WAHL 2025/Amtsinhaber bis Waffeninspekteur: Die Spitzenkandidaten

21.01.25 09:34 Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Auf dem Wahlzettel stehen sie bei der Bundestagswahl allenfalls im eigenen Wahlkreis - trotzdem prägen die Spitzenkandidaten den Kampf um Wählerstimmen. Ein Überblick zu den Köpfen der Bundestagsparteien.

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Olaf Scholz (SPD)

Olaf Scholz ist zwar als Titelverteidiger gestartet, aber mit ähnlich schlechten Chancen wie vor seinem Überraschungssieg vor drei Jahren. Diesmal lässt die Aufholjagd auf sich warten, was auch mit den schlechten Sympathiewerten des Kanzlerkandidaten zusammenhängt. Sein Kommunikationsstil stand vom Anfang seiner Amtszeit an in der Kritik. Auch das Image mangelnder Führungskraft hängt dem 66-jährigen Hamburger an - was er selbst vehement bestreitet.

Im Wahlkampf versucht Scholz mit seiner Regierungserfahrung zu punkten - als Bundesminister, Hamburger Bürgermeister und Kanzler. Den Höhepunkt seiner Amtszeit erlebte er ganz zu Anfang mit seiner "Zeitenwende"-Rede zum Ukraine-Krieg und der Überwindung der Energie-Krise nach der Kappung russischer Gas-Lieferungen. Dass er den Dauerstreit in der Ampel-Koalition mit der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) beendete, wurde in der SPD zwar gefeiert. Trotzdem gab es eine Diskussion, ob er der richtige Spitzenmann für den Wahlkampf ist.

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Scholz lebt in Potsdam, ist mit der SPD-Politikerin Britta Ernst verheiratet und liest gerne. Spät hat er Sport als Hobby entdeckt: Laufen und Rudern.

Friedrich Merz (Union)

CDU-Chef Friedrich Merz hat beste Chancen, die Union nach nur etwa dreieinhalb Jahren Opposition ins Kanzleramt zurückzuführen. Dabei galt der 69-Jährige lange als politisch abgeschrieben. Doch zäh und zielstrebig hat sich der Sauerländer zurückgekämpft.

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Erst im dritten Anlauf wurde Merz nach dem Rückzug von Angela Merkel Parteichef. Nachdem Merkel ihn 2002 als Unionsfraktionschef verdrängt hatte, arbeitete er unter anderem für das US-Investmentunternehmen Blackrock und sammelte Wirtschaftskompetenz. In der Union glauben sie, dass Merz der Richtige ist, um die Deutschland-AG wieder auf Vordermann zu bringen.

In den eigenen Reihen wird ihm bescheinigt, dass er die CDU nach dem Machtverlust 2021 wieder geeint und das zu Merkels Zeit zerrüttete Verhältnis zur CSU mit einem harten Kurs in der Migrationspolitik gekittet hat.

Merz ist mit einer Richterin verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Er ist leidenschaftlicher Pilot.

Robert Habeck und Annalena Baerbock (Grüne)

Den meisten dürfte Robert Habeck als Bundeswirtschaftsminister präsent sein, der nach dem russischen Angriff auf die Ukraine um die Sicherung der deutschen Energieversorgung rang, aber auch das umstrittene Heizungsgesetz zu verantworten hat. Zur Politik kam der heute 55-Jährige spät: 2002 trat er bei den Grünen ein, wegen eines fehlenden Radwegs in seiner schleswig-holsteinischen Heimat, wie er gern erzählt. In nur zwei Jahren wurde er Landesvorsitzender, später dort auch Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume - oder "Draußenminister", wie der Grünen-Kanzlerkandidat das nennt. Vier Jahre lang leitete er die Grünen gemeinsam mit Annalena Baerbock.

Habeck hat unter anderem Philosophie und Sprachwissenschaften studiert und promoviert. Er schrieb Romane und Kinderbücher mit seiner Frau und mehrere politische Sachbücher. Er hat vier erwachsene Söhne und ein Faible für das Nachbarland Dänemark, wo er studierte.

Als zweite Spitzen- aber nicht Kanzlerkandidatin der Grünen wirbt Baerbock um Stimmen. Die reisefreudige Außenministerin hofft sehr auf eine zweite Amtszeit. Wie ihre Partei insgesamt vertritt sie eine harte Linie gegenüber Staaten wie Russland oder China und setzt sich für Frauenrechte und Klimaschutz ein. Über ihre Rolle als Mutter spricht die 44-Jährige häufig, ohne allerdings Details aus dem Privatleben mit ihren zwei Töchtern zu verraten. Baerbock wuchs in der Nähe von Hannover in einem Dorf auf und studierte Politikwissenschaften und Völkerrecht in Deutschland und London. Als Jugendliche spielte Baerbock Fußball und betrieb Trampolinspringen als Turniersport.

Alice Weidel (AfD)

Alice Weidel ist die erste Kanzlerkandidatin, die die AfD in ihrer zwölfjährigen Geschichte aufgestellt hat. Der US-Milliardär Elon Musk hatte der 45-Jährigen (wird am 6. Februar 46) zuletzt auf seiner Plattform X einen internationalen Bekanntheitsschub verschafft. Weidel - Spitzname "Lille" - wuchs in Harsewinkel zwischen Münster und Bielefeld mit zwei Geschwistern in einem Unternehmerhaushalt auf.

