Starke Belastung

Bundesbank: Kleine Banken rechnen wegen Niedrigzins mit weniger Überschuss

30.08.17 11:10 Uhr

Bundesbank: Kleine Banken rechnen wegen Niedrigzins mit weniger Überschuss | finanzen.net

Die kleinen und mittelgroßen Kreditinstitute in Deutschland rechnen laut einer Erhebung der Bundesbank damit, dass das Niedrigzinsumfeld in den nächsten fünf Jahren Gewinn und Kapitalrentabilität stark belasten wird.

Laut Bundesbank sind sie aber in Bezug auf die Gesamtkapitalrentabilität nicht mehr so pessimistisch wie vor zwei Jahren. Sie wollen ihre Ausstattung mit hartem Kernkapital erhöhen und sind Fusionen gegenüber aufgeschlossen.

   Nach Mitteilung der Bundesbank erwarten die Banken und Sparkassen auf Grundlage ihrer eigenen Plan- und Prognosedaten, dass ihr Jahresüberschuss vor Steuern im Jahr 2021 um 9 Prozent unter dem Wert von 2016 liegen wird. Da die Institute gleichzeitig mit einer steigenden Bilanzsumme rechnen, dürfte die Gesamtkapitalrentabilität um 16 Prozent - von 0,51 auf 0,43 Prozent - sinken. Bei der Umfrage im Jahr 2015 hatten Banken und Sparkassen noch einen Rückgang um 25 Prozent prognostiziert.

Provisionsgeschäft gleicht Verluste bei Zinsüberschuss fast aus Laut Bundesbank werden zu der erwarteten Verringerung der Gesamtkapitalrentabilität von 0,51 auf 0,43 Prozent niedrigere Zinsergebnisse 0,27 Prozentpunkte beitragen. Mit 0,24 Punkten positiv wirken dagegen höhere Provisionseinnahmen. "Man rechnet also damit, dass der Anstieg beim Provisionsüberschuss den Rückgang im Zinsergebnis fast ausgleichen kann", konstatierte der im Vorstand der Bundesbank für Bankenaufsicht zuständige Andreas Dombret in einer Pressekonferenz.

   Nach seiner Einschätzung haben die Institute bereits begonnen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, die aber noch nicht ausreichen. "Für eine Kehrtwende bei der Ertragslage sind weitere Anstrengungen nötig, sonst sinkt das Ergebnis weiter wie in den vergangenen Jahren", warnte Dombret. Zwar planten die deutschen Kreditinstitute wieder etwas optimistischer, allerdings bedeutet dieses Ergebnis nur, dass sich die Ertragslage - ausgehend von einem niedrigeren Niveau - weniger schnell verschlechtert als noch vor zwei Jahren angenommen. Die durch niedrige Zinsen verursachte Durststrecke sei längst noch nicht überstanden.

   Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) berät am 7. September über den Fortgang ihrer Geldpolitik, die die maßgebliche Ursache der niedrigen Zinsniveaus ist. Beobachter erwarten, dass der Rat eine weitere Verringerung der Anleihekäufe beschließen wird. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat kürzlich gefordert, das Programm möglichst rasch zu beenden.

   Die Bundesbank hat für die Studie die rund 1.500 kleinen und mittelgroßen Kreditinstitute befragt, die unmittelbar unter nationaler Aufsicht stehen. Diese umfassen rund 88 Prozent aller Kreditinstitute in Deutschland sowie rund 41 Prozent der aggregierten Bilanzsummen.

Bafin: Gute Kapitalisierung ist für Banken hilfreich Laut Bundesbank sind deutsche Institute überwiegend gut kapitalisiert. "Die gute Kapitalausstattung der meisten Institute hilft dabei, die Effekte aus dem Niedrigzinsumfeld abzufedern", stellte Raimund Röseler, Exekutivdirektor für Bankenaufsicht bei der Bankenaufsicht Bafin, fest.

   Die Bundesbank hat mit Hilfe der erhobenen Daten außerdem simuliert, wie sich Überschuss und Gesamtkapitalrentabilität der Institute bei unveränderten Zinsen bis 2021, bei weiter sinkenden Zinsen sowie bei steigenden Zinsen entwickeln würden. Bei unveränderten Zinsen droht ihnen laut Bundesbank ein Rückgang der Gesamtkapitalrendite um 40 Prozent, bei einer Senkung des Zinsniveaus um weitere 100 Basispunkte wären es mehr als 50 Prozent.

Zinsanstieg würde zunächst zu Gewinneinbrüchen führen Portfolioanpassungen im Rahmen einer dynamischen Bilanzannahme könnten diesen Effekt entsprechend mildern. Die rückläufige Gesamtkapitalrentabilität in den Szenarien wäre vor allem auf den Rückgang der Margen auf der Passivseite zurückzuführen, zum Beispiel bei den Spar- und Sichteinlagen.

   Bei einem Zinsanstieg um 200 Basispunkte wäre zunächst mit Gewinneinbrüchen aufgrund von Wertberichtigungen zu rechnen. "Mittel- bis langfristig würden sich die Gewinne aber wegen steigender Margen über das Niveau von 2016 hinaus erholen", prognostiziert die Bundesbank.

   Insgesamt planen die Institute mit einem Anstieg ihrer harten Kernkapitalquote von 15,9 auf 16,5 Prozent bis zum Jahr 2021. Dabei geht jedoch ein Drittel der Institute für die kommenden fünf Jahre von einem Rückgang der harten Kernkapitalquote aus. Der Rückgang beruht vor allem auf der stärkeren Zunahme der risikogewichteten Aktiva, was neben einem wachsenden Geschäftsvolumen auch dadurch bedingt sein kann, dass die Institute dann risikoreichere Geschäfte eingehen.

   "Das sollte man nicht überdramatisieren, weil die harten Kernkapitalquoten im Durchschnitt ja steigen. Die Institute, die mit einem Rückgang rechnen, können durchaus solche sein, die auskömmlich kapitalisiert sind", sagte Dombret dazu.

Jede zehnte Bank plant oder befindet sich in Fusion Im Rahmen der Umfrage wurden die Institute auch nach der Wettbewerbssituation auf dem deutschen Bankenmarkt gefragt. Sie rechnen weiterhin mit starker Konkurrenz durch andere Banken in ihrer Region und durch FinTechs. "Mehr als 70 Prozent der befragten Institute sehen sich aktuell einem höheren Wettbewerbsdruck ausgesetzt als noch vor zehn Jahren", sagte Bundesbank-Vorstand Dombret. Vor diesem Hintergrund gab laut Dombret jedes neunte Institut an, sich schon in einem Fusionsprozess zu befinden oder eine Fusion konkret zu beabsichtigen.

   45 Prozent der Institute können sich zudem vorstellen, in den nächsten fünf Jahren zu fusionieren, wobei sie sich überwiegend als Übernehmer sehen. Dieses Ergebnis hatte die Bundesbank Dombret zufolge nicht erwartet. "Ich entnehme dem, dass der Stigmaeffekt, den Übernahmen und Fusionen in Deutschland mal gehabt haben, nicht mehr existiert", sagte er.

    FRANKFURT (Dow Jones)

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