Shortseller Hindenburg Research lässt Standard Lithium-Aktie abstürzen
Vergangenen Donnerstag veröffentlichte Hindenburg Research einen Bericht, in dem der Leerverkäufer kaum ein gutes Haar am kanadischen Unternehmen Standard Lithium lässt. Das Unternehmen selbst wehrt sich gegen die Vorwürfe des Shortsellers.
Werte in diesem Artikel
• Hindenburg Research: Standard Lithium ist nicht der erste Lithium-Player, der auf DLE stößt
• Geistiges Eigentumsportfolio von Standard Lithium bestehe aus nur drei Patentanmeldungen
• Shortseller übt Kritik an Gründer & Führungsteam
Hindenburg Research weist in seinem Bericht zunächst darauf hin, dass Lithium seit langem ein wichtiges Metall sei, aber in letzter Zeit durch die Umstellung auf Elektromobilität besonders spannend geworden sei. Das Energieministerium schätze laut dem Leerverkäufer, dass der globale Lithium-basierte Batteriemarkt bis 2030 um das 5- bis 10-fache wachsen könnte. Vor diesem Hintergrund habe das Extraktionsunternehmen Standard Lithium versprochen, die Antwort zu sein. "Obwohl das Unternehmen keine Einnahmen, unerprobte Technologie und ein Team mit erfahrenen Aktien-Promotern hat, stieg es im Juli 2021 von der OTC an die NYSE auf und ist auf dem EV-getriebenen Hype bis zu einer Marktkapitalisierung von ungefähr 1,2 Milliarden US-Dollar geritten", so Hindenburg Research in seinem Report.
DLE-Technologie
Der enorme Anstieg des Aktienkurses sei durch den Anspruch von Standard Lithium angetrieben worden, ein Pionier in der "Direkt-Lithium-Extraktion" oder kurz DLE zu sein. Standard Lithium behaupte, dass das DLE-Verfahren es dem Unternehmen ermögliche, Lithium in Stunden zu extrahieren, während der überwiegende Teil des aus mineralreichen Solen gewonnenen Lithiums derzeit durch Verdunstungsteiche geleitet werde, was Monate dauern könne und große Flächen erfordere. Das DLE-Verfahren benötige daneben weitaus weniger Land und minimiere den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens. "Der Schlüssel zum Projekt von Standard ist sein "LiSTR"-Extraktionsprozess, der laut CEO Robert Mintak von größter Bedeutung ist", so Hindenburg Research. Wie der Shortseller in seinem Report schreibt, behaupte Standard Lithium, sein Arkansas-Projekt sei das "größte und fortschrittlichste" Lithium-Sole-Projekt in den USA. Wenn es erfolgreich sei, könnte die kommerzielle Ausweitung seiner Technologie in Arkansas das Unternehmen zu einem "globalen Schaufenster" für die Branche machen. Diese "kühnen Behauptungen", wie Hindenburg Research sie nennt, hätten die Unternehmenspartnerschaften mit LANXESS sowie einer Tochtergesellschaft von Koch Industries an Land gezogen.
In seinem Report weist Hindenburg Research jedoch darauf hin, dass Standard Lithium nicht der erste Lithium-Player sei, der auf DLE stößt. Bereits in den 1970er Jahren hätten führende Industrieunternehmen wie Dow Patente zur direkten Lithiumextraktion eingereicht. Obwohl die Technologie in den 70ern nie kommerzielle Ausmaße erreicht habe, versuchten sich in den vergangenen Jahren erneut einige Unternehmen an DLE - so zum Beispiel Albemarle, einer der größten Lithiumproduzenten der Welt. Doch das Unternehmen habe das Projekt zurückgestellt und auch einige Experten zeigten sich laut Hindenburg Research skeptisch. So schätze Ed Andersen, Präsident der Tru Group, einem Ingenieurbüro mit Expertise in der Lithiumgewinnung, dass es derzeit über 150 Lithium-Sole-Projekte in den USA gebe, die meisten jedoch zum Scheitern verurteilt seien, wie der Leerverkäufer in seinem Report schreibt. Dennoch habe Standard Lithium den Markt dazu gebracht zu glauben, dass es das Unternehmen sein wird, das profitables DLE erfindet. So habe CEO Robert Mintak bei CNBC behauptet, dass Standard Lithium über die "Technologie zur Erschließung" der "weltweit bedeutenden" Lithium-Sole-Ressource in Arkansas verfüge.
