Übernimmt UniCredit die Commerzbank? Deutsche Bank hat wohl ebenfalls Interesse
Uncredit-CEO Andrea Orcel zeigt sich von der Logik einer Commerzbank-Übernahme überzeugt.
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"Deutschland braucht mehr Wettbewerb im Bankensektor. Eine zweite starke und profitable Bank könnte dabei helfen", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Eine Kombination der Commerzbank und der Münchener UniCredit-Tochter Hypovereinsbank "wäre sehr positiv für die deutsche Volkswirtschaft".
Er strebe Gespräche mit den beteiligten Akteuren an. "Zu gegebener Zeit würden wir gerne einen konstruktiven Dialog mit dem Management der Commerzbank und der deutschen Regierung führen", sagte Orcel. UniCredit hat vergangene Woche 4,5 Prozent an der Commerzbank vom Bund übernommen. Zusätzlich hatte sich die Bank über den Markt weitere 4,5 Prozent gesichert. Die Italiener sind jetzt mit 9 Prozent größter privater Aktionär. Der Bund hält noch rund 12 Prozent.
Von der ablehnenden Haltung der Bundesregierung zeigte sich Orcel überrascht. "Wenn wir der Meinung gewesen wären, dass wir nicht willkommen sind - ob es heute so ist, bleibt abzuwarten - dann hätten wir diesen Ansatz nicht verfolgt", sagte er der Zeitung. "Denn bei solchen Transaktionen müssen sich die Hauptakteure einig sein." UniCredit habe der Bundesregierung und anderen Beteiligten in den vergangenen zwei bis drei Jahren immer wieder Interesse signalisiert. In dem Verkaufsprozess der Commerzbank-Aktien durch die Finanzagentur des Bundes sei UniCredit "nicht unerwünscht" gewesen.
Orcel wiederholte, er habe drei Optionen: Die Aktienbeteiligung zu erhöhen, sie vorerst auf dem gleichen Niveau zu halten oder sich davon wieder zu trennen. "Im Moment sind wir nur ein Finanzinvestor bei der Commerzbank. Wir könnten die Beteiligung auch wieder verkaufen und einen bedeutenden Gewinn machen, denn der Aktienkurs der Commerzbank ist schön gestiegen", so der Manager.
Er betonte aber, dass sich Commerzbank und HVB gut ergänzten. "Die HVB ist innerhalb unserer Gruppe eine der unabhängigsten und einflussreichsten Banken", so Orcel. "Das wäre auch für die Commerzbank der Fall, wenn wir einen Deal mit ihnen machen. Dann wäre Deutschland ungefähr so groß wie Italien, das heute unser größter Markt ist."
JPMorgan belässt Kursziel
Die US-Bank JPMorgan hat die Einstufung für Commerzbank anlässlich des Einstiegs der Unicredit auf "Overweight" mit einem Kursziel von 17,20 Euro belassen. Die Commerzbank sei nun als potenzieller Übernahmekandidat "im Spiel", schrieb Analyst Kian Abouhossein in einer am Donnerstag vorliegenden Studie. Zum jetzigen Zeitpunkt sieht der Experte neben den Italienern auch die Deutsche Bank als Hauptinteressenten. Seiner Meinung nach wäre die Deutsche Bank dann besser für eine Übernahme positioniert, wenn sie ihre Ziele für 2025 erreicht und dadurch möglicherweise einen höheren Aktienkurs erzielt, was ihr bei einer reinen Aktientransaktion bessere Chancen einräumen würde.
Keine feindliche Übernahme geplant
UniCredit-Chef Andrea Orcel lehnt ein öffentliches Übernahmeangebot für die Commerzbank ab. "Nein, das wäre ein aggressiver Akt", sagte er im Gespräch mit der italienischen Zeitung "Il Messaggero" auf eine entsprechende Frage. "Wir haben 4,5 Prozent auf dem Markt gekauft und 4,49 Prozent, die uns der deutsche Staat verkauft hat. Wir sind zufrieden mit dem, was wir getan haben."
In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte Orcel zudem, die Unicredit habe in kontinuierlichem Dialog mit mehreren Interessengruppen gestanden, darunter die Bundesregierung. "Wenn wir der Meinung gewesen wären, dass wir nicht willkommen sind - ob es heute so ist, bleibt abzuwarten -, dann hätten wir diesen Ansatz nicht verfolgt. Denn bei solchen Transaktionen müssen sich die Hauptakteure einig sein."
Die Unicredit könne die Commerzbank-Beteiligung auch wieder verkaufen "und einen bedeutenden Gewinn machen, denn der Aktienkurs der Commerzbank ist schön gestiegen".
Orcel: Bundesregierung hat vom Unicredit-Interesse gewusst
Die Bundesregierung habe vom Interesse der Unicredit auf jeden Fall gewusst, machte Orcel deutlich. "In den letzten zwei bis drei Jahren haben wir der deutschen Regierung und einer Reihe von anderen Beteiligten wiederholt unser Interesse an der Commerzbank signalisiert", betonte der Unicredit-Chef. "Zu gegebener Zeit würden wir gerne einen konstruktiven Dialog mit dem Management der Commerzbank und der deutschen Regierung führen."
Den Einstieg bei der Commerzbank sieht Orcel nicht als Anschleichen. "Letztendlich sind neun Prozent eine bedeutende, aber keine invasive Beteiligung. Wir hätten ein vollständiges Übernahmeangebot abgeben können, aber das haben wir nicht getan."
Die Unicredit hatte den Teil-Ausstieg des Bundes bei der Commerzbank genutzt und war im großen Stil bei dem DAX-Konzern eingestiegen. Die Italiener erwarben ein Aktienpaket von rund 4,5 Prozent vom Bund und kauften zudem Anteile am Markt, sodass sie neun Prozent der Aktien halten. Der Bund hält noch zwölf Prozent der Anteile. Das Bundesfinanzministerium will die neue Lage nun erst einmal sondieren.
Deutsche Bank auch Interesse?
Die italienische Großbank UniCredit dürfte bei einer möglichen Übernahme der Commerzbank nach Einschätzung eines Experten aufs Tempo drücken. Dafür sprechen aus Sicht des Bankenanalysten Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan die öffentliche Abwehrhaltung der Commerzbank sowie Medienberichte, denen zufolge die Italiener die Bundesregierung mit ihren Kaufplänen kalt erwischt haben. Außerdem könnte die Deutsche Bank den Italienern in die Quere kommen.
JPMorgan sieht in den Aktienkursen der beiden deutschen Institute jedenfalls eine Kaufgelegenheit und stuft deren Papiere mit "Overweight" ein. Der Aktie der Deutschen Bank schreibt Abouhossein ein Kursziel von 20 Euro zu. Das ist rund ein Drittel mehr als der jüngste Kurs von etwa 15 Euro. Dem Papier der Commerzbank traut er einen Kurs von 17,20 Euro zu und liegt damit über den jüngsten Kursen von etwa 15,50 Euro.
Zwar beteuert Unicredit-Chef Andrea Orcel, mit dem Kauf weiterer Commerzbank-Aktien keine Eile zu haben. Doch Abouhossein traut dem Braten nicht. Er hält es für denkbar, dass die Italiener den Prozess zu beschleunigen versuchen.
Inzwischen hält die Unicredit 9 Prozent der Commerzbank-Anteile; davon hat sie je die Hälfte vom Großaktionär Bund und vom Markt gekauft. Um auf mehr als 9,9 Prozent aufzustocken, benötigt sie die Genehmigung der deutschen Finanzaufsicht Bafin. Sollte sie sogar die Marke von 30 Prozent erreichen, müsste die Unicredit ein öffentliches Übernahmeangebot vorlegen, merkt Abouhossein an.
Die meisten Commerzbank-Aktien hält mit 12 Prozent noch immer der Bund, der das Geldhaus in der Finanzkrise 2008/2009 mit Milliarden vor dem Untergang gerettet hatte. Wann sich der Bund von seinen verbliebenen Anteilen trennt, ist offen. Orcel hat daran jedenfalls Interesse bekundet.
Entscheidend für die weitere Entwicklung sei die Reaktion der Bundesregierung, schreibt Abouhossein. Nach dem Verkauf des ersten Aktienpakets von 4,5 Prozent an die Unicredit am 11. September hat sie sich für weitere Anteilsverkäufe eine Beschränkung für 90 Tage auferlegt.
Sollte die Deutsche Bank nun im Commerzbank-Poker mitmischen wollen, müsse sie sich entscheiden, was sie tut, schreibt Abouhossein. Er verweist auf einen Medienbericht, dem zufolge die Deutsche Bank der Unicredit möglicherweise die ganze restliche Staatsbeteiligung oder einen Teil davon wegschnappen will. Ein solcher Kauf werde jedoch die Eigenkapitalquote der Deutschen Bank mit etwa 0,3 Prozentpunkten belasten, rechnet der Experte vor.
Andererseits habe Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing betont, dass sich sein Institut auf seine eigenen Rentabilitätsziele konzentrieren wolle. Sollte die größte deutsche Bank ihre Rendite auf das materielle Eigenkapital bis 2025 wie geplant auf mehr als 10 Prozent steigern, würde dies aus Sicht Abouhosseins auch ihren Aktienkurs nach oben treiben. Damit wäre das Geldhaus besser gerüstet, um in einem reinen Aktiendeal mit der Commerzbank zu fusionieren, schätzt er.
Ein Zusammenschluss der beiden größten börsennotierten deutschen Kreditinstitute ist nach Einschätzung Abouhosseins nach wie vor nicht unwahrscheinlich - und wäre sogar im besten Interesse der Deutschen Bank und des Landes. Denn der deutsche Bankenmarkt ist wegen der großen Marktanteile von Sparkassen und Genossenschaftsbanken stark fragmentiert.
Durch einen Zusammenschluss mit der Commerzbank könnte die Deutsche Bank ihren Marktanteil besonders im Privatkundengeschäft stark ausbauen, argumentiert der Experte.
Deutsche Bank und Commerzbank hatten bereits im Jahr 2019 eine Fusion geprüft, das Vorhaben aber verworfen. Damals befanden sich beide Institute in einer deutlich schlechteren Lage als heute. Seitdem haben beide umfangreiche Sparprogramme durchlaufen, tausende Arbeitsplätze abgebaut und viele Filialen geschlossen.
Gemäß der Einstufung "Overweight" geht JPMorgan davon aus, dass sich die Aktien in den kommenden sechs bis zwölf Monaten besser als der jeweilige Sektor entwickeln werden.
Commerzbank mit neuem Angebot für Kryptowährungen
Die Commerzbank baut das boomende Geschäft mit Kryptowährungen mit einem neuen Angebot für Firmenkunden aus. Dafür hat das Geldinstitut eine Partnerschaft mit der Deutsche-Börse-Tochter Crypto Finance geschlossen, wie beide mitteilten. Über das neue Angebot, das sich in einem ersten Schritt an ausgewählte Bestandskunden richte, könnten diese zunächst ins Geschäft mit den Kryptowährungen Bitcoin und Ether einsteigen.
Während die Commerzbank die Verwahrung der Kryptowerte übernehme, stelle Crypto Finance den Handel der digitalen Vermögenswerte sicher, hieß es. Die Kunden sollen so einen sicheren Zugang auf Kryptowerte erhalten. "Mit unserem Angebot im Bereich digitaler Vermögenswerte eröffnen wir unseren Firmenkunden erstmals die Möglichkeit, die Chancen zu nutzen, die sich mit Bitcoin und Ether bieten", erklärte Gernot Kleckner, Bereichsvorstand Capital Markets im Segment Firmenkunden der Commerzbank.
Der Vorstandschef von Crypto Finance, Stijn Vander Straeten, ergänzte, die Partnerschaft mit der Commerzbank sei ein wichtiger Meilenstein für sein Unternehmen, da man dadurch mehr Unternehmen und Institutionen in Deutschland Zugang zu regulierten Kryptodienstleistungen bieten könne.
Crypto Finance sieht sich als Pionier in diesem Geschäft - seit 2017 bietet die Deutsche-Börse-Tochter professionellen Anlegern Dienstleistungen für den Handel mit digitalen Vermögenswerten. Bereits im April hatte die LBBW bekanntgegeben, ihren Firmenkunden künftig die Verwahrung und den Handel mit Kryptowährungen anzubieten. Die Landesbank hatte dafür eine Partnerschaft mit der Krypto-Plattform Bitpanda geschlossen.
Die UniCredit stieg an der EURONEXT in Mailand letztlich 1,24 Prozent auf 37,90 Euro. Die Commerzbank-Aktie sank via XETRA hingegen um 1,02 Prozent auf 15,60 Euro. Die Deutsche Bank-Aktie zeigte sich schlussendlich 1,90 Prozent fester bei 15,22 Euro.
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