Value-Stars-Kolumne

DAX: Jetzt noch aussteigen - oder Schnäppchen einsammeln?

18.12.18 18:37 Uhr

DAX: Jetzt noch aussteigen - oder Schnäppchen einsammeln? | finanzen.net

Die Märkte stehen weiter unter Druck. Auf vorsichtige Erholungstendenzen beim DAX im Verlauf der letzten Woche folgte am Freitag die nächste Verkaufswelle in den USA. Die Indizes notieren inzwischen weit unter den in diesem Jahr markierten Höchstständen. Sind das Kaufkurse - wie das etwa Anfang 2016 in einer ähnlichen Konstellation der Fall war - oder sollte lieber die Notbremse gezogen werden? Wir erläutern Ihnen die Situation aus Sicht des ValueStars-Teams.

Werte in diesem Artikel
Indizes

20.051,8 PKT 145,7 PKT 0,73%

220,6 PKT 1,8 PKT 0,82%


Eine Kolumne von Holger Steffen. Der Anlageexperte ist Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seit Auflage im Dezember 2013 einen Kurszuwachs von 81,3% verzeichnet hat (Stand 30.11.2018).
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Eines vorweg: Die Marktbewegung der letzten Monate hat eine sehr überraschende Komponente, die auch das ValueStars-Team auf dem falschen Fuß erwischt hat. Der starke Kursrückgang beim DAX hatte sich aus unserer Sicht durchaus schon angekündigt - durch eine ausgeprägte relative Schwäche gegenüber den haussierenden US-Märkten. In anderen Segmenten, etwa bei den Nebenwerten, lief es aber deutlich besser, so dass es nach der damaligen Einschätzung des ValueStars-Teams durchaus möglich erschien, dass die deutschen Blue Chips wegen zahlreicher individueller Probleme - der Niedergang der großen Privatbanken, das WLTP- und Diesel-Problem der Autokonzerne, die Monsanto-Übernahme von Bayer und die Restrukturierung von Versorgern nach der Energiewende - viel stärker als kleinere Titel leiden. Mit dieser Wertung haben wir nicht richtig gelegen, denn Anfang September kippte ad-hoc die Marktbreite. Der SDAX etwa hatte kurz zuvor mit 12.641 Punkten nur knapp unter dem Allzeithoch notiert, seitdem ging es steil abwärts, bislang in der Spitze um rund 23 Prozent (Stand 17.12.18 um 8:00 Uhr).

Breiter Abverkauf

Aus einer individuellen DAX-Schwäche ist in dieser Zeit eine breite Marktschwäche geworden. Diese hat auch viele Werte mit relativ robusten Geschäftsmodellen erfasst - das haben wir in der Dimension nicht antizipiert. Selbst auf gute Zahlen wurde des Öfteren nach dem Motto "besser wird’s nicht mehr" gnadenlos abverkauft. Das macht aus Sicht des ValueStars-Teams eine Neubewertung der Lage erforderlich. Lange Zeit konnte die Marktentwicklung als Phase der Gewinnmitnahmen als Gegenreaktion auf die jahrelange Rally, die sich vor allem seit Anfang 2017 noch einmal beschleunigt hatte, gewertet werden. Das ValueStars-Team sieht diesen Prozess aber als abgeschlossen an - für die jüngsten hohen Kursverluste war aus unserer Sicht ein anderer Faktor längst dominant: die Sorge vor sinkenden Gewinnen wegen einer globalen Konjunkturwende.

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Die Konjunktursorgen

Lange Zeit war es für Anleger die beste aller Welten. Die Unternehmensgewinne sind im Durchschnitt deutlich gestiegen, bei einer vergleichsweise moderat anziehenden Inflation. Nun kämpfen nach unserer Beobachtung aber immer mehr Gesellschaften mit Margendruck, etwa aufgrund von knappen Arbeitskräfte­kapazitäten oder gestiegenen Rohstoffpreisen. Außerdem hat der konjunkturelle Gesamttrend gedreht, zumindest in Europa: Schon seit dem Jahresanfang waren die Einkaufs­manager­indizes zur Industrie nahezu kontinuierlich rückläufig. Aus unserer Sicht ist im nächsten Jahr eine Rezession in Europa möglich. Zumal der Brexit noch ansteht, für den im Moment angesichts eines gespaltenen Meinungsbildes in Großbritannien keine gute Lösung absehbar ist.

