Vermögensverwalter-Kolumne

Mythos langfristiger Anlagehorizont

12.06.17 11:58 Uhr

Mythos langfristiger Anlagehorizont | finanzen.net

Spricht man mit Anlageberatern jeglicher Couleur, kommt man schnell auf die Wichtigkeit eines langfristigen Anlagehorizonts zu sprechen.

Nicht zuletzt der grösste Investor aller Zeiten - Warren Buffett - predigt den langfristigen Blick am jährlichen Woodstock of Capitalism in Omaha. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie profitieren vom Zinseszinseffekt und der langfristigen Akkumulation von Kapital. Ein langer Anlagehorizont ermöglicht ihnen auch temporäre Verluste "auszusitzen". Nicht zuletzt profitieren Sie vom langfristigen Wachstum der Weltwirtschaft und vermeiden das nervenaufreibende, kurzfristige und unvorhersehbare Auf und Ab an den Märkten.

Lassen Sie uns daher einmal genauer hinschauen, wie die Langfristigkeit in der Praxis umgesetzt wird.

1. Es lässt sich festhalten, dass die durchschnittliche Haltedauer von Aktien massiv zurückgegangen ist: von über sechs Jahren in den 1950er und 1960er Jahren auf wenige Monate heute (siehe dazu auch SG Global Strategy Research). Die Verfügbarkeit von Informationen, der erleichterte Zugang zu Börsen und ganz grundsätzlich die breite Masse an privaten Investoren sind hier als Treiber zu nennen.

2. Als Beispiel lassen sich die Handelsvolumina des Vanguard S&P 500 ETF anführen. Täglich erreicht das Handelsvolumen zehn Prozent der Assets des Funds - für einen passiven Anlagefond ein sehr hoher Umschlag.

3. Nicht zuletzt trägt auch die tägliche Berichterstattung in den Medien und die kurzfristig orientierten Reports der Banken zu kurzfristigem Denken und Handeln bei. Dabei sind YTD Betrachtungen meist nicht nützlich bzw. unproduktiv - denn sie verleiten zu dem Versuch zur kurzfristigen Renditeoptimierung mit oftmals unerwünschtem und unschönen Ausgang.

Auch wenn es nicht zu optimalen Ergebnissen führt - kurzfristiges Denken und Handeln ist Teil der menschlichen Konstitution. Was tun? Zweigleisig fahren! Den überwiegenden Teil des Anlagevermögens in eine langfristige Strategie investieren, die systematisch umgesetzt wird und auch nur periodisch - beispielsweise einmal oder zweimal jährlich - angeschaut wird. Einen kleineren Teil des Anlagevermögens für Anlageideen bereitstellen. Hier ist dann kurzfristiges Handeln sogar gewollt. So kombinieren Sie die Vorteile einer langfristigen Anlagestrategie mit dem menschlichen Bedürfnis für kurzfristiges Handeln und der Teilhabe an der Börse. Sie begrenzen jedoch den potentiellen Schaden, den Sie durch kurzfristiges Handeln anrichten können.

Von Dr. Patrick Cettier, Geschäftsführender Partner der Prio Partners GmbH in Zürich/ Schweiz

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