€uro am Sonntag

Warum es für die Solarbranche finster wird

15.11.11 07:40 Uhr

Die aktuellen Zahlen haben es gezeigt. Solarfirmen stehen vor einer harten Auslese. Welche Firmen eine Überlebenschance haben.

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3.773,4 PKT 70,1 PKT 1,89%

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von Stephan Bauer, €uro am Sonntag

Dietmar Roth hat alles richtig gemacht. Rechtzeitig vor dem großen Solarboom hatte der Gründer des Maschinenbauers Roth & Rau das Unternehmen auf das Geschäft mit Beschichtungsanlagen für die Siliziumscheiben ausgerichtet. Es folgten glanzvolle Jahre, der Aufstieg zu einem der bedeutendsten Solarzulieferer und für Rau der Titel des „Entrepreneurs 2009“ der Unternehmensberatung Ernst & Young. Soeben hat die Firma zwar hohe Verluste für die ersten neun Monate gemeldet. Noch rechtzeitig vor dem Niedergang aber hatte Roth im April an den Schweizer Konzern Meyer Burger verkauft.

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Wer in der Solarindustrie Geld verdienen will, sollte ein ähnlich gutes Händchen haben wie Roth. Gewinnwarnungen sind inzwischen eher die Regel denn die Ausnahme. Aleo Solar, Tochter des Industriekonzerns Bosch, kündigte soeben einen Verlust für das Gesamtjahr an. Die Maschinenbauer Centrotherm und Manz stampften ihre Prognosen ein, ebenso der Projektierer Phoenix Solar.

Das Phänomen ist kein deutsches, es ist ein weltweites. Auch die US-Konzerne First Solar und Sunpower, sie zählen zu den größten Zellenherstellern weltweit, kappten unlängst ihre Jahresprognosen.

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Auch Anleger kennen die dunklen Seiten der ehemaligen Highflyer-Branche inzwischen bestens. Die Aktie von Solarworld liegt seit Jahresanfang mit über 50 Prozent im Minus, ebenso der Konkurrent Q-Cells und der Maschinenbauer Centrotherm.

Sonnenriesen aus China
Fragt man deutsche Solarmanager nach den Ursachen der Misere, so hört man nur eine Antwort. „Die Chinesen haben ihre Kapazitäten radikal ausgeweitet“, sagt etwa York zu Putlitz, Chef der Bosch-Tochter Aleo Solar. Frank Asbeck, Chef der Bonner Solarworld, reichte kürzlich eine Petition gegen China wegen wettbewerbswidriger Praktiken bei der US-Regierung ein. Der Vorwurf: Die Chinesen hätten mit Dumpingpreisen systematisch Marktanteile im wichtigen US-Markt erobert.

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Fakt ist, dass die Sonnenriesen aus dem Reich der Mitte – Konzerne wie LDK Solar, Suntech oder Trina Solar – noch bis vor Kurzem massiv in die Ausweitung ihrer Fabriken investierten. Die weltweiten Produktionskapazitäten für sogenannte Wafer, ­einem Vorprodukt für Solarzellen, dürften deshalb laut Schätzungen der Bank BNP Paribas in diesem Jahr um knapp 50 Prozent steigen, nachdem sie sich bereits 2010 verdoppelt hatten. Die Kapazitäten bei den Zellen selbst werden demnach um über 40 Prozent ausgeweitet, bei kompletten Modulen soll es rund ein Drittel sein.

Europäer und Amerikaner vermuten staatliche Intervention hinter der Aggressivität der Wettbewerber aus dem Osten. Den Chinesen stehe dank staatlicher Unterstützung billiges Kapital zur Verfügung, so der Vorwurf. Deutsche und amerikanische Unternehmen hingegen leiden unter der Zurückhaltung der Banken, die angesichts der Schuldenkrise in Europa und der Konjunkturschwäche in den USA Solarprojekte derzeit nur sehr zurückhaltend finanzieren.

Beschleunigter Absturz
Zum Kapazitätswettrüsten kommt die verhaltene Nachfrage im größten Solarmarkt Deutschland. Der deutsche Kunde hat inzwischen gelernt, dass die Anlagen immer billiger werden. Laut Bundesverband Solarwirtschaft kostet eine durchschnittliche Dachanlage rund 60 Prozent weniger als vor fünf Jahren. Wer schlau ist, wartet also mit der Bestellung bis kurz vor der erwarteten nächsten Senkung der staatlichen Einspeisevergütung. Mit der Verschiebung der für den Sommer erwarteten Kappung aber blieben so viele Aufträge aus.


