des bisherigen Konkurrenten E.ON und der Anlagen seiner zerschlagenen Tochter innogy zu einem der international führenden Unternehmen beim Ökostrom - bei Strom aus Windkraftanlagen auf See rangiert RWE nach eigenen Angaben sogar weltweit auf Platz zwei.
Daher sollen künftig auch die erneuerbaren Energien mit rund 60 Prozent den Großteil des operativen Ergebnisses (Ebitda) ausmachen. Aus der konventionellen Stromerzeugung kommen dann noch 20 Prozent. Die restlichen 20 Prozent tragen der Energiehandel und Finanzbeteiligungen zum Ergebnis bei. Das operative Ergebnis werde sich durch die Transaktion mit E.ON verdoppeln, erklärte Finanzchef Markus Krebber. In Zahlen bedeute das, dass das Ebitda im kommenden Jahr auf über 3 Milliarden Euro steigen soll. Das habe auch positive Auswirkungen für die Aktionäre: Die Dividende werde langfristig mindestens gleich bleiben, so Krebber, aber eher steigen.
Am Montagvormittag rutschte der Kurs der Aktie ins Minus. Bis zum frühen Nachmittag konnte die Aktie den Verlust aber wieder wettmachen. Die vergangenen Monate kam die Neuausrichtung von RWE an der Börse gut an. Die Aktie legte seit Jahresbeginn fast um die Hälfte zu und gehört damit zu den Top Drei im Leitindex DAX. Damit schneidet RWE deutlich besser ab als E.ON. Der Aktienkurs des bisherigen Konkurrenten, der durch den Deal mit RWE keine eigene Stromproduktion mehr hat, kommt seit Monaten nicht von der Stelle.
Die aktuelle Konzentration von RWE auf Projekte im Ausland wird auch an den Zahlen zur Erzeugungskapazität deutlich, die Schmitz präsentierte. Von den 9 Gigawatt, die derzeit am Netz sind, entfallen nur 1,5 Gigawatt auf Deutschland. Die großen in Bau befindlichen Wind- und Solarparks sind in den USA und Australien. Auch im asiatisch-pazifischen Raum will RWE aktiver werden. Pro Jahr sollen 1,5 Milliarden Euro in die Erneuerbaren investiert werden. Gemeinsam mit Partnern könnte das Investitionsvolumen auf bis zu 3 Milliarden Euro ansteigen. Geld für die Investitionen soll auch aus der Beteiligung von 16,7 Prozent am bisherigen Rivalen E.ON kommen, wie Finanzchef Markus Krebber sagte.
In Deutschland produziert RWE derzeit aber noch viel Strom aus der als besonders klimaschädlich geltenden Braunkohle. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern. Der Energiekonzern RWE will bis zum Jahr 2040 klimaneutral werden. Neben Strom aus Wind und Sonne will der Energieriese künftig auf Biomasse und auf "grünes" Gas setzen.
Bei Umweltverbänden stieß die Ankündigungen auf Kritik. "RWE muss für einen glaubwürdigen Kurswechsel deutlich mehr tun, als erneuerbare Energien einzukaufen", sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND. Der Konzern bleibe so lange unglaubwürdig, wie er zugleich Braunkohle auf Hochtouren verstrome und seine Bagger weiter ungebremst Richtung Hambacher Wald vorrückten. Greenpeace betonte, bis 2040 werde in Europa längst kein Braunkohlekraftwerk mehr laufen. RWE müsse alle europäischen Kohlekraftwerke schrittweise bis spätestens 2030 vom Netz nehmen.
Die neue RWE teilt ihr Geschäft künftig in vier Sparten auf: die erneuerbaren Energien mit der Stromerzeugung aus Wind und Sonne; die Kraftwerkssparte mit Gas, Wasserkraft, Biomasse und Steinkohle; die Braunkohle- und Kernkaftwerke und eine vierte Sparte, die den Energiehandel und das Gasspeichergeschäft enthalten wird. Der Energiehandel war in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres hauptsächlich für das gute Ergebnis verantwortlich. Der Handel mit Strom ist allerdings sehr schwankungsanfällig.
Bei den gesetzlichen Regelungen für den Kohleausstieg fordert Schmitz mehr Tempo. "Mich befremdet es auch etwas, dass es länger braucht, es umzusetzen als es zu erfinden", sagte der RWE-Chef. "Das sollte vielleicht die Bundesregierung mehr beunruhigen als uns." Je eher man in den Ausstieg einsteige, desto früher gingen auch die Emissionen zurück. Deshalb sei der Gesetzgeber "stärker am Zug als wir".
Gespräche über die Abschaltung von RWE-Braunkohlekraftwerken würden mit dem Bundeswirtschaftsministerium derzeit alle 14 Tage geführt. RWE werde die Hauptlast der 3 Gigawatt Braunkohlekapazitäten, die bis 2022 abgeschaltet werden sollen, tragen müssen, betonte Schmitz. Der RWE-Chef hatte wiederholt Entschädigungen von bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Gigawatt abgeschalteter Leistung und der daran hängenden Tagebaukapazitäten gefordert. Am Montag sagte er, über Zahlen werde "zum Schluss" verhandelt.
Die Kohleverstromung soll in Deutschland bis spätestens 2038 enden. Zwischen 2012 und 2018 habe RWE den CO2-Ausstoß bereits um 60 Millionen Tonnen reduziert, erklärte Schmitz. "Ich wüsste nicht, dass die Autoindustrie das auch schon hinbekommen hätte."
Der Wandel von RWE zum Ökostrom-Anbieter ist Folge eines weitreichenden Tauschgeschäfts mit E.ON. Die beiden Energieriesen haben innogy unter sich aufgeteilt. E.ON übernimmt das Netz- und das Endkundengeschäft und reicht die eigenen Erneuerbaren und die von innogy an RWE weiter. Die Wettbewerbshüter der EU hatten den Deal mit einem Gesamtwert von mehr als 40 Milliarden Euro vor knapp zwei Wochen genehmigt.
ESSEN (dpa-AFX)
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