Wirecard: Prüfung zu Singapur-Vorwürfen kurz vor Ende - Aktie weit im Plus
Der unter Druck stehende Zahlungsabwickler Wirecard hat sich erneut vehement gegen Vorwürfe rund um angebliche Bilanzierungsverstöße in Singapur gewehrt.
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Laut einer internen Untersuchung seien die Vorwürfe "unbegründet", und die beauftragte externe Anwaltskanzlei Rajah & Tann habe ebenfalls keine Beweise für ein Fehlverhalten finden können, sagte Wirecard-Vorstandschef Markus Braun am Montag in einer Telefonkonferenz mit Analysten.
Eine seit Mai 2018 laufende Untersuchung stehe kurz vor dem Ende, hatte Wirecard bereits am Morgen mitgeteilt. Braun sagte, das Unternehmen habe erhebliche Zweifel an der Story des Whistleblowers, der im April 2018 intern Bedenken wegen angeblicher Handlungen eines anderen Mitarbeiters gemeldet habe. "Wir sehen die Sache eher als ein Problem persönlicher Beziehungen", sagte Braun.
Die Hinweise drehten sich um mögliche Regelverstöße im Bereich der Rechnungslegung für den Zeitraum 2015 bis 2018, hieß es vom Unternehmen. Es sei dabei um Umsätze von insgesamt 6,9 Millionen Euro und Gesamtkosten von 4,1 Millionen Euro gegangen. Außerdem stand demnach ein interner Transfer von geistigem Eigentum an Software im Wert von 2,6 Millionen Euro zur Debatte.
Nach Berichten in der "Financial Times" (FT) über die angeblichen Unregelmäßigkeiten in Singapur war der Wirecard-Aktienkurs in der vergangenen Woche um rund 35 Prozent eingebrochen. Wirecard hat die Vorwürfe der "FT" wiederholt als diffamierend und irreführend zurückgewiesen. Die Finanzaufsicht Bafin prüft den Fall routinemäßig auf Marktmanipulation - solche Kursturbulenzen sind vor allem bei Mitgliedern im Leitindex DAX höchst ungewöhnlich. Die Untersuchung einer möglichen Marktmanipulation sei Sache der Behörden, sagte Braun.
Am Montagnachmittag lag das Papier zeitweise bei 131,40 Euro gut 21 Prozent im Plus - vor den Berichten vergangene Woche hatte der Kurs noch bei rund 170 Euro gelegen. Zu Handelsschluss notierte die Aktie noch 13,73 Prozent höher bei 123,40 Euro.
Die Aufsichtsbehörden in Deutschland und Singapur habe das Unternehmen auf dem "Standardweg" über die Untersuchung der Hinweise informiert, sagte Braun. Die Hinweise in Singapur seien der einzige Verdachtsfall im Bereich der Rechnungslegung in den vergangenen fünf Jahren. Wie viele Vorfälle es auch in anderen Bereichen gebe, wollte Finanzchef Alexander von Knoop nicht sagen. Der Konzern sei in der Abteilung für die Erkennung möglicher Regelverstöße und in der Rechtsabteilung "sehr gut strukturiert". Das Compliance-Team innerhalb der Rechtsabteilung habe mehr als 20 Mitarbeiter, die sich weltweit um das Thema kümmerten.
Intern sehe man die Sache bereits als erledigt an - ein formeller Abschluss der Untersuchung dürfte sehr bald folgen, sagte Braun. Wegen des großen Interesses am Kapitalmarkt werde das Unternehmen die endgültigen Ergebnisse dann auch der Öffentlichkeit zugänglich machen.
"Wir haben alles aufgearbeitet. Es gibt keinerlei Risiko. Wir mussten in der Buchhaltung keinerlei Korrekturen oder Anpassungen vornehmen", hatte Braun bereits dem "Handelsblatt" gesagt. Der Österreicher ist mit gut 7 Prozent größter Aktionär des Unternehmens, seit Dienstagabend bis inklusive Freitag war der Wert seines Aktienpakets um rund 500 Millionen Euro geschrumpft. Insgesamt gingen in dem Zeitraum über 7 Milliarden Euro Börsenwert verloren.
Er rechne nicht mit "materiellen" Folgen der Untersuchung für das Unternehmen, sagte Braun. "Wir lassen uns dadurch nicht vom Geschäft ablenken", sagte er.
Wirecard ist schon des öfteren mit fragwürdigen Geschäftspraktiken in Verbindung gebracht worden, nachgewiesen wurde dem Unternehmen jedoch bisher nichts. Aufsehen erregte vor allem ein im Februar 2016 lanciertes Papier eines selbsternannten Researchdienstes namens "Zatarra", das vor Vorwürfen rund um fragwürdige Geschäftspraktiken nur so wimmelte. Bekannt gemacht hatte das Papier unter anderem ein Finanzblog der "FT".
Hinter dem "Zatarra"-Bericht steckte nach Ansicht von Experten und Ermittlern damals eine Attacke von sogenannten Short-Sellern, die mit fallenden Aktienkursen Geld verdienen. Auch damals verlor die Aktie deutlich an Wert - allerdings auf einem deutlich niedrigeren Kursniveau als derzeit.
Wirecard ist erst im September in den deutschen Leitindex DAX eingezogen und hatte dort die Commerzbank ersetzt. Nach Jahren kräftigen Wachstums und einiger Zukäufe vor allem in Asien war das Unternehmen, das mit der Abwicklung von Onlinezahlungen sein Geld verdient, beim Börsenwert an den größten deutschen Banken, der Deutschen Bank (Deutsche Bank) und der Commerzbank, vorbeigezogen.
Wirecards Geschäftsmodell gilt als komplex, da an jeder Transaktion mehrere Parteien beteiligt sind - neben Händlern und dem Unternehmen selbst unter Umständen auch Kreditkartenfirmen und Banken. Analysten hatten in der Vergangenheit auch die Transparenz des Unternehmens beim Ausweis der Geldflüsse aus dem operativen Geschäft bemängelt, bis Wirecard sich hier tiefer in die Bücher schauen ließ.
Das Unternehmen zählte zuletzt 40 000 größere und mittlere Händler zu seinen Kunden, bei kleinen Händlern sind es gar 225 000. Wirecard übernimmt neben der reinen Zahlungsabwicklung auch die Akzeptanz von Kreditkarten für die Händler und sichert die Zahlungen ab. Dafür kassiert Wirecard Gebühren, die sich am Wert der Transaktionen orientieren./men/stk/mis
ASCHHEIM (dpa-AFX)
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