Nach Abitur und Wirtschaftsstudium arbeitete sie unter anderem bei der Investmentbank Goldman Sachs, war mehrere Jahre in China und promovierte mit einer Arbeit über das chinesische Rentensystem. In die AfD trat sie in deren Gründungsjahr 2013 aus Frust über die sogenannte Euro-Rettungspolitik ein. Mit dem Rechtsaußen-Lager ihrer Partei um Thüringens AfD-Chef Björn Höcke, den sie früher mal aus der Partei haben wollte, hat sich Weidel längst arrangiert.

Die AfD-Co-Vorsitzende pendelt zwischen Deutschland und der Schweiz, wo sie mit einer Frau zusammen zwei Söhne großzieht. In die AfD sei sie nicht trotz, sondern wegen ihrer Homosexualität eingetreten, hatte sie einmal erklärt.

Christian Lindner (FDP)

Die Umfragewerte sind am Boden, doch zumindest seinen Humor hat der FDP-Chef bewahrt. Nachdem ihm im Wahlkampf eine Torte aus Rasierschaum ins Gesicht geknallt wurde, sagte er: "Nächstes Mal nur bitte was vom Bäcker oder Konditor."

Seinen Rauswurf als Finanzminister durch Kanzler Scholz nahm der 46-Jährige weniger humorvoll auf. Dabei hatte er sich und seine Liberalen schon auf einen Bruch der Ampel-Koalition vorbereitet. Doch die Lage ist für die Partei nun betrüblich. Anders als erwartet, blieb der Umschwung in den Umfragen aus und die FDP liegt unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Nachdem die Partei 2013 aus dem Bundestag geflogen war, hatte Lindner sie wieder zurück ins Parlament und schließlich in eine Koalition mit SPD und Grünen geführt. Nun will er sie für ein Bündnis mit der Union in Position bringen, könnte aber - wenn sich die Lage nicht ändert - erneut erleben, dass ihr Verbleib im Bundestag scheitert.

Lindner ist mit der Journalistin Franca Lehfeldt verheiratet. Beide erwarten ihr erstes gemeinsames Kind.

Sahra Wagenknecht (BSW)

Beim Bündnis Sahra Wagenknecht bestand nie Zweifel, dass die Parteigründerin selbst Spitzenkandidatin wird. Im Dezember entschloss sich der Vorstand der jungen Partei, Sahra Wagenknecht auch zur Kanzlerkandidatin zu küren - auch wenn das BSW mit Umfragewerten von vier bis sechs Prozent kaum die Regierungschefin stellen dürfte. Die 55-Jährige, die in Jena geboren wurde, trat kurz vor der friedlichen Revolution in der DDR 1989 in die Staatspartei SED ein.

Mehr als drei Jahrzehnte blieb Wagenknecht in den Folgeparteien PDS und Linke und war unter anderem Bundestagsfraktionschefin. Zunächst stand sie mit der Kommunistischen Plattform politisch ganz links. Später vertrat sie Positionen, die ihren Genossen zu weit rechts waren, unter anderem die Forderung nach strikter Begrenzung von Migration. Ihr Buch "Die Selbstgerechten" wurde zum Bestseller, allerdings auch zum Scheidungspapier für die Linke. Im Oktober 2023 trat sie aus. Sie ist verheiratet mit dem ehemaligen SPD- und Linken-Politiker Oskar Lafontaine und lebt im Saarland.

Heidi Reichinnek und Jan van Aken (Die Linke)

Die Linke geht mit ihrem Parteichef Jan van Aken und der Bundestagsabgeordneten Heidi Reichinnek als Spitzenduo ins Rennen. Der gebürtige Reinbeker van Aken vertrat den Wahlkreis Hamburg-Altona schon von 2009 bis 2017 im Bundestag. Er war Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und warb für Rüstungskontrolle. Der 63-Jährige ist Biologe, war zeitweise bei Greenpeace und von 2004 bis 2006 Biowaffeninspekteur der Vereinten Nationen. Der ehemalige katholische Messdiener nennt sich selbst "eine Friedenstaube mit dem Kapuzenpulli". Er gibt sich optimistisch, dass die Linke nicht wie in den Umfragen rund drei Prozent bekommt, sondern bis zu sieben.

Seine Kollegin Heidi Reichinnek wurde in Sachsen-Anhalt geboren und studierte Politikwissenschaften und Nahoststudien in Halle und Marburg. In der Linken stieg sie in Niedersachsen auf zur Landesvorsitzenden (2019 bis 2023). Seit 2021 sitzt die heute 36-Jährige im Bundestag. 2022 bewarb sie sich vergeblich als Bundesvorsitzende. Stattdessen wurde sie nach der Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht 2024 Co-Chefin der verbleibenden Linken-Gruppe im Bundestag. Sie ist eine pointierte Rhetorikerin und Schnellrednerin./vsr/DP/jha