Scholz will Neuwahlen und neues Mandat für mehr Investitionen

16.12.24 13:41 Uhr

Von Andrea