Schlüsse für das Portfoliomanagement

Aber wie reagieren wir vom ValueStars-Team auf diese Gemenge­lage und das Rezessions­risiko? Auch unser Portfolio musste im zweiten Halbjahr kräftige Verluste einstecken, obwohl wir zuvor mit einer relativ hohen Cashquote operiert haben, da die Korrektur viele Aktien mit einer zuvor starken Performance relativ unabhängig von der individuellen Unternehmensentwicklung gleichermaßen stark erfasst hat. Zumindest kurzfristig werten wir die hohen Abschläge in etlichen Fällen aber als Übertreibung nach unten, die in den nächsten Wochen oder Monaten korrigiert werden könnte - entweder über eine volatile Seitwärtsbewegung, oder aber über eine etwas größere Gegenbewegung nach oben. Mit anderen Worten: Auch wenn es kurzfristig weitere Rückschläge geben kann, halten wir vom ValueStars-Team die Risiken im Moment für ausreichend eingepreist. Wir haben die Marktlage in unserer Analysten­konferenz ausführlich diskutiert und uns nach den hohen Abschlägen für eine antizyklische Reduktion der Cashquote entschieden.

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Fazit zu den Märkten

Damit das nicht zu Missverständnissen führt: Nach der jüngsten Marktentwicklung sehen wir vom ValueStars-Team den DAX im Baissemodus. Das kann sich zwar noch ändern, doch technisch sind dafür große Hürden im Weg. Als zentralen Signalgeber werten wir die Widerstands­region zwischen 11.700 und 12.000 Punkten - würde diese überwunden, würde sich das Gesamtbild klar aufhellen. Aber davon sind wir weit entfernt, und insofern kalkulieren wir mit im Trend fallenden Kursen. Aber auch in der Baisse fällt der Markt nicht kontinuierlich. Mit den rapiden Verlusten der letzten Monate, die auf der Ebene der Einzeltitel zum Teil noch erheblich dramatischer ausgefallen sind, als auf der Indexebene, scheint für den Moment viel eingepreist. In der Tendenz setzen wir vom ValueStars-Team daher antizyklisch auf die Longseite. Dabei handelt es sich aber nicht mehr um eine mittel- bis langfristige Positionierung. Nach einer größeren Markterholung - oder einer längeren Seitwärts­phase - könnte eine Erhöhung der Cash­position wieder ratsam sein. Wir halten Sie dazu auf dem Laufenden.

Der Autor dieser Kolumne, Holger Steffen, ist Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der etwa 20 aus­gewählte Aktien aus dem deutschen Nebenwerte-Segment enthält. Das Portfolio können Anleger im monatlichen Newsletter zum Value-Stars-Index einsehen.

 

Über Holger Steffen

Holger Steffen vom Value-Stars-Deutschland-Index Holger Steffen ist einer der erfahren­sten Nebenwerte-Experten. Mit dem von ihm mitverant­worteten Muster­depot des Anlegerbriefs erzielte er seit Start im Jahr 1999 eine Rendite von 2.195 Prozent, das entspricht einer durch­schnittlichen Rendite von 17,7 Prozent pro Jahr (Stand: 30.09.2018).
Der gelernte Diplom-Kaufmann hat als wissen­schaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Finanzwirtschaft der RWTH Aachen gearbeitet. Seit mehr als 15 Jahren ist Steffen in der Finanzbranche aktiv, sein Schwerpunkt liegt in der Unternehmens- und Kapitalmarktanalyse. Der Analyst hat bereits zahlreiche Studien zu deutschen Nebenwerten verfasst und sich als Buchautor betätigt. Der Anlage­experte ist zudem Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seit Auflage im Dezember 2013 einen Kurszuwachs von 81,3% verzeichnet hat (Stand 30.11.18).

Hinweis zu möglichen Interessenkonflikten (§34b WpHG):

Der Autor hält über eine Gesellschaft Geschäftsanteile an der Anlegerbrief Research GmbH, die ein entgeltliches Beratungsmandat für den Value-Stars-Deutschland-Index hat. Darüber hinaus können hinsichtlich der in dieser Finanzanalyse genannten Aktien grundsätzlich folgende Interessen­konflikte vorliegen (zutreffendes gefettet):

  • Der Autor oder ein Mitautor halten direkt oder indirekt folgende in diesem Artikel analysierte Aktien: - (keine)
  • Der von der Anlegerbrief Research GmbH herausgegebene Börsenbrief "Der Anlegerbrief" hält folgende in diesem Artikel analysierte Aktien in seinen Modellportfolios: - (keine)
  • In einem Zertifikat auf den Value-Stars-Deutschland-Index (ISIN DE000LS8VSD9) sind folgende in diesem Artikel analysierte Aktien enthalten: - (keine)

Weitere Hinweise:

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regress­ansprüche aus.
Die finanzen.net GmbH unterhält geschäftliche Verbindungen zur Anlegerbrief Research GmbH, dem Berater des Referenz­portfolios, und partizipiert an den Einnahmen aus der Verwaltungs­gebühr und der erfolgs­abhängigen Gebühr des Endlos-Zertifikats auf den Value-Stars-Deutschland-Index (WKN LS8VSD).

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