Nur drei Patente
Wie Hindenburg Research in seinem Bericht schreibt, behaupte Standard Lithium, seine Pilotanlage verwende "proprietäre fortschrittliche Verarbeitungstechnologien". Der Extraktionsprozess werde als "modernste LiSTR-Lithium-Direktextraktionstechnologie" beschrieben - LiSTR stehe für Lithium Stirred Tank Reactor, ein gängiges Gerät, das in der chemischen Verarbeitung verwendet wird.
Der Shortseller erklärt in seinem Report jedoch, das geistige Eigentumsportfolio von Standard Lithium überprüft und festgestellt zu haben, dass es lediglich aus drei Patentanmeldungen bestehe, die das Unternehmen 2018 erworben habe. Diese würden die Grundlage des Ionenaustausch-DLE-Prozesses von Standard bilden. Diese drei Patente seien den Recherchen des Leerverkäufers zufolge von Craig Brown entwickelt worden, dem Eigentümer eines kleinen Ingenieurbüros namens Chemionex, das nur einen Mitarbeiter auf LinkedIn liste, nämlich Brown selbst.
Daneben weist Hindenburg Research darauf hin, dass keines der drei von Brown entwickelten Patente eine Zulassung vom United States Patent and Trademark Office (USPTO) erhalten habe. Eines der drei sei noch nicht rezensiert, während die anderen beiden vom USPTO als "nicht patentierbar" eingestuft worden seien.
Mehr Geld für Werbung & IR als für Forschung und Entwicklung
Trotz der Behauptungen über die angeblich revolutionäre Technologie habe Standard Lithium laut Hindenburg Research bisher nur etwa 1,7 Millionen Kanadische Dollar für Forschung und Entwicklung ausgegeben, während es über 5 Millionen Kanadische Dollar für "Werbung und Investor Relations" eingesetzt habe. So habe Standard Lithium praktisch nichts in Forschung und Entwicklung investiert und stattdessen viel mehr für "Investor Relations"-Dienste ausgegeben, um den Investoren mitzuteilen, wie großartig seine Technologie sei, erklärt der Shortseller in seinem Bericht. Derweil verfügten die meisten Unternehmen, die angeben, über revolutionäre Technologie zu verfügen, auch über solide R&D-Budgets, die für die tatsächliche Entwicklung der revolutionären Technologie vorgesehen seien, so Hindenburg Research. Standard Lithiums R&D-Budget sei laut dem Leerverkäufer im Geschäftsjahr 2021 dagegen auf null gesunken.
