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Ulrich Kirstein mit der Presseschau
Nach der schwungvollen Jahresendrallye hat der Dax seine flotte Fahrt erst einmal unterbrochen, vielleicht war ein Boxenstopp fällig. Nun scheint er zurück im Rennen zu sein, die abermalige Zinssenkung der EZB dürfte ihn angeschoben haben. Über die deutsche Wirtschaft hört man hingegen wenig Gutes, nicht einmal das Weihnachtsgeschäft läuft wie gewohnt, die Konsumlaune ist gedämpft, bei der wieder gestiegenen Inflation nur zu verständlich, der Weihnachtsmann macht Kurzarbeit. Egal welche Zeitung wir aufschlagen, schlechte Nachrichten springen uns entgegen: "Der große Stellenabbau", lautet der Aufmacher im Handelsblatt, und eine weitere Headline aus dem Blatt: "Führende Institute senken ihre Wachstumsprognose für 2025", über die deutsche Konjunktur. "Viele Zahlungsausfälle: Kreditversicherer erwarten mehr Insolvenzen", aus der Augsburger Allgemeinen Zeitung macht auch nicht glücklich. Besserung nicht in Sicht, da hilft wohl nur eines: "Ifo-Chef Fuest verlangt Radikalkur für Standort Deutschland", meldet die Börsen-Zeitung. Doch es ist Advent, Weihnachtszeit, wir wollen sie ein wenig musikalisch untermalen, bei diesen Meldungen denken wir aber am ehesten an Maria durch ein Dornwald ging. (Allerdings hat dieser Dornwald im Lied sieben Jahre kein Laub getragen, wir müssen also geduldig sein.)
Die guten Nachrichten zuerst
Machen wir uns lieber auf die Suche nach positiven Nachrichten. Fündig werden wir beispielsweise in der Süddeutschen Zeitung: "Übergewicht macht gar nicht unglücklich". Das beruhigt uns gerade jetzt, wo uns Plätzchen besonders glücklich machen, wenn wir sie verzehren. Dass uns hinterher auf der Waage kein Unglück überkommt, freut uns also. Gastronomie, Lebensmittel- und Feinkosthandel dürften sich an der Überschrift ebenso erquicken. Musikalisch könnten wir hierzu "In der Weihnachtsbäckerei" summen. Ansonsten wird gerne mit schlechtem Gewissen gearbeitet, nicht einmal mehr Christbäume soll man kaufen, damit keine Bäume geschlagen werden. Ob ohne Christbaumverkauf die Tannen und Fichten überhaupt gepflanzt worden wären, ist wieder eine andere Frage. Und wenn ein Baum, dann aber bitte im Dunkeln lassen: "Ist Weihnachtsbeleuchtung ein Problem für die Umwelt", fragt die Süddeutsche Zeitung und wir ahnen, dass dies rhetorisch gemeint ist und positiv beantwortet wird. Im Weihnachtslied Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum ist schließlich auch nicht von Beleuchtung die Rede, er grünt nur - und, wichtig, erfreut uns und gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit!
Was sagen die Finanzmagazine?
Die gängigen Finanzmagazine befinden sich zweifelsohne im Euphorie-Taumel, zumindest wenn man die Titel auf sich wirken lässt: Im goldglänzenden Lorbeerkranz präsentiert Focus Money stolz "Unsere Besten". Die Redakteure sind damit nicht gemeint, irgendwie aber doch: "Aktien, an die wir glauben und in die wir unser eigenes Geld investieren". Die Rendite reicht dabei von 95 Prozent in drei Jahren bis zu 1.000 Prozent in fünf Jahren. Jene, die noch mehr Rendite erzielten, arbeiten wahrscheinlich nicht mehr. Mit ausgebreiteten Armen steht ein Anzugträger vor einem Meer aus Geldscheinen bei Börse Online, denn hier gibt es "Aktien & ETFs für die Ewigkeit". Die einen glauben, die anderen an die Ewigkeit, dass Weihnachten naht, wird erkennbar. Kann das Der Aktionär noch toppen? Er kann: "All Zeit Hoch" steht dort geschrieben und eine Chartlinie hangelt sich einen steilen Bergesgipfel hinauf. Nicht ganz zum Motiv passend heißt es weiter: "Party an der Börse - hier können Sie jetzt noch einsteigen". Partys beim Aufstieg in den Bergen sind eher selten. Apropos passend, als musikalische Begleitung fällt uns naheliegend Mach hoch die Tür, die Tor mach weit (für den Aktionär) ein, und wer bis zur letzten Strophe durchhält: Dein Heiliger Geist uns führ und leit, den Weg zur ewgen Seligkeit, für Börse Online. In den USA soll bekanntlich Elon Musk der Politik den richtigen Weg weisen, was ihm auf dem Cover von Markt und Mittelstand im Captain-Amerika-Outfit den Titel "Sparminator" einbringt.
