SAP schreibt trotz zweistelligen Wachstums Verlust - Aktie dank gutem Ausblick auf Rekordhoch
Das Geschäft von SAP brummt - dennoch ist der Softwarekonzern zum ersten Mal seit fast 17 Jahren in einem Quartal in die roten Zahlen gerutscht.
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Grund sind die Kosten für den angekündigten Umbau in der Belegschaft. Auf das Gesamtjahr gesehen werde SAP SE aber schwarze Zahlen schreiben, versicherte Finanzchef Luka Mucic am Mittwoch in Walldorf.
Auch wenn es der erste Quartalsverlust seit Mitte 2002 bei dem Softwareriesen war - an der Börse spielte das Minus unter dem Strich kaum eine Rolle. Die Aktie des wertvollsten deutschen DAX-Konzerns kletterte auf ein neues Rekordhoch bei 116,32 Euro. Zum Handelsschluss stiegen die Aktien um 12,55 Prozent auf 114,62 Euro.
Vor allem die besseren Aussichten für das Tagesgeschäft in diesem Jahr und eine versprochene deutliche Steigerung der Profitabilität in den kommenden fünf Jahren versetzten die Anleger in Feierlaune. Analystin Stacy Pollard von der US-Investmentbank JPMorgan verwies auf ein starkes erstes Quartal im Tagesgeschäft bei Umsatz und Betriebsergebnis. Die angehobenen Ziele bis 2023 dürften bei Investoren auf Gegenliebe stoßen, urteilte Goldman-Sachs-Analyst Mohammad Moawalla.
Zunächst kostet der angekündigte Personalumbau hin zu Zukunftsfeldern aber wie erwartet Geld. Der Softwarekonzern hatte im Januar angekündigt, in diesem Jahr rund 4400 Mitarbeiter umzuschulen, auf andere Positionen zu versetzen und auch mit Abfindungen in den Vorruhestand zu schicken, damit die Firma mit den Veränderungen in der Technologiebranche mithalten könne. Bis Anfang Mai können sich Beschäftigte noch für das Abfindungsprogramm anmelden. Bei dem letzten Programm dieser Art im Jahr 2015 hatten sich deutlich mehr Mitarbeiter gemeldet als zunächst erwartet.
Trotzdem soll die Mitarbeiterzahl in diesem Jahr weiter wachsen. Zuletzt hatte SAP dank der jüngsten Übernahmen rund 98 700 Beschäftigte, kommendes Jahr könnten es nach den Worten von Vorstandschef Bill McDermott 105 000 sein. Dennoch brachte das Programm offenbar Unruhe in den Konzern. Um den Mitarbeitern ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, hatten Betriebsrat und Geschäftsführung deshalb jüngst eine Beschäftigungssicherung ausgehandelt.
In der Bilanz hinterließ der Umbau wie erwartet Spuren: Unterm Strich belief sich das Minus im ersten Quartal auf 108 Millionen Euro nach 708 Millionen Euro Gewinn im Vorjahreszeitraum. Finanzchef Mucic veranschlagte für den Umbau im ersten Quartal 886 Millionen Euro. Das dürfte der Großteil der Kosten sein. Er rechne in den Folgequartalen nicht mehr mit signifikanten Anpassungen, sagte er.
Die Umbaukosten herausgerechnet lief das Quartal für den Konzern sogar so gut, dass Vorstandschef Bill McDermott die Ergebnisprognosen in die Höhe schraubte. In diesem Jahr soll das bereinigte Betriebsergebnis um 9,5 bis 12,5 Prozent klettern statt wie bisher angepeilt um 7,5 bis 11,5 Prozent.
Im ersten Quartal lag das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis mit einem Plus von 19 Prozent auf 1,47 Milliarden Euro auch über den Schätzungen von Analysten. Dabei klammert das Unternehmen Umbaukosten aus, genauso wie aktienbasierte Vergütungen von Management und Belegschaft sowie die Zusatzkosten für Firmenübernahmen. Die Umsätze legten - getrieben durch das stark wachsende Geschäft mit Mietsoftware aus dem Internet und die milliardenschweren Zukäufe - um 16 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro zu.
Bis 2023 versprach McDermott seinen Aktionären, die bereinigte operative Marge von SAP kontinuierlich um rund einen Prozentpunkt jährlich zu steigern - also insgesamt um fünf Prozentpunkte. Auch dazu dürfte der Stellenabbau beitragen, der von 2020 an jährlich 750 bis 850 Millionen Euro einsparen soll.
Vergangenes Jahr erzielte SAP bei der operativen Marge einen Wert von 29 Prozent. Vor einigen Jahren war in der Softwarebranche ein Wert von spürbar über 30 Prozent noch das Maß aller Dinge. Die Marge bei den Walldorfern war in den letzten Jahren deutlich von dem rasanten Ausbau der Cloudsparte belastet worden, die noch nicht so rentabel ist wie der angestammte Lizenzverkauf von Software gegen hohe Einmalbeträge. Manche Branchenexperten zweifelten, ob SAP die Marge wieder nachhaltig würde steigern können.
Nun will das Management bis zu einer Investorenveranstaltung im November die Details ausarbeiten, dazu wird eigens ein Vorstandsausschuss ins Leben gerufen. Ziel sei es, alle Bereiche des Unternehmens auf Wachstum, Innovation und Effizienz zu trimmen. Die Investitionen in Kernprodukte sollen in großem Stil hochgefahren werden, die Entwicklungszyklen von Software verkürzt und unternehmerische Entscheidungen schneller umgesetzt werden.
Unterstützung erhielt das Management von einem bekannten US-Investor, dem aktivistischen Hedgefonds Elliott, der nach eigenen Angaben vom Mittwoch mit 1,2 Milliarden Euro an SAP beteiligt ist. SAP setze sich die richtigen Ziele, so der Investor. Elliott unterstütze die Initiativen "vollumfänglich". Gemessen am Börsenwert entspricht das Investment einem Anteil von rund einem Prozent an SAP. Meldepflichtig sind Stimmrechtsanteile ab einem Anteil von drei Prozent.
Elliott-Gründer und Starinvestor Paul Singer gehört in den Chefetagen von Konzernen nicht immer zu den gern gesehenen Investoren, da er sich oft in strategische Fragen einmischt, um den Kurs von Unternehmen mitzubestimmen, die an einem Scheideweg stehen. Zuletzt hatte Elliott beim Energieversorger Uniper und der geplanten Aufspaltung des Stahlkonzerns Thyssenkrupp öffentlich Stimmung für seine Anliegen gemacht.
SAP-Finanzchef Mucic betonte jedoch in einem Interview des Finanzsenders Bloomberg TV, das Unternehmen sei "sehr dankbar" für aktive Investoren wie Elliott. "Wir sind in der glücklichen Position, dass eine Vielzahl von Investoren uns regelmäßig Feedback gibt, das wir willkommen heißen und sehr ernst nehmen."
SAP ist an der Börse dank der Wachstumsaussichten, die vor allem die US-Anleger bei Technologietiteln wichtig finden, rund ein Drittel mehr wert als die Allianz oder Siemens. McDermott ist das aber nicht genug. Kürzlich wiederholte er seine Ambitionen, den Marktwert bis 2023 auf 250 bis 300 Milliarden Euro hochschrauben zu wollen.
So will SAP 2023 mehr als 35 Milliarden Euro Umsatz machen. Nach den jüngsten Milliardenzukäufen wolle sich SAP aber nun auf organisches Wachstum konzentrieren, sagte McDermott. Größere Übernahmen stünden derzeit nicht zur Debatte.
WALLDORF (dpa-AFX)
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