Kritik an Gründer & Führungsteam
In seinem Report nimmt Hindenburg Research auch die Gründer und das Führungsteam von Standard Lithium unter die Lupe. Standard Lithium-CEO Robert Mintak, der sich selbst als "Pionier im sich schnell entwickelnden Lithium-Bereich" bezeichne, verbringe laut dem Leerverkäufer einen Großteil seiner Zeit mit Interviews, der Teilnahme an Konferenzen und Auftritten bei CNBC. Vor seiner Zeit bei Standard Lithium habe Mintak bei einer Drei-Personen-Aktien-Promotions-Firma gearbeitet und sei an fast einem Dutzend gescheiterter börsennotierter Unternehmen beteiligt gewesen. Mintaks Partner aus der IR-Firma stehe laut Hindenburg derzeit vor einer Untersuchung der Wertpapierkommission zu Anschuldigungen einer nicht offengelegten Aktienförderung bei einem gescheiterten Lithium-Bergbauunternehmen. "Viele der Unternehmungen von Mintak, an denen oft Jeremy Poirier beteiligt war, erlebten einen kometenhaften Anstieg des Aktienkurses auf der Grundlage der bezahlten Aktien-Werbung, nur um bei großen Ausverkäufen genauso schnell zusammenzubrechen", schreibt der Shortseller in seinem Report und nennt als Beispiele für diese Fälle die Unternehmen Environmental Control, American Graphite, Dussault Apparel und Pure Energy Minerals. Nun wirft Hindenburg auch Standard Lithium vor, Teil eines langjährigen Programms zur Verkaufsförderung von Aktien von CEO Robert Mintak zu sein. Standard Lithium wurde laut Hindenburg Research in Dutzenden von Werbeartikeln, Interviews und Forschungsarbeiten vorgestellt - die große Mehrheit davon seien bezahlte Werbeartikel. Zu Standard Lithiums Netzwerk von über 15 Aktienpromotern gehören laut dem Shortseller auch Market One Media Group, Rich TV, Baystreet.ca, Mining.com, Epstein Research, AllPennyStocks.com, Critical Investor, NetworkNewsWire, The Cantech Letter, InvestorIntel, FN Media und Investing Nachrichten-Netzwerk. Diese Firmen würden oft veröffentlichen, was für den außenstehenden Beobachter als unvoreingenommene Aktienberichterstattung oder Finanznachrichten erscheinen möge - das Kleingedruckte zeige jedoch, dass der Inhalt nur bezahlte Werbung für die Aktien von Standard Lithium sei.
Weitere Kritikpunkte
Neben Hindenburg Researchs Sorgen um wertlose Technologie, die bezahlte Werbung für Aktien und die Erfolgsbilanz der Führungskräfte von Standard Lithium habe der Shortseller außerdem "zwei nicht bekannt gegebene Grundstücksgeschäfte mit verbundenen Parteien aufgedeckt, die zu Beginn der Existenz von Standard Lithium stattgefunden haben." Keine dieser Übernahmen scheine den Aktionären zugutegekommen zu sein, aber jede habe zu einem Gewinn in Höhe von mehreren Millionen Dollar an Bargeld und Aktien für die nicht genannten Zwischenhändler geführt. Hindenburg Research vermutet, dass diese Aktien bei Insidern und ihren verbundenen Unternehmen gelandet sind.
Daneben weist der Leerverkäufer in seinem Bericht darauf hin, dass er der Meinung sei, dass Standard Lithiums Partner Koch "rote Fahnen verpasst und in seiner Eile, Kapital einzusetzen, beiseiner Sorgfaltspflicht versagt" habe. Ein weiterer Standard Lithium-Partner, LANXESS, glaube zudem, dass Standard den "Proof of Concept" des Projekts noch beweisen müsse, wie Hindenburg unter Berufung auf einen LANXESS-Sprecher berichtet.
Standard Lithium wehrt sich gegen Shortseller-Report
Das in Vancouver ansässige Unternehmen, Standard Lithium, wehrt sich in einer Pressemitteilung gegen "den falschen und irreführenden Bericht […] von Hindenburg Research" und erklärt, dass das Unternehmen der Ansicht sei, "dass der Bericht eindeutig Hindenburg Research zugutekommen soll, das selbst offengelegt hat, dass es im Falle eines Rückgangs des Aktienkurses von Standard Lithium davon profitieren wird." Standard Lithium warnt Anleger deshalb davor, Entscheidungen auf Grundlage des Hindenburg-Berichts zu treffen, und "ermutigt sie stattdessen dringend, glaubwürdige und informierte Quellen zu konsultieren, einschließlich der von Standard Lithium bei den kanadischen Wertpapieraufsichtsbehörden und der U.S. Securities and Exchange Commission eingereichten Unterlagen, bevor sie Investitionsentscheidungen treffen."
