Morgan Stanley-Stratege: Die "Bärenmarktrally" bereitet die Bühne für eine Korrektur an den Aktienmärkten
Ukraine-Krieg, hohe Inflationszahlen, explodierende Energiepreise, eine straffere Geldpolitik der US-Fed - das Marktumfeld für die Börsen ist aktuell mehr als schwierig. Dennoch gelang es den US-Indizes im letzten Monat kräftig zuzulegen. Warum diese Erholung jedoch nur von kurzer Dauer sein dürfte, erklärt Morgan Stanley-Experte Mike Wilson.
Werte in diesem Artikel
• Zahlreiche Faktoren lasten auf dem Umfeld der Aktienmärkte
• US-Indizes dennoch mit Erholungsrally
• Morgan Stanley sieht Korrektur voraus
Zahlreiche Faktoren lasten aktuell auf den Aktienmärkten weltweit. Dabei hat insbesondere die Invasion Russlands in die Ukraine für internationales Entsetzen gesorgt und kräftige Turbulenzen an den Börsen heraufbeschworen. Neben diesen geopolitischen Schwierigkeiten gibt es jedoch noch andere Punkte, die auf das gegenwärtige Sentiment drücken. Zu nennen wären da beispielsweise die hohe Inflation, die explodierenden Energiepreise sowie die Lieferengpässe, die Verbraucher und Wirtschaft gleichermaßen belasten. Dies hat mittlerweile auch die US-Notenbank Fed dazu veranlasst erstmals seit Ausbruch der Coronakrise an der Zinsschraube zu drehen. Im jüngsten Fed-Protokoll wurde außerdem deutlich, dass während der kommenden Sitzungen 50-Bp-Zinsschritte möglich seien sowie eine zügige Rückführung der Bilanzsumme angestrebt werde.
US-Indizes trotzen den negativen Nachrichten
Dennoch vermochten es die wichtigsten US-Indizes in den vergangenen vier Wochen kräftig zuzulegen. So konnte der US-Leitindex Dow Jones auf Monatssicht 4,2 Prozent zulegen, der marktbreite S&P 500 stieg derweil 5,8 Prozent. Für den Techwerte-Index NASDAQ Composite ging es unterdessen 6,6 Prozent nach oben.
Nur eine technische Erholung?
Wie kommt es also zustande, dass die Aktienmärkte trotz zahlreicher widriger Faktoren steigen? Dieser Frage stellte sich Morgan Stanley-Stratege Mike Wilson in der CNBC-Sendung "Fast Money" vor Kurzem. Seiner Meinung nach sollten sich Anleger nicht darauf verlassen, dass es mit dem positiven Trend so weiter gehe. Seiner Einschätzung habe es sich bei der jüngsten Erholung lediglich um einen technischen Rebound gehandelt, den er auch zuvor so vorhergesehen habe. Dieser sollte nun jedoch wieder vorbei sein: "Es hat alle Kennzeichen dessen, was ich als 'Bärenmarktrally' bezeichnen würde. Wir haben zu diesem Zeitpunkt mit einer Bärenmarktrally gerechnet. Die Dinge wurden überverkauft. Sie [die Rally] ist wahrscheinlich etwas höher ausgefallen als wir es erwartet hätten, insbesondere im S&P 500, aber der NASDAQ ist bereits wieder auf Widerstand gestoßen und an die 200-Tage-Linie zurückgeworfen worden."
Anleger sollten sich defensiv aufstellen
Aus diesem Grund rät der Marktexperte Anlegern dazu, sich defensiv aufzustellen. So befänden sich die Märkte bereits später im Zyklus als viele Anleger derzeit glauben würden. Dennoch gehe Wilson nicht davon aus, dass es noch in diesem Jahr zu einer Rezession kommen wird, allerdings sei es möglich, dass die Wirtschaft im nächsten Jahr in die Rezession fallen könne. Aus diesem Grund seien jetzt defensive Werte gefragt. "Man kann noch immer Geld in diesem Markt verdienen, aber das bedeutet, dass Sie auf stabile Einnahmen, Erreichbarkeit, operative Effizienz und diese Art langweilige Kennzahlen achten sollten, die in diesem Stadium der wirtschaftlichen Expansion funktionieren."
Mega-Cap-Aktien nur bedingt defensiv
Auf Nachfrage, ob Wilson auch die Mega-Cap-Aktien des S&P 500 und NASDAQ Composite zu diesen defensiven Titeln zählen würde, erklärte der Morgan Stanley-Stratege, dass einige dieser Titel "ganz sicher defensiv orientiert" seien und zudem "von hoher Qualität" seien. Dennoch gebe es auch innerhalb dieser Gruppe diejenigen, die "wahrhaftig" defensiv seien und andere, die dies nur vorgeben würden. Er gehe davon aus, dass sich viele dieser Tech-Titel in diesem Jahr zyklischer bewegen, als Anleger das vielleicht von ihnen erwarten würden. Ursache sei die durch die Corona-Pandemie hervorgerufene Rezession, der Wandel hin zur Arbeit im Homeoffice, etc. Aus diesem Grund sei Morgan Stanley Tech-Werten gegenüber neutral eingestellt und damit viel weniger optimistisch als viele andere Experten. So glaube Wilson, dass der aktuell gewünschte defensive Charakter eher in anderen Branchen zu finden sei, nämlich Gesundheit, Versorgung, Basiskonsumgüter sowie REITs.
Hier steht der S&P 500 bis Jahresende
Wie Morgan Stanley jüngst in einem Bericht, der CNBC vorliegt, erklärte, gehe die US-Investmentbank davon aus, dass der S&P 500 das Jahr 2022 bei rund 4.400 Punkten beenden dürfte. Aktuell zeigt sich das Börsenbarometer bei 4.446,59 Zählern. Allerdings gesteht Wilson in der Sendung "Fast Money", dass es auch noch die Möglichkeit gebe, dass die Bank mit ihrer Einschätzung falsch liege. So könne es beispielsweise als Katalysator für die Märkte fungieren, wenn die Fed ihre Geldpolitik doch nicht in dem Maß straffe, wie sie es bereits ankündigte. Dies sei jedoch angesichts der aktuell Inflation äußerst unwahrscheinlich. Die andere Möglichkeit liege in der anlaufenden Berichtssaison. Sollte diese besser als erwartet ausfallen, könne dies den Aktienmärkten ebenso einen Boost verschaffen.
Redaktion finanzen.net
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