Übernahme geplatzt

QIAGEN im Fokus: Übernahmekandidat sucht neuen Chef

23.01.20 16:42 Uhr

QIAGEN im Fokus: Übernahmekandidat sucht neuen Chef | finanzen.net

Das Biotechnologie- und Gendiagnostik-Unternehmen QIAGEN hat mit seiner Absage an die Übernahme durch einen Rivalen kurz vor Weihnachten seine Anleger enttäuscht und die Aktie auf Talfahrt geschickt.

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Wie geht es jetzt weiter? Die Lage des Unternehmens, was die Analysten sagen und was die Aktie macht.

LAGE DES UNTERNEHMENS:

Über die Gründe für das Platzen des Deals ist nicht viel bekannt. QIAGEN hatte erstmals im November Übernahmegespräche bekannt gemacht. Mindestens zwei Interessenten hatten sich beim Konzern gemeldet, die womöglich auch der zuvor stark gesunkenen Aktienkurs angelockt hatte. Zumindest offiziell hatte sich das MDax-Unternehmen nicht selbst als Übernahmeobjekt ins Schaufenster gestellt.

Das Unternehmen stellt unter anderem Analysegeräte für Labore her. Von QIAGEN kommen aber auch bestimmte DNA-Tests und Verbrauchsmaterialien wie Pipettenspitzen und Probenröhrchen. Das Unternehmen hätte deshalb zum US-Laborzulieferer Thermo Fisher gepasst, der als heißer Aspirant gehandelt wurde.

Doch kurz vor Weihnachten erklärte der Aufsichtsrat die Sache für beendet. Der Laborzulieferer schrieb in seiner Mitteilung von "nicht überzeugenden Vorstößen" der möglichen Käufer. Im Konzern wird auch wenige Wochen nach dem Aus noch betont, dass QIAGEN gut genug aufgestellt sei, um allein weiter zu wachsen. Allerdings war maues Wachstum zuletzt genau das Problem für das Unternehmen.

Schwierigkeiten bereitete zuletzt das sogenannte Next-Generation-Sequencing - eine moderne Technik zur schnelleren Auswertung genetischer Daten. Sie galt nach einem Konzernumbau 2016 als ein wichtiger Pfeiler der neuen Wachstumsstrategie. Noch im vergangenen Juni hatte QIAGEN seine mittelfristigen Umsatzziele vor Investoren sogar noch einmal aufgepeppt.

Doch von den angepeilten Zuwächsen ist das Unternehmen derzeit weit entfernt. Besonders dick kam es nur wenige Wochen nach der Vorstellung der Mittelfristprognose. Ende Juli senkte der Vorstand seine Umsatzvorgaben für 2019, und im Oktober ruderte QIAGEN noch weiter zurück. Zudem schwächte sich das Gewinnwachstum ab.

Als Problemkind entpuppten sich ausgerechnet die Geschäfte im Wachstumsmarkt China, wo QIAGEN ein 2017 eingefädeltes Joint-Venture mit dem heimischen Anbieter Maccura beendete. Dort war man bei der Entwicklung eines neuen Geräts und entsprechender Tests für den klinischen Alltag nicht so weit gekommen wie gedacht. Erhoffte zweistellige Millionenumsätze fielen damit weg. Am Ende entschied sich QIAGEN zu einem Schwenk um 180 Grad. Statt ein eigenes Gerät zu entwickeln, ist der Konzern inzwischen mit dem Marktführer auf diesem Gebiet, dem US-Konzern Illumina, eine Partnerschaft eingegangen und bietet künftig die Tests für die Geräte an.

Schürten jedoch die Probleme in China am Markt bereits Unsicherheit, nahm Anfang Oktober auch noch der langjährige Vorstandschef Peer Schatz überraschend seinen Hut. Gründe wurden offiziell nicht genannt. Aktuell leitet Interimschef Thierry Bernard das Unternehmen, ein dauerhafter Nachfolger ist noch nicht bekannt. Der Aufsichtsrat sucht intern und extern nach einem geeigneten Nachfolger, eine Entscheidung soll in der ersten Jahreshälfte fallen. Nach der Absage an eine Übernahme und ohne Kapitän erscheint der Konzern damit in ungewissem Fahrwasser.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Für viele Experten ist das letzte Wort in Sachen Übernahme noch nicht gesprochen. Weitere Vorstöße von Interessenten - auch feindlicher Natur - seien nicht auszuschließen, glaubt Tobias Gottschalk vom Analysehaus Independent Research. Immerhin habe der Zuspruch möglicher Käufer gezeigt, dass das Geschäftsmodell des Diagnostikunternehmens durchaus attraktiv und zukunftsträchtig sei. Ähnliche Worte fand DZ-Bank-Analyst Sven Kürten. Er geht davon aus, dass die Bieter weiterhin interessiert seien und "auch ohne Zustimmung der QIAGEN-Entscheidungsträger irgendwann in der Zukunft ein Angebot für QIAGEN abgeben könnten".

Für Analyst Daniel Wendorff von der Commerzbank rücken nach der Absage des Verkaufs indes die Fundamentaldaten des Unternehmens wieder in den Vordergrund. Da der Experte selbst die aktuellen Wachstumsziele von QIAGEN noch für sehr ambitioniert hält und ihm auch die Markterwartungen zu hoch erscheinen, strich er kurz nach dem Jahresbeginn seine Kaufempfehlung für die Aktie.

Damit geben von den zehn im dpa-AFX Analyser erfassten Branchenexperten derzeit nur noch drei ein Kauf-Votum ab. Die Mehrheit bleibt mit einer neutralen Einstufung lieber an der Seitenlinie. Im Mittel setzen die Experten ein Kursziel von gut 31 Euro an - und liegen damit etwas unter dem aktuellen Kurs.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Nachricht vom geplatzten Verkauf schlug an der Börse wie eine Bombe ein. Viele Anleger nahmen Reißaus. In der Folge verlor das im MDAX gelistete Papier am ersten Handelstag nach Weihnachten rund ein Fünftel an Wert. Ähnlich steil abwärts ging es an der Nasdaq, wo die QIAGEN-Anteile ebenfalls notiert sind.

Mit der Absage wurden all jene enttäuscht, die auf einen lukrativen Deal gehofft hatten. Die Spekulationen auf einen Verkauf hatten den Kurs bis Mitte Dezember mit mehr als 39 Euro auf den höchsten Stand seit 2001 getrieben. Dabei war das Papier noch wenige Wochen zuvor auf ein Mehrjahrestief bei rund 22,50 Euro gefallen. Ausgelöst hatte den Kursrutsch der Abgang von Unternehmenschef Schatz, der bei Börsianern für reichlich Irritation und Stirnrunzeln gesorgt hatte.

Am Ende eines sonst sehr starken Börsenjahres 2019 blieb standhaften QIAGEN-Anlegern durch den Kursrutsch nur ein mickriges Plus von rund zwei Prozent übrig. Inzwischen hat sich aber auch die erste Aufregung über die gestoppte Veräußerung gelegt. Der Kurs hat seit dem weihnachtlichen Kursrutsch um rund 7,5 Prozent zugelegt./tav/stw/fba

HILDEN (dpa-AFX)

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Bildquellen: QIAGEN

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