Teiluntersagung

HHLA-Aktie gesucht: Kompromiss im Streit um Cosco-Einstieg am Hamburger Hafen - Scholz weist Kritik zurück

26.10.22 16:02 Uhr

HHLA-Aktie gesucht: Kompromiss im Streit um Cosco-Einstieg am Hamburger Hafen - Scholz weist Kritik zurück | finanzen.net

Es ist eine höchst umstrittene Entscheidung mit Folgen.

Werte in diesem Artikel

Ein chinesischer Konzern kann sich an einem Containerterminal im Hamburger Hafen beteiligen - wenn auch mit einem geringeren Anteil als geplant. Das ist die Folge eines Kompromisses, auf den sich unter dem Druck des Kanzleramts am Mittwoch das Bundeskabinett verständigte. Einige Ressorts stimmten nur zähneknirschend zu. Politiker der Ampel-Koalition forderten eine Reform des Außenwirtschaftsgesetzes mit strengeren Vorgaben.

Die Entscheidung des Kabinetts

Das Bundeskabinett beschloss eine sogenannte Teiluntersagung: Demnach kann das chinesische Staatsunternehmen Cosco einen Anteil von 24,9 Prozent an dem Containerterminal Tollerort im Hamburger Hafen erwerben. Ein Erwerb oberhalb dieses Schwellenwerts werde untersagt. Cosco wollte ursprünglich einen Anteil von 35 Prozent erwerben.

Damit werde eine strategische Beteiligung am Terminal verhindert und der Erwerb auf eine reine Finanzbeteiligung reduziert, so das Wirtschaftsministerium, das mit einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit argumentiert. Cosco werde unter anderem untersagt, sich vertraglich Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen einräumen zu lassen.

Das Wirtschaftsministerium hatte eine im September 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und Cosco Shipping geprüft. Habeck wollte den chinesischen Einstieg mit Blick auf die Erfahrungen mit russischen Gaslieferungen komplett untersagen

- wie auch andere Ministerien, die ebenfalls vor Risiken für die

kritische Infrastruktur warnten. Das Kanzleramt drängte aber auf einen Kompromiss.

Das Problem: Hätte das Kabinett nicht in dieser Woche entschieden, wäre der Verkauf automatisch so wie von Cosco und HHLA ursprünglich vereinbart genehmigt worden - also mit einer 35-Prozent-Beteiligung. Um das zu verhindern, war eine einheitliche Haltung der Regierung notwendig. In Regierungskreisen war die Rede von einer "Notlösung". Ressorts äußerten in einer Protokollnotiz schwere Bedenken.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ließ Kritik zurückweisen. Eine Regierungssprecherin sagte, eine Beteiligung von 24,9 Prozent schaffe in der Abwägung keine strategische Abhängigkeit und keine strategischen Einflussmöglichkeiten. Der Kanzler habe klar gemacht, dass es nicht um einen Verkauf des Hafens gehe, sondern "lediglich" um die Beteiligung an einem einzelnen Terminal.

Die Folgen für den Hafen

Offen bleibt vorerst, wie sich der Cosco-Konzern zu der neuen Sachlage verhält. Darüber will HHLA-Chefin Angela Titzrath "zeitnah" mit den Chinesen sprechen. Bis Ende des Jahres soll der Deal abgeschlossen werden. Einiges spricht dafür, dass er zustande kommt. In Unternehmenskreisen hieß es zuletzt, man gehe davon aus, dass die Chinesen die Kompromisslösung mit einer auf 24,9 Prozent reduzierten Beteiligung mittragen. Während der Gespräche mit der Bundesregierung habe es in den vergangenen Tagen auch immer eine Rückkopplung mit Cosco gegeben.

Titzrath sprach von einem Ergebnis, "das die Zukunftsfähigkeit der HHLA stärkt und Arbeitsplätze im Hamburger Hafen sichert". Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viertgrößte Containerreederei und lässt seine Schiffe seit mehr als 40 Jahren am Terminal Tollerort abfertigen. Cosco hatte zugesagt, im Gegenzug zu der Beteiligung das CTT zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa zu machen. "Ein privatwirtschaftliches Unternehmen könnte dies an sich nicht versprechen, ein Staatskonzern aber doch", sagte der Kieler Handelsökonom Rolf Langhammer. "Und hierin liegt auch ein gewisses Erpressungspotenzial seitens Cosco." Cosco hält, wie andere große Reedereien auch, bereits bei vielen Terminals weltweit Anteile.

Im größten deutschen Seehafen Hamburg läuft rund ein Drittel des Containerverkehrs im China-Geschäft. Würde ein großer Akteur wie Cosco seine Schiffe abziehen, wäre dies ein empfindlicher Schlag für den Hafen. "Für die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens ist die positive Entscheidung des Investitionsprüfverfahrens durch das Bundeskabinett von großer Wichtigkeit", sagte daher der Chef der Marketingorganisation des Hafens, Axel Mattern.

Die Folgen für die Koalition

Mit dem Kompromiss kann Scholz deutlich besser leben als Grüne und FDP, die die chinesische Beteiligung am Hafen-Terminal ganz stoppen wollten. Nach seinem Machtwort zur Schlichtung des Streits um den Atomausstieg zwischen den beiden kleineren Ampel-Partnern hat sich Scholz nun ein zweites Mal in einem wichtigen Streitpunkt weitgehend in seiner Koalition durchgesetzt. Scholz teilt die Sicherheitsbedenken von Grünen und FDP nicht und verweist gerne auf die gigantischen Ausmaße des Hamburger Hafens - von dem das betroffene Terminal nur einen kleinen Teil ausmache. Ökonom Langhammer sprach von einem "gesichtswahrenden Kompromiss für beide Seiten".

Ein kompletter Stopp des China-Deals hätte die Reise des Kanzlers zu dem vor einer weiteren Amtszeit stehenden Präsidenten Xi Jinping in der nächsten Woche schwer belastet - und das kurz vor einem wichtigen G20-Gipfel, bei dem es auch darum gehen wird, wie sich China zum Ukraine-Krieg positioniert.

Rufe nach neuer China-Politik

China spielt nicht nur als Absatzmarkt eine große Rolle für die deutsche Wirtschaft. Chinesische Firmen sind an vielen deutschen Firmen beteiligt oder haben sie übernommen, zum Beispiel den Roboterhersteller KUKA. Die Hürden für Übernahmeversuche in sensiblen Bereichen wurden in den vergangenen Jahren erhöht.

Allerdings sehen viele Politiker eine neue Lage durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine - und die Erfahrung, wie verwundbar Deutschland wegen der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen ist. Ein solcher Fehler dürfe nicht wiederholt werden, war ein Argument derjenigen, die den chinesischen Einstieg beim Hafenterminal verhindern wollten.

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) betonte, die Sache werfe "ein problematisches Licht auf die großen Abhängigkeiten einzelner deutscher Firmen von China". Vor allem bei einigen kritischen Rohstoffen dominiere China als Lieferant. "Diese Abhängigkeiten werden immer mehr zu einem politischen Risiko, weil eine militärische Invasion Taiwans durch China wahrscheinlicher geworden ist", so das IW.

In der Ampel werden nun Rufe nach Konsequenzen laut - mit dem Ziel, kritische Infrastruktur besser vor Investoren zu schützen, denen man nicht traut. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge verlangte eine "gemeinsame und kohärente China-Politik", die strategische Abhängigkeiten reduziere und nicht zementiere. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte: "Der Fall Cosco zeigt, dass die geltende Rechtslage nicht mehr zur geopolitischen Realität passt."

CSU-Vize Weber sieht Cosco-Deal als 'völlig falsches Signal'

Der CSU-Vize und Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, hat Kritik am Kompromiss zum Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen geübt. "Die Bundesregierung setzt mit ihren Entscheidungen zum Einstieg von Cosco beim Hamburger Hafen das völlig falsche Signal für ganz Europa", sagte der Vorsitzende der Mitte-Rechts-Fraktion im Europaparlament am Mittwoch. Ansatz sollte es sein, auf Reziprozität zu setzen. "Die chinesische Staatsführung würde europäischen Staatsfirmen nie erlauben, ihre Infrastruktur zu kaufen", erklärte Weber.

Das Argument möglicher Wettbewerbsnachteile will er nicht gelten lassen. Hamburg argumentiere, dass andere Häfen, bei denen Cosco beteiligt sei, bevorzugt würden. Genau dies spreche für ein europäisch abgestimmtes Vorgehen, sagte der CSU-Parteivize. Die SPD habe "aus ihrer Naivität bei Nord Stream 2 leider nicht gelernt".

Das Wirtschaftsministerium hatte zuvor bestätigt, dass sich das Bundeskabinett im Streit um den Cosco-Einstieg auf einen Kompromiss verständigt hat. Demnach können die Chinesen einen Anteil unterhalb von 25 Prozent an dem Containerterminal Tollerort erwerben. Ein weitergehender Erwerb oberhalb dieses Schwellenwerts werde untersagt. Cosco wollte ursprünglich einen Anteil von 35 Prozent erwerben.

Auf XETRA zeigt sich die HHLA-Aktie am Mittwoch zeitweise um 2,55 Prozent fester bei 12,08 Euro.

BERLIN (dpa-AFX)

Ausgewählte Hebelprodukte auf HHLA

Mit Knock-outs können spekulative Anleger überproportional an Kursbewegungen partizipieren. Wählen Sie einfach den gewünschten Hebel und wir zeigen Ihnen passende Open-End Produkte auf HHLA

NameHebelKOEmittent
NameHebelKOEmittent
Wer­bung

Bildquellen: HHLA

Nachrichten zu HHLA AG (Hamburger Hafen und Logistik)

Analysen zu HHLA AG (Hamburger Hafen und Logistik)

DatumRatingAnalyst
20.09.2023HHLA SellWarburg Research
17.05.2023HHLA SellWarburg Research
23.03.2023HHLA SellWarburg Research
17.02.2023HHLA HoldWarburg Research
17.05.2022HHLA HoldWarburg Research
DatumRatingAnalyst
17.11.2021HHLA KaufenNorddeutsche Landesbank (Nord/LB)
09.09.2021HHLA KaufenNorddeutsche Landesbank (Nord/LB)
12.08.2021HHLA BuyKepler Cheuvreux
25.05.2021HHLA buyKepler Cheuvreux
26.03.2021HHLA buyKepler Cheuvreux
DatumRatingAnalyst
17.02.2023HHLA HoldWarburg Research
17.05.2022HHLA HoldWarburg Research
21.10.2021HHLA HoldWarburg Research
22.09.2021HHLA HoldWarburg Research
16.08.2021HHLA HoldWarburg Research
DatumRatingAnalyst
20.09.2023HHLA SellWarburg Research
17.05.2023HHLA SellWarburg Research
23.03.2023HHLA SellWarburg Research
01.08.2018HHLA SellHauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA
22.05.2018HHLA SellHauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA

Um die Übersicht zu verbessern, haben Sie die Möglichkeit, die Analysen für HHLA AG (Hamburger Hafen und Logistik) nach folgenden Kriterien zu filtern.

Alle: Alle Empfehlungen

Buy: Kaufempfehlungen wie z.B. "kaufen" oder "buy"
Hold: Halten-Empfehlungen wie z.B. "halten" oder "neutral"
Sell: Verkaufsempfehlungn wie z.B. "verkaufen" oder "reduce"