BHP Billiton: Prinzip Verdrängung
Fallende Eisenerzpreise haben den Minenkonzern BHP Billiton unter Druck gesetzt. Doch das Unternehmen nutzt den Absturz, um Marktanteile zu gewinnen und sich selbst fit für eine Ära billigerer Rohstoffe zu machen.
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von Julia Groß, Euro am Sonntag
Wenn der Verkaufspreis des wichtigsten Produkts innerhalb von 26 Monaten um zwei Drittel einbricht, würden wohl die meisten Firmen ins Wanken geraten. Wenn ein Konzern diesen Preisverfall dann auch noch selbst kräftig befeuert, gilt das unter den meisten Beobachtern vermutlich schlicht als unternehmerischer Selbstmord.
Die Manager des britisch-australischen Minenkonzerns BHP Billiton sehen das anders: Dass sie zusammen mit den anderen Bergbauriesen Rio Tinto, Vale und Fortescue seit einiger Zeit die Eisenerzproduktion trotz schwächelnder Nachfrage erhöhen und so den Preisverfall von fast 160 Dollar pro Tonne im Februar 2013 auf unter 50 Dollar im April dieses Jahres ordentlich beschleunigt haben, ist für sie eine Befreiungsstrategie, mit der sie Marktanteile sichern.
Und die Strategie scheint tatsächlich aufzugehen: BHP ist heute bestens gerüstet für eine Zukunft mit niedrigeren Rohstoffpreisen. Weil sich diese Überzeugung an den Börsen aber nur zögerlich durchsetzt, könnte eine kurzfristige Belebung des Markts, wie sie die Investmentbank JP Morgan für die zweite Jahreshälfte prognostiziert, für äußerst positive Überraschungen sorgen.
Das weltweite Eisenerzgeschäft steht und fällt mit China. Dort ist vor allem der Immobiliensektor mit seinem großen Hunger nach Stahl, für dessen Produktion Eisenerz gebraucht wird, für den hohen Verbrauch verantwortlich. Auf China entfallen knapp 60 Prozent der weltweiten Eisenerznachfrage und sogar rund 70 Prozent der Nachfrage nach verschifftem ("seaborne"), also exportiertem Eisenerz.
Der hohe Bedarf hat in der Volksrepublik selbst neue Minen en masse entstehen lassen. Das Land verfügt über riesige Eisenerzvorkommen. Allerdings ist die Qualität des Gesteins schlechter als anderswo. Gleichzeitig sind die Förderkosten hoch. Schätzungen zufolge verursacht die Ausbeutung der chinesischen Vorkommen - ebenso wie die vieler anderer Eisenerzlager mit Ausnahme Australiens und Brasiliens - einen Aufwand von 70 bis 150 US-Dollar pro Tonne.
BHP Billiton nähert sich dagegen in der australischen Pilbara-Mine Förderkosten von 16 US- Dollar pro Tonne Eisenerz -und zwar qualitativ hochwertigem Erz. Dass der Konzern, ebenso wie die großen Wettbewerber Rio Tinto, Vale und Fortescue, die Produktion noch erhöhte, als die chinesische Stahlnachfrage nachließ, verdrängt die Konkurrenz der kleinen, teureren Minen und sichert Marktanteile. "Das billige Seaborne-Angebot, das auf den Markt drängt, ersetzt nicht nur die kostenintensive chinesische Produktion, sondern auch andere, hochpreisige Seaborne- Anbieter", erklärt Alan Chirgwin, Marketing-Vize der BHP-Eisenerzsparte.
Mit Erfolg: Die chinesische Produktion ist im vergangenen Jahr bereits um 20 Prozent gefallen, wird 2015 um weitere 17 Prozent schrumpfen und sich bis 2017 im Vergleich zu heute mehr als halbieren. "Etwa drei Viertel der vorhandenen Förderkapazitäten in China sind derzeit nicht profitabel", sagt Georgi Slavov, Rohstoffanalyst beim britischen Rohstoffbroker Marex Spetron Group.