Finanz(un)wissen
Aus der Rubrik "Datenraum" der Börsen-Zeitung fällt uns auf: "Jüngere haben viele Finanzwissenslücken auszubügeln". Zitiert wird hier aus einer Jugendstudie des Bankenverbandes BdB, in der 14 bis 24-Jährige befragt werden, die wahrscheinlich eher nicht bügeln. 40 Prozent äußern darin, in der Schule "so gut wie nichts" über Wirtschaft und Finanzen gelernt zu haben, 40 Prozent sind der Meinung, "nicht so viel" darüber gehört zu haben und nur 19 Prozent "viel". Deshalb sprechen sich 86 Prozent dafür aus, dass in allen Bundesländern ein eigenes Schulfach zum Thema gelehrt werde, was sich damit deckt, dass immerhin die Hälfte der Befragten der Meinung ist, dass Finanzbildung am "ehesten in der Schule" vermittelt werden solle. Nun sind wir die letzten, die sich gegen mehr Finanzbildung aussprechen (auch wenn es bei den meisten in führenden Stellungen bereits zu spät dafür zu sein scheint), geben aber vorsichtig zu bedenken, dass der Stoff, der in der Schule vermittelt wird, unserer Erfahrung nach sich extrem schnell wieder aus den Köpfen der Schüler verflüchtigt - wenn er denn je drin war. Wir geben zu, das Thema überfordert unsere Assoziationskette zu passenden Weihnachtsliedern, da aber an Schulen bekanntlich auch Sprachen gelernt (und wieder vergessen werden), hier gemeine Ohrwürmer in vier gängigen Fremdsprachen: White Christmas von Bing Crosby oder übersetzt als Noël blanc, Feliz Navidad von Jose Feliciano und für die Altsprachler noch in Ave Maria.
Schifffahrt
Manchmal sind ja Namen doch irgendwie Programm. Auf der Mosel geschah ein Schiffsunglück, Stoff für einen Novelle: Ein Frachter beladen mit Schrott fuhr eine Moselschleuse zu Schrott. Die firmiert unter dem Namen "Müden", offensichtlich hatte das Schiffspersonal geschlafen, denn der Unfall passierte "ungebremst", wie es die WirtschaftsWoche formuliert. Mit im übrigen unguten Folgen für die Wirtschaft, denn die Mosel dürfte noch für Monate gesperrt bleiben. Während Kreuzfahrten woanders kreuzen und die Kreuzfahrer eventuell auf Moselwein verzichten müssen, trifft es die Stahlbranche, die ihr Material nicht mehr losbekommt. Und in erster Linie die Schiffer, ohne Fluss keine Arbeit! Und weil diese ein eher trauriges Weihnachten erleben, fällt uns dazu zum guten, aber leider nicht fröhlichen Schluss noch Blue Christmas ein, am schönsten sicherlich von Elvis Presley interpretiert (aber auch von Hugo Winterhalter oder Dean Martin gesungen).
Ulrich Kirstein ist Pressesprecher der Börse gettex. Der Betriebswirt und Kunsthistoriker schreibt über Literatur und Börse, interviewt alle 14 Tage in Börse am Donnerstag den Leiter Marktsteuerung und hat u.a. mit Christine Bortenlänger Börse für Dummies und Aktien für Dummies verfasst.