Standard verteidigt in seiner Pressemitteilung von vergangenem Freitag außerdem seinen CEO Mintak und erklärt, er habe "ein großes und dynamisches Team mit einem breiten und vielfältigen Kompetenzspektrum aufgebaut." Unter der Führung von Mintak verfolge das Management eine klare Strategie, die darin bestanden habe, "eine große Vermögensbasis in einer Region aufzubauen, die die Projektentwicklung unterstützt, und eine maßgeschneiderte DLE-Technologie zu entwickeln und deren Risiken zu verringern, die mit Standard Lithiums und den Lithium-Sole-Anlagen seiner Partner eingesetzt werden kann", so das Unternehmen. Laut Standard Lithium haben das Management und das gesamte Team bereits erhebliche Fortschritte erzielt. Mehrere Scale-ups der Technologie seien abgeschlossen worden, die Demonstrationsanlage in Arkansas werde seit Mai 2020 erfolgreich betrieben und das Projekt sei in Richtung Kommerzialisierung vorangetrieben worden, so Standard Lithium. Das Management habe daneben in den letzten fünf Jahren mit mehreren strategischen Partnern eine bedeutende Vermögensbasis beschafft und entwickelt.
Daneben wehrt sich Standard Lithium gegen Hindenburg Researchs Aussagen bezüglich der Patente. Das Unternehmen erklärt in seiner Pressemitteilung, dass alle seine Patentanmeldungen aktiv seien und weiterhin im normalen Rahmen verfolgt würden. Das Unternehmen habe "einen routinemäßigen und etablierten Prozess für die Anmeldung von Patentrechten in den Vereinigten Staaten, der verschiedene Überprüfungs-, Antwort- und Verfeinerungsebenen" umfasse. Darüber hinaus habe das Unternehmen "parallele PCT-Anmeldungen in Bezug auf diese Erfindungen anhängig gemacht, durch die es Patentrechte außerhalb der Vereinigten Staaten erlangen möchte."
Auch mit den Zahlen, die Hindenburg Research in seinem Bericht bezüglich der Kosten für R&D nennt, ist Standard Lithium nicht zufrieden. Während der Shortseller in seinem Report behauptet, dass das Unternehmen nur etwa 1,7 Millionen Kanadische Dollar für Forschung und Entwicklung ausgegeben habe, erklärt Standard Lithium in seiner Pressemitteilung, dass diese Zahl falsch sei, da sie weder die 29.409.930 Kanadischen Dollar, die für die verschiedenen aktivierten Pilot- und Demonstrationsanlagen ausgegeben wurden, noch die 6.932.598 Kanadischen Dollar, die für Betriebskosten in den Pilot- und Demonstrationsanlage ausgegeben wurden, enthalte.
Abschließend erklärt Standard Lithium, es sei bestrebt, seine Projekte in Zusammenarbeit mit seinen strategischen Partnern zu entwickeln und sei zuversichtlich für seine Lithiumextraktionstechnologie und Demonstrationsanlage. Das Unternehmen werde sich weiterhin auf die Umsetzung seiner strategischen Pläne und Fortschritte in Richtung endgültiger Machbarkeit und Kommerzialisierung in der Anlage von LANXESS konzentrieren - den Bericht werde Standard Lithium derzeit nicht weiter kommentieren.
Standard Lithium-Aktie sackt nach Hindenburg-Report ab
Während die Standard Lithium-Aktie den Handel an der NYSE am vergangenen Mittwoch noch bei 7,25 US-Dollar beendet hatte, fiel sie am Donnerstag letztlich um 27,59 Prozent auf 5,25 US-Dollar. Im Tagestief war sie sogar um 28,41 Prozent auf 5,19 US-Dollar abgerutscht. Am Freitag konnte sie sich dann wieder etwas von ihren deutlichen Verlusten erholen und kletterte bis zum Handelsende auf 6,27 US-Dollar.
Redaktion finanzen.net
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