ifo: Corona-Rezession stellt Finanzkrise in den Schatten
Die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise übertrifft nach Einschätzung des Münchner ifo-Instituts als jene der Jahre 2008/09.
"Die Corona-Krise stellt tatsächlich die globale Finanzkrise ziemlich in den Schatten", sagte Institutspräsident Clemens Fuest anlässlich der ifo-Jahresversammlung. Die Situation sei extremer, auch wenn das genaue Ausmaß aktuell noch nicht absehbar sei.
Der Ökonom beruft sich auf Umfragen, wonach die deutschen Unternehmen einen durchschnittlichen Umsatzrückgang von 20 Prozent erwarten. Besonders pessimistisch seien dabei Kleinunternehmen mit einem befürchteten Minus von 30 Prozent. In seiner Wachstumsprognose vom Mai rechnet das ifo-Institut mit einem Schrumpfen der deutschen Wirtschaft um 6,6 Prozent.
21,7 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit
Im Vergleich zur Finanzkrise 2008 seien auch die Anträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA in der Corona-Krise drastisch gestiegen, so Fuest. "Das ist eine völlig andere Dimension." Nach ifo-Schätzungen sind in Deutschland 21,7 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten von Kurzarbeit betroffen. Es sei offen, wie es hier weitergehe - ob die Kurzarbeit wieder ende und so Arbeitsplätze rette oder in Firmenpleiten oder den Verlust von Jobs münde, sagte der ifo-Präsident. "Dann wären wir sicher in einer ganz anderen Situation."
Sorgen machen dem Ökonom auch die drastisch angestiegenen Staatsschulden. Die Geldpolitik habe ihr Pulver weitgehend verschossen: "Vor der Finanzkrise waren die Refinanzierungszinsen für die Banken in Europa noch etwa bei 4 Prozent. Heute sind sie bei null." Da gebe es nichts mehr zu senken. Zwar gebe es den Lichtblick, dass die Zinsen auf Staatsschulden niedriger seien. Dennoch sei mit Blick auf die Fiskal- und Geldpolitik eine Stabilisierung schwieriger.
China fällt als Stabilisator aus
Zudem habe 2008 und 2009 Peking noch mit sehr vielen Investitionen auf die Finanzkrise reagiert, was die Weltwirtschaft stabilisiert habe. Das chinesische Leistungsbilanzsaldo sank um 4 Prozent in der Finanzkrise. Doch in der Corona-Krise werde China diese Pufferfunktion nicht spielen können, mutmaßt Fuest. "Die Frage ist, wird das chinesische Wachstum überhaupt noch positiv oder wird es schrumpfen?"
Wirklich dramatisch würde die Lage laut ifo aber erst, sollte es zu einer zweiten Infektionswelle kommen. Dazu verwies der Ökonom auf die jüngste OECD-Prognose. Demnach könnte das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone um 11,5 Prozent schrumpfen, das der OECD-Länder um 9,3 Prozent, sollte es erneut zu einer massiven Verbreitung des Coronavirus kommen.
DJG/pso/cbr
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