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Sinkende Preise sind in der Branche zwar die Regel. In den vergangenen drei Monaten beschleunigte sich jedoch der Absturz. Die Notierung für hochreines Silizium, des wichtigsten Rohstoffs der Branche, sank um über 25 Prozent. Solarzellen wurden auf dem Weltmarkt im Schnitt um rund 20 Prozent billiger. Und bei installa­tionsfertigen Modulen betrug der Preisverfall mehr als zehn Prozent.

Viele Firmen verkaufen bereits ihre Lagerbestände zu Dumpingpreisen, um Liquidität und Zeit zu gewinnen. Pleiten sind in Deutschland noch die Ausnahme – wie Mitte Oktober, als die deutsche Tochter des kanadischen Unternehmens Arise Technologies Insolvenz anmeldete.

In den USA ist die Pleitewelle schon angerollt. Die Solarfirmen Evergreen Solar aus Massachusetts und SpectraWatt aus New York sind insolvent, ebenso die von US-Präsident Barack Obama mit Förderkrediten in Höhe von einer halben Milliarde Dollar ausgestattete Solarhoffnung Solyndra.

Das Schlimmste dürfte der Branche indes noch bevorstehen. „Der Kon­solidierungsprozess hat noch gar nicht richtig begonnen. Und wie lang er dauert, weiß niemand“, sagt Analyst Stephan Wulf von M.M. Warburg.

Nur die Chinesen bleiben demonstrativ gelassen. „In einer ersten Welle werden bis 2015 zwei Drittel der Spieler ausgesiebt“, sagt Jifan Gao, Gründer und Chef des weltweit viertgrößten Zellenherstellers Trina Solar. In jedem der drei großen Marktsegmente – der Polysiliziumproduktion, der Wafer- und Zellenherstellung ­sowie der Modulfertigung, würden letztendlich nur fünf große Unternehmen überleben, so Gao.

Vereinzelte Lichtblicke
Beobachter berichten, dass das Geschäft in Deutschland seit dem Herbst wieder angezogen hat. Vor allem aber scheint das große Kapazitätswettrüsten erst mal vorbei – Maschinenbauer wie Roth & Rau spüren dies schmerzhaft an ihren Auftragseingängen. Solarunternehmer rechnen deshalb mit einem Abebben des Preisdrucks im Jahr 2012. „Ich rechne im Gesamtjahr mit nur noch etwa zehn Prozent Preisrückgang bei Modulen“, sagt Solar­world-Chef Frank Asbeck.

Solar-Optimisten schüren auch aus anderem Grund bereits die Hoffnung auf ein Ende der Sonnenfinsternis. Der Zeitpunkt, an dem Solarenergie, gemessen an den Kosten von Strom aus anderen Quellen, wirtschaftlich wird, rückt näher – der massive Preisverfall macht’s möglich. „Die Netzparität dürfte dazu führen, dass Solarenergie künftig in vielen Industrien und Regionen weitaus stärker nachgefragt werden wird“, sagt Douglas Kim, Analyst der BNP Paribas.

In sonnenreichen Ländern wie Italien oder Spanien hat Solarenergie diese Netzparität bereits erreicht. In Deutschland wird in einem Jahr mit der wirtschaftlichen Gleichstellung gerechnet. Diese dürfte die Branche immerhin unabhängiger von der unsicheren Subventionspolitik machen. Und die Nachfrage auf Dauer wieder steigen lassen.

Dennoch dürften nur wenige Unternehmen den solaren Winter der Zwischenzeit überleben. Als aussichtsreichste Kandidaten gelten die Chinesen. Neben dem meist guten Kapitalzugang haben die Firmen aus dem Reich der Mitte einen weiteren Vorteil: Ihr Heimatland gilt als Solarmarkt der Zukunft. Nicht ohne Grund fördert auch Peking die Sonnenkraft – sie ist dezentral und somit kostensparend installierbar.

Doch längst nicht allen Solarfirmen des Landes geht es gut. So halten sich in der Branche nachhaltig Gerüchte, die globale Nummer 2, Suntech, stehe finanziell auf äußerst wackligen Beinen. Auch Branchenriese LDK Solar gilt nach einer beispiellosen Investitionsoffensive als angeschlagen. Die integrierten Solarkonzerne Trina Solar und Yingli Green Energy, die vom Rohstoff Silizium bis zum fertigen ­Modul alles herstellen, aber auch der aufstrebende Polysiliziumproduzent GCL-Poly gelten als zukunftsfähig.

Deutsche haben schlechte Karten
Für viele deutsche Firmen wird es hingegen schwierig. „Eine Überlebensperspektive haben nur wenige“, sagt Analyst Wulf. Der Bonner Solarworld werden wegen ihrer starken Marke und ihres Kundenzugangs gute Chancen eingeräumt. Als Übernahmekandidat gilt Phoenix Solar, der für ausländische Firmen wegen seiner Verbindungen in Deutschland interessant sein könnte.

