Vermögensverwalter-Kolumne

Der Handelsstreit hat die Türkei erreicht - mit Folgen für die türkische Lira

27.08.18 07:25 Uhr

Der Handelsstreit hat die Türkei erreicht - mit Folgen für die türkische Lira | finanzen.net

Seit Jahresanfang hat die türkische Landeswährung mehr als vierzig Prozent ihres Wertes eingebüßt und ein Ende des Abwärtsstrudels ist trotz größer Ankündigungen und Aktionsplänen der türkischen Regierung nicht erkennbar.

Was ausländische Touristen freuen dürfte, die mit ihren harten Devisen auf Schnäppchenjagd gehen, sorgt bei den Finanzmärkten für Verunsicherung. Manche fürchten bereits ein zweites Griechenland. Diese Sorge scheint jedoch eher unbegründet.

Ausschlaggebend für die negative Entwicklung ist in erster Linie nicht eine kriselnde türkische Wirtschaft, sondern vielmehr das massiv schwindende Vertrauen ausländischer Investoren in das Land und seine Regierung. Befeuert wird die Sorge durch verbale Schlagabtausche und Drohszenarien zwischen den amerikanischen und türkischen Präsidenten. In den letzten Tagen gerieten europäische Banken in den Sog und mussten deutliche Kursverluste verbuchen. Ebenso wurden die Schwellenländer durch diesen Konflikt in pauschale Sippenhaft genommen.

Viele Experten halten die Reaktionen für übertrieben. Zwar liegt der Anteil ausländischer Kredite bei rund sechzig Prozent, allerdings beträgt die gesamte öffentliche Verschuldung der Türkei nur dreißig Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Von dieser Quote können unsere europäischen Nachbarn, vor allem Italien, mit einer Verschuldungsquote von 130 Prozent zum BIP nur träumen.

Auf Grund des seit längerem bestehende hohen Zinsniveaus in der Türkei haben sich viele türkische Unternehmen bei europäischen Banken verschuldet, um von den hier historisch tiefen Zinsen zu profitieren. Da die laufenden Zins- und Tilgungsraten in Euro zu begleichen sind, trifft der Währungsverfall diese Kreditnehmer natürlich mit voller Wucht. Zahlungsausfälle dürften hier vorprogrammiert sein.

Das dieser Aspekt Auslöser für eine neue europäische Bankenkrise sein könnte, sehen Ökonomen jedoch nicht. Das Kreditengagement konzentriert sich auf Banken aus Spanien, Frankreich und Italien. Die deutschen Mitbewerber, dessen Gesamtengagement die Deutsche Bundesbank auf rund 21 Milliarden Euro beziffert, sind hiervon kaum betroffen. Wer die vielleicht unberechtigten pauschalen Kursabschläge auf Finanztitel und Schwellenländer als günstige Einstiegschance sieht, sollte folgendes überdenken:

Mit einem jährlichen Bruttoinlandsprodukt von 900 Milliarden Dollar, was rund einem Prozent der Weltwirtschaft ausmacht, dürfte die Krise der Türkei keine großen Auswirkungen auf die globale Ökonomie haben. Doch sie produziert eben genau das, was Finanzmärkte nicht mögen: Unsicherheit.

von Ralph Rickassel, PMP Vermögensmanagement in Düsseldorf, eine Niederlassung der Donner & Reuschel Lux S.A.

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