Siemens Energy schockt mit Prognosesenkung - Aktie bricht zweistellig ein
Der Windanlagenbauer Siemens Gamesa bleibt das Sorgenkind des Energietechnikkonzerns Siemens Energy.
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Die in Spanien beheimatete Tochter kämpft weiter mit Lieferkettenproblemen, explodierenden Kosten, Projektverzögerungen und Mängeln mit ihrer neuen Landturbine. Siemens Gamesa Renewable Energy SA musste deswegen gleich zu Beginn des neuen Geschäftsjahres 2021/22 den Ausblick senken. Auch die Mutter Siemens Energy kann deswegen ihre Prognose nicht halten, sie stellt nun auch die Mittelfristziele infrage.
Es ist nicht das erste Mal, dass Siemens Gamesa seine Erwartungen nicht halten kann und Siemens Energy damit nach unten zieht. Zuletzt hatte die Windturbinentochter im vergangenen Sommer die Ziele erheblich gesenkt - die Probleme waren dabei dieselben. Vom Analysehaus Oddo BHF hieß es, diese Gewinnwarnung von Gamesa sei nun eine zu viel.
Die Windkraftbranche sei derzeit "nicht investierbar", notierte JPMorgan-Analyst Akash Gupta mit Blick auf die hohen Kosten und die damit verbundenen Unsicherheiten. Nach einem voraussichtlich dritten operativen Verlustjahr in Folge bei Siemens Gamesa richte sich der Blick zudem immer stärker auf die Bilanz des Unternehmens.
Es sei erneut die Schwäche der Windkrafttochter und deren Gewinnwarnung, die das Zahlenwerk der Energietechnikmutter verhagelt habe, monierte UBS-Analystin Supriya Subramanian. Die Energy-Sparte Gas and Power sei indes nach wie vor solide und das bereinigte operative Ergebnis (Ebita) im ersten Geschäftsquartal 2021/22 habe hier die Erwartungen übertroffen.
Die Nachrichten seien "weiter enttäuschend", räumte auch Siemens-Gamesa-Chef Andreas Nauen am Freitag in einer Analystenkonferenz ein. So hielten die Probleme in der Lieferkette an und führten zu erheblichen Kostensteigerungen. Anders als ursprünglich angenommen geht Nauen inzwischen nicht mehr davon aus, dass sich die Lage in der zweiten Geschäftsjahreshälfte entspannen wird. Kunden würden zudem Entscheidungen über neue Projekte verschieben, erklärte er. Die Probleme betreffen dabei weiterhin vor allem das Geschäft mit der Windenergie an Land (Onshore). Zudem macht die neue Turbine 5X, in die Siemens Gamesa große Hoffnungen setzt, weiterhin technische Probleme.
Die Schwierigkeiten belasteten das operative Ergebnis im am 31. Dezember beendeten ersten Quartal in Summe mit 289 Millionen Euro, wie Siemens Gamesa am Vorabend mitgeteilt hatte. Dadurch rutschte das Unternehmen vorläufigen Berechnungen zufolge mit 309 Millionen Euro beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) wieder deutlich in die Verlustzone. Im Vorjahresquartal war der Windanlagenbauer noch mit 121 Millionen Euro in die Gewinnzone zurückgekehrt. Die Erlöse lagen im abgelaufenen Quartal mit rund 1,8 Milliarden Euro ebenfalls deutlich unter dem Vorjahreswert von 2,3 Milliarden Euro.
Gamesa-Chef Nauen kündigte weitere Maßnahmen zur Stabilisierung des Onshore-Geschäfts an. So dringt der Konzern derzeit bei Kunden auf Vertragsanpassungen, um die hohen Kosten aufzufangen - und damit auf Preiserhöhungen. Ein Problem dabei sind jene Verträge, die Projekte zu einem Fixpreis garantieren. Das Geschäft mit Windturbinen auf See hat zwar ebenfalls mit Engpässen bei der Lieferkette zu kämpfen, liefere aber wie das Servicegeschäft weiter positive Beiträge.
Trennen will sich Gamesa vom seit Jahren schwächelnden Geschäft mit Landanlagen nicht - zumindest derzeit. Im Konzern gibt es zwar durchaus "von Zeit zu Zeit" Überlegungen zu "Alternativen", wie Nauen auf Nachfrage eines Analysten einräumte. Gleichzeitig verwies er aber auf das umfangreiche und margenstarke Servicegeschäft im Zusammenhang mit diesen Anlagen, weshalb das Thema immer von "zwei Seiten" zu betrachten sei. Die Sanierung des Bereichs soll vorangetrieben werden. Dabei zeigte sich Nauen weiter zuversichtlich, das verlustreiche Geschäft bis 2024 oder 2025 wieder in die Spur zu bringen.
Die Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende September) lässt sich trotzdem nicht mehr halten. So geht Siemens Gamesa nun von einem Umsatzrückgang um zwei bis neun Prozent aus. Zuvor hatte das Management im besten Fall ein leichtes Plus von zwei Prozent erwartet. Die bereinigte Ebit-Marge wird nun bei minus vier bis plus einem Prozent erwartet, zuvor waren noch plus eins bis vier Prozent anvisiert.
Aus diesem Grunde musste auch Siemens Energy zurückrudern: Durch die Probleme bei Siemens Gamesa fielen die Erstquartalszahlen deutlich schlechter aus als von Analysten zuvor geschätzt. Beim um Sondereffekte bereinigten operativen Ergebnis (Ebita) verbuchte Energy einen Verlust von 63 Millionen Euro. Analysten hatten im Mittel ihrer Schätzungen mit einem Gewinn von 153 Millionen Euro gerechnet. Auch der Umsatz fiel deutlich niedriger aus als erwartet. Dabei habe sich das Energietechnikgeschäft Gas and Power "sehr solide" entwickelt, hieß es von Energy. Die Prognose der Sparte für das laufende Jahr wurde bestätigt.
Energy erwartet jedoch für den Gesamtkonzern für 2021/22 nur noch eine vergleichbare Umsatzentwicklung von minus zwei bis plus drei Prozent anstatt der bisherigen Bandbreite von minus einem bis plus drei Prozent. Ausgeklammert sind dabei Währungseffekte sowie Zu- und Verkäufe. Die bereinigte Ebita-Marge soll nun um zwei bis vier Prozent wachsen - nach zuvor in Aussicht gestellten drei bis fünf Prozent. Und auch die Mittelfristprognose steht auf dem Prüfstand: Für das Geschäftsjahr 2023 hatte das Management bislang eine bereinigte Ebita-Marge von 6,5 bis 8,5 Prozent auf dem Zettel.
Weitere Details will Siemens Energy am 9. Februar veröffentlichen. Zuvor nennt Siemens Gamesa am 3. Februar weitere Einzelheiten, auch über weitere Maßnahmen zur Stabilisierung des Onshore-Geschäfts sowie über das Verfahren bei der neuen Landturbine 5X.
Die Aktie der im DAX notierten Siemens Energy brach letztlich via XETRA um mehr als 16,63 Prozent ein auf 19,13 Euro. Die Siemens Gamesa-Aktie büßte in Madrid derweil 14,04 Prozent auf 16,29 Euro ein.
/nas/tav/mis
ZAMUDIO/MÜNCHEN (dpa-AFX)
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