Das Vorgehen von BHP und Co erinnert an die OPEC, die ebenfalls versucht, durch ein Überangebot die lästigen Wettbewerber aus Nordamerika loszuwerden. Anders als die arabischen Scheichs pokert BHP aber nicht zwingend auf später wieder steigende Preise. "Wir sind mittel- bis langfristig bearish für den Eisenerzpreis", sagt BHP-Vorstandschef Andrew Mackenzie.
Der Konzern hat sich vielmehr durch einschneidende Umstrukturierungen so aufgestellt, dass er auch auf dem niedrigeren Preisniveau gut verdienen kann. "Das Management hat das Unternehmen stark abgespeckt, Kosten reduziert und im Mai Aktivitäten, die nicht zum Kerngeschäft gehören, in der Firma South32 gebündelt und an die Börse gebracht", sagt Randeep Somel, Manager des Fonds M & G Global Basics.
Umfassend umstrukturiert
Den Minenriesen hält Somel mit seinen vier Säulen Eisenerz, Kupfer, Öl/Gas und Hüttenkohle für gut diversifiziert und bestens aufgestellt. "Alle Förderanlagen liegen in politisch unumstrittenen OECD-Ländern, alle bieten eine hohe Produktqualität bei niedrigen Förderkosten. Außerdem hat BHP seine Investitionen drastisch gekürzt und verfügt über eine starke Bilanz", sagt Somel.Die umfassenden Umstrukturierungen könnten sich früher auszahlen als erhofft. Die Experten von JP Morgan glauben an eine kurzfristige Rally der Minenaktien im dritten Quartal, sofern die Börsen nicht durch einen Grexit abgelenkt werden. Der Grund dafür liegt in der Vergangenheit: Seit November 2014 hat China dreimal die Leitzinsen gesenkt. Zinssenkungen haben sich im Reich der Mitte schon früher erst mit erheblicher Verzögerung von neun bis zwölf Monaten in den Konjunkturindikatoren niedergeschlagen.
So werden auch diesmal erst jetzt Anzeichen für ein beschleunigtes Wirtschaftswachstum und erhöhte Ausgaben im Bausektor sichtbar. Im dritten Quartal soll Chinas Wirtschaft im Vergleich zum zweiten um acht Prozent wachsen - im ersten Quartal waren es nur 5,3 Prozent gewesen. "Dazu kommt, dass der Immobiliensektor sich im April und Mai bereits leicht erholt hat, das sollte sich fortsetzen", sagt JP-Morgan-Analyst Fraser Jamieson.
Der Wachstumseffekt werde zwar zum Herbst hin bereits wieder verpuffen, so Jamieson. Doch BHP Billiton könnte auch von einem vorübergehenden Anziehen von Nachfrage und Preisen überproportional profitieren: "Bei einem Anstieg der aktuellen Rohstoffpreise um zehn Prozent würde der Gewinn des Unternehmens um 45 Prozent wachsen", sagt der Analyst. Von unternehmerischem Selbstmord ist das nun wirklich weit entfernt.
Investor-Info
BHP Billiton
Schwieriger Markt
Der Branchenriese hat mit dem Spin-off gründlich aufgeräumt. BHP spart und konzentriert sich auf Rohstoffe, bei denen hohe Qualität zu niedrigen Kosten geliefert werden kann. Auch die Dividende - aktuell beträgt die Rendite 5,8 Prozent - scheint nicht gefährdet. Dennoch empfehlen wir die Aktie nur risikofreudigen Anlegern als Trading-Position mit einem Anlagehorizont von drei bis vier Monaten. Die Historie der Minenaktien und die aktuelle Marktsituation deuten nicht auf eine langfristig positive Entwicklung hin.Ausgewählte Hebelprodukte auf BHP Billiton
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Bildquellen: BHP Billiton
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