Nachhaltigkeit ist keine Modeerscheinung
In der Vergangenheit war es oft so, dass Finanzthemen, wenn sie erst Mal den Weg in die Tages- und auch die Boulevardpresse gefunden haben, eher zu meiden oder zumindest kritisch zu hinterfragen waren ("Herdentrieb", "Emotionalität").
Das auch bei Extrem-Entwicklungen an den Wertpapierbörsen im Allgemeinen und beim "Neuen Markt" im Speziellen so. Letzterer ist Geschichte. Die Anleger, die sich erst "am Schluss" dazu entschieden haben, zu investieren, erlitten meist die größten Verluste bei einer Korrektur, dem Platzen einer Blase oder auch am Ende der Finanzkrise. Auch beim Thema Nachhaltigkeit kann dieser Eindruck zunächst entstehen, weil die Themen nachhaltige Geldanlagen, grüne Geldanlagen, Anlagen mit sozialer Verantwortung oder verantwortungsvolles Investieren mittlerweile täglich in Fachmagazinen, in der Tagespresse und in sozialen Medien behandelt werden.
Kein kurzfristiger Trend
Noch vor wenigen Jahren waren Nachhaltigkeitsanlagen, die ökologische, ethische und soziale Aspekte in ihrer Anlagekonzeption berücksichtigten, bei Privatanlegern eher etwas für Insider. Das ändert sich seit einiger Zeit deutlich. Nachhaltigkeitsfonds sind laut BVI mittlerweile das am stärksten wachsende Segment bei den Investmentfonds. Der Trend ist aber eigentlich nicht neu. Der "Club of Rome" veröffentlichte bereits 1972 das Buch "Grenzen des Wachstums". Die OECD äußerte schon 2001, dass für das 21 Jahrhundert nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Anlagen als Kernziele zu definieren sind und nannte bereits Klimawandel, Süßwasserknappheit, Biodiversität und Armut als Themenfelder. Der erste nachhaltige Fonds, der Ökoeffizienzfonds der Bank Sarasin, existiert bereits seit 1994. Die Investmentgesellschaft Ökoworld hat ihre Fonds ebenfalls Mitte der neunziger Jahre emittiert.
Professionelle Investoren strukturieren Depots um
Als "Verstärker" kann man auf die extrem schnelle Reaktion der Politik, die Implementierung von ESG-Kriterien, der SDGs und auch der Regulierung der Finanzmärkte bzgl. des Themas Nachhaltigkeit in den letzten fünf Jahren verweisen. Das Thema hat einen festen Platz in der Anlageberatung, der Vermögensverwaltung, bei der betrieblichen Altersvorsorge, Stiftungen und den Versicherungen. Bekannte Versicherungen haben bereits Depotumschichtungen vorgenommen und Rohstoffinvestments reduziert bzw. aussortiert. Unternehmen verfassen Nachhaltigkeitsberichte nach internationalen Standards, die mit hohem Aufwand verbunden sind.
Klares Signal von der Bafin
Professionelle Investoren, die das Thema bisher ignorierten, wurden spätestens durch das Rundschreiben der Bundesfinanzagentur vom 20. Dezember 2019 "Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken" eines besseren belehrt. Zwar beschreibt die Bafin die Hinweise als "unverbindliche Verfahrensweise", bringt aber klar zum Ausdruck, dass eine "strategische Befassung mit Nachhaltigkeitsrisiken" empfohlen wird. Außerdem erwartet die Behörde, dass "die beaufsichtigten Unternehmen sich mit entsprechenden Risiken auseinandersetzen".
Spezielle Labels, Researches und Ratings
Gleichzeitig gibt es schon länger Research- und Rating-Agenturen auf diesem Gebiet. Die großen Ratinghäuser Standard & Poors, Moodys und Fitch haben das Thema implementiert und vorhandene spezialisierte Ratingagenturen übernommen. Außerdem sind bereits verschiedene Labels wie vom Forum Nachhaltige Geldanlagen aus Berlin, ECO-Reporter aus Dortmund oder dem Österreichischen Umweltzeichen etabliert, die bei Investoren starke Beachtung finden und sich sehr intensiv mit der Zusammensetzung vorhandener Publikumsfonds und deren nachhaltiger Ausrichtung befassen. Das sind alles starke, richtungsweisende Indizien für einen echten, glaubhaften und langfristigen Trend, der sich nicht plötzlich auflöst.
FAZIT: Man kann Anleger sicherlich beruhigen bzw. eher bestärken indem davon auszugehen ist, dass nahhaltige Geldanlagen keine Modeerscheinungen sind, sondern eher von positiven Effekten für das eigene Portfolio aber auch für die Allgemeinheit und die Umwelt auszugehen ist. Im Gegensatz zum Beginn nachhaltigen Investierens in den neunziger Jahren, darf man die Vermutung wagen, dass diejenigen, die sich nicht mit dem Thema befassen, mit Nachteilen in ihrem Portfolio rechnen müssen.
von Andreas Görler, senior Wealth Manager, -Wellinvest- Pruschke & Kalm GmbH in Berlin
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