Wer kann, flüchtet aus dem Geschäft. So gab der Gebäudetechnikspezialist Centrotec soeben bekannt, sich von zahlreichen Aktivitäten im Solarbereich zu verabschieden.

Für Meyer Burger allerdings sieht es schlecht aus. Mehr als 80 Prozent halten die Schweizer an Roth & Rau. Jetzt liegt die geplante Komplettübernahme zwar auf Eis. Um eine Buchung der Verluste kommen die Schweizer indes nicht herum.

Investor-Info

Zertifikate
Gemischtes Risiko
Für Anleger, die trotz aller Probleme auf die Zukunft der Solarbranche setzen wollen, aber das Risiko eines Einzelinvestments scheuen, sind folgende Zertifikate interessant: Der Tracker auf den Solactive China Solar Index (ISIN: DE000DB2CSL4) der Deutschen Bank hat 15 chinesische Solarwerte als Basis. Am höchsten gewichtet sind die Zellen- und Modulhersteller Trina Solar, Suntech und Yingli Green Energy. Das Zertifikat der Royal Bank of Scotland auf den RBS Solar Energy TR Index (ISIN: NL0000603421) ist international angelegt. Neben Chinesen sind auch deutsche Hersteller wie Solarworld im Index. Zudem umfasst er Polysiliziumproduzenten wie GCL-Poly und Ausrüster wie den deutschen Wechselrichterproduzenten SMA Solar.

Solarworld
Überlebenskünstler
Starke Marke, guter Marktzugang: Innerhalb der schwer gebeutelten deutschen Solarindustrie steht Solarworld noch relativ gut da. Die Bonner profitieren auch von Lieferverträgen für Wafer mit Spitzenkonditionen. Daraus fließen wohl noch einige Quartale lang Sondererträge. Aber: Große Probleme in den USA führen dort zu Verlusten, hohe Lagerbestände dürften Abschreibungen zur Folge haben. Am Montag gibt’s Quartalszahlen. Die Marge wird wohl einstellig werden, ein Gewinneinbruch ist wahrscheinlich. Abwarten.

Yingli Green Energy
Interessante Chinesen
Unter Chinas Solarfirmen gilt Yingli bei der Produkt­qualität als führend. Der Alleskönner, der vom Poly­silizium bis zum Modul die gesamte Palette der solaren Wertschöpfungskette abdeckt, hat Vorteile bei den Produktionskosten, die aber aufgrund des Preisdrucks bei Polysilizium abnehmen. Laut Bank of America der bestgeführte integrierte Solarkonzern Chinas. Für 2012 werden aber deutliche Einbußen beim Gewinn erwartet. Anleger warten die Konsolidierung ab.

SMA Solar
Solider Nischenspieler
Auch der weltweit führende Hersteller von Wechselrichtern für Solaranlagen leidet unter dem Preisdruck, der Gewinn sank im dritten Quartal um 60 Prozent gegenüber 2010 – was aber über den Erwartungen lag. SMA Solar ist vergleichsweise rentabel, 2012 wird die Nettomarge laut Analysten noch zweistellig sein. Die Nischentechnologie hat weitaus höhere Eintrittsbar­rieren als das Zellengeschäft. Sehr spekulativ.

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DatumRatingAnalyst
13.03.2025SMA Solar HoldJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
06.03.2025SMA Solar HoldDeutsche Bank AG
18.02.2025SMA Solar HoldDeutsche Bank AG
14.02.2025SMA Solar BuyJefferies & Company Inc.
22.01.2025SMA Solar VerkaufenDZ BANK
DatumRatingAnalyst
14.02.2025SMA Solar BuyJefferies & Company Inc.
13.01.2025SMA Solar BuyJefferies & Company Inc.
22.04.2024SMA Solar KaufenDZ BANK
29.02.2024SMA Solar KaufenDZ BANK
29.01.2024SMA Solar KaufenDZ BANK
DatumRatingAnalyst
13.03.2025SMA Solar HoldJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
06.03.2025SMA Solar HoldDeutsche Bank AG
18.02.2025SMA Solar HoldDeutsche Bank AG
28.11.2024SMA Solar HoldJefferies & Company Inc.
21.11.2024SMA Solar HoldJefferies & Company Inc.
DatumRatingAnalyst
22.01.2025SMA Solar VerkaufenDZ BANK
14.11.2024SMA Solar VerkaufenDZ BANK
11.08.2022SMA Solar UnderperformJefferies & Company Inc.
08.08.2022SMA Solar UnderperformJefferies & Company Inc.
25.07.2022SMA Solar UnderperformJefferies & Company Inc.

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