Welche Informationen bietet uns das Bruttoinlandsprodukt (BIP)?
Jedes Quartal wird die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) veröffentlicht. Dieses wird in den Medien breit diskutiert, da es als wichtiger Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes gilt.
Gerade in Zeiten, in denen verstärkt darüber spekuliert wird, ob Länder wie die USA in eine Rezession fallen könnten, gewinnt die Analyse des BIP an Bedeutung. Es ist dabei nicht ausreichend, nur die Wachstumsrate zu betrachten, sondern für ein tieferes Verständnis müssen auch die Quellen und die Qualität des Wachstums untersucht werden.
Es macht für die Beurteilung einen großen Unterschied, ob das Wachstum vom privaten Konsum, von Investitionen oder von einer Erhöhung des staatlichen Konsums getrieben wird. Investitionen sind entscheidend für zukünftiges Wachstum, da sie die Grundlage für die langfristige Steigerung der Produktivität und des Wohlstands bilden. Auch bei den Investitionen kommt es auf die Details an: Werden Investitionen in produktive Bereiche getätigt, die langfristig Wert schaffen, oder handelt es sich um kurzfristige Maßnahmen?
Das Bruttoinlandsprodukt eignet sich auch für die Analyse einer Vielzahl von Wirtschaftsindikatoren, wie zum Beispiel die Entwicklung der Lohnquote. Das BIP kann auf drei verschiedene Weisen berechnet werden: nach der Entstehung, der Verwendung und der Verteilung. Die Verteilungsrechnung zeigt uns, welcher Anteil des gesamten Volkseinkommens auf Löhne und Gehälter entfällt. Hier können wir erkennen, ob bestimmte Bevölkerungsgruppen bei der Einkommensverteilung benachteiligt werden. Die Analyse des Bruttoinlandsprodukts liefert nicht nur Erkenntnisse über die Zeitreihe oder die Wachstumstreiber eines einzelnen Landes, sondern sie eignet sich auch zur Beurteilung der Wirtschaftsstrukturen verschiedener Länder im Vergleich. In Deutschland ist beispielsweise der Außenhandel ein zentraler Wachstumstreiber. Wenn es jedoch um die Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) geht, wird deutlich, dass dem Bereich "geistiges Eigentum" in Deutschland offenbar wenig Bedeutung beigemessen wird. In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wird dieser Posten zusammen mit Nutztieren und Nutzpflanzen ausgewiesen, was auf eine geringe Gewichtung hindeutet.
Ein Vergleich auf europäischer Ebene zeigt, dass der Wachstumsbeitrag geistigen Eigentums in Deutschland im ersten Quartal des betrachteten Jahres verschwindend gering war. In Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien lag der Beitrag hingegen bei 0,2 bzw. 0,1 Prozent. In den USA war der Beitrag im ersten Quartal sogar 0,4 Prozent. Diese stärkere Durchdringung von Technologie und geistigem Eigentum spricht weiterhin eher für amerikanische Aktien. Der Posten "geistiges Eigentum" in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung bietet hierfür eine zusätzliche Argumentationsgrundlage. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das BIP allein kein vollständiges Bild des Wohlstands oder der Lebensqualität in einem Land liefert. Faktoren wie Einkommensverteilung, Umweltqualität, Gesundheitsversorgung und Bildung werden nicht direkt erfasst. Daher sollten bei einer umfassenden Bewertung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung eines Landes ergänzende Indikatoren herangezogen werden.
von Jürgen Brückner, Portfoliomanager der FV Frankfurter Vermögen AG in Bad Homburg/ Königstein
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