Anleger haben noch immer nicht genug Angst
Alle reden über Risiken, politische wie wirtschaftliche. Trotzdem verharrte die Volatilität auf einem Tiefstand. Wieder einmal war es Donald Trump, der die Märkte weckte. Aber noch immer sind die Anleger nicht wach genug.
Mit einem Tweet hat Trump es geschafft: Die Märkte in China und Europa sacken ab, die Angst der Anleger ist zurück. Zölle auf chinesische Waren will er erhöhen, was ein versöhnliches Ende des Handelsstreits fast ausschließt. Nachdem aber fast alle in den vergangenen Wochen schon fest mit einer Einigung gerechnet hatten, ist das eine negative Überraschung. Und die führt zu Verkäufen. Und sie führt zum ersten Mal seit Monaten wieder zu einer spürbaren Erhöhung der Volatilität.
Die Volatilitätsindices weltweit zeigten in den vergangenen Monaten kaum Regung. Gemessen am S&P 500 lag die Vola sogar auf einem selten erreichten Tief - und bewegte sich auch angesichts bestehender Risiken nicht von der Stelle. Brexit, der Handelsstreit USA - China, Unruhen in Nordafrika, neue Drohungen gegen den Iran: Eigentlich gibt es ausreichend Grund zur Besorgnis. Trotzdem schienen die Anleger keine Angst zu verspüren. Nur so ist auch der steile Anstieg der Kurse im ersten Quartal 2019 zu erklären.
Dazu kommt, dass auch die US-Notenbank keine Garantie auf eine endlose Fortsetzung der Politik des billigen Geldes gibt. Zwar unterstützt sie die Märkte derzeit noch mit ihrer Politik. Auch schnelle Zinserhöhungsschritte sind wohl vom Tisch. Einen Freibrief aber wollte Fed-Chef Powell nicht ausstellen. Zumindest Unsicherheit sollte also herrschen. Tat sie aber nicht, die Volatilität blieb niedrig.
Dann kommt wieder einmal der Bulldozer Trump. Er beschädigt die schöne heile Welt der Börsianer wie eine Sandburg. Keine Einigung mit China, keine Diplomatie, stattdessen Zölle rauf und schauen, was passiert. Auf diese Weise hat Trump den Anlegern gezeigt, dass die Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten keine Selbstverständlichkeit ist. Viele Akteure an den Börsen haben immer nur den Sommer der Märkte erlebt. Möglicherweise kommt jetzt der Winter. Anleger haben noch nicht genug Angst davor.
Diese Vermutung liegt nahe, wenn man sich die Entwicklung der Volatilitätsindices anschaut: Nach einer so langen Phase der Ruhe kam es oft zu einem schnellen Anstieg - weil die Märkte schnell und heftig einbrachen. Dies kann auch jetzt geschehen. Eine Sicherheit gibt es nicht, mit einem guten Risikomanagement lassen sich zwar die Folgen mindern, aber nicht komplett vermeiden. Was aber hilft ist der langfristige Ansatz? Wer seine Research-Hausaufgaben macht und die besten Aktien ins Depot nimmt, kann auch Börsenwinter überstehen.
von Uwe Zimmer, Geschäftsführer Fundamental Capital GmbH, Köln und CEO der IOB llc
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