Studie: Deutschland braucht mehr Tempo für Ziel der Klimaneutralität
Von Andrea Thomas
DOW JONES--Deutschland muss seine Anstrengungen zum Erreichen der Klimaneutralität deutlich verstärken und gehört aktuell nicht zur Gruppe der internationalen Spitzenreiter. In einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung liegt Deutschland im Ranking von 30 Staaten der Europäischen Union (EU) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auf Platz sieben. Es müsste seine Anstrengungen insbesondere bei der Energiewende und beim Übergang zu einer zirkulären Wirtschaft verstärken, um die eigenen Klimaziele zu erreichen. Das Fortschrittsmonitoring der Bertelsmann Stiftung hat die Effektivität der Politikansätze bei Klimaschutz, Energiewende und zirkulärer Wirtschaft untersucht.
Unter den 30 verglichenen Ländern sind Schweden, Finnland, Spanien und Dänemark am besten aufgestellt. Es folgen das Vereinigte Königreich, Frankreich und schließlich Deutschland, das gemeinsam mit Lettland und Portugal auf dem siebten Rang liegt.
Um zu den Vorreiterstaaten aufzuschließen, müsste Deutschland insbesondere Fortschritte bei der Planung der Energiewende machen, so das Fazit der Studie. Denn hier liegt Deutschland der Untersuchung zufolge nur auf dem 15. Platz. Besonders mangele es an der Koordinierung bei der Modernisierung des Stromnetzes. Auch bei der Vorbereitung des Übergangs zur zirkulären Wirtschaft bräuchte es entsprechende Aktionspläne und die Bereitstellung geeigneter Indikatoren.
"Im Ländervergleich zum Fortschritt beim Klimaschutz, der Energiewende und der zirkulären Wirtschaft ist Deutschland nach wie vor gut positioniert. Um die Vorreiterstaaten zu erreichen, müssten Ziele und Maßnahmen im Bereich der Energiewende und der zirkulären Wirtschaft allerdings besser aufeinander abgestimmt werden", sagte Christof Schiller, Governance-Experte der Bertelsmann Stiftung und Leiter des Projekts zu den Sustainable Governance Indicators (SGI).
Bei der Teilkategorie klimapolitische Rahmenvorgaben zur Erreichung der Klimaneutralität im Jahr 2045 liegt Deutschland ebenfalls auf dem 7. Rang. Im Ländervergleich werde Deutschlands klimapolitische Gesamtstrategie zwar größtenteils ambitioniert bewertet, wie etwa die rechtsverbindlichen Klimaschutzziele wie die jährlichen Emissionsgrenzwerte und das Verfahren zu Einhaltung der Ziele. Es bleibe jedoch abzuwarten, wie sich die Klimaschutznovelle auf das Erreichen der Klimaziele auswirken wird. Die beste Ausgangsposition, die Klimaziele zu erreichen, habe derzeit noch Schweden.
Nur Mittelfeld bei Dekarbonisierung des Energiesystems
Bei der zweiten Teilkategorie - der Dekarbonisierung des Energiesystems - liegt Deutschland im Ländervergleich lediglich auf Platz 15. "Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern und der Einstieg in neue Technologien kommt nicht schnell genug voran. Besonders schwer wiegt die schleppende Modernisierung des Stromnetzes", erklärte Bertelsmann. Anders als Deutschland sei Dänemark hier auf einem guten Weg, eine emissionsfreie Energieerzeugung bis Mitte des Jahrhunderts zu erreichen. Denn politische Ziele, Institutionen, Instrumente und Infrastrukturen seien effektiv aufeinander abgestimmt, wie Thorsten Hellmann, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung erklärte.
In der dritten Teilkategorie Kreislaufwirtschaft liegt Deutschland mit seinen Anstrengungen hin zu einer zirkulären Wirtschaft auf dem 8. Platz. Zwar habe Deutschland eine Kreislaufwirtschaftsstrategie verabschiedet. Allerdings fehlten klare Aktionsziele, Zwischenziele und ein Monitorings- und Evaluationssystem. Besser vorbereitet auf den Übergang erscheinen derzeit vor allem Finnland und Schweden, so das Ergebnis der Studie.
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December 16, 2024 23:00 ET (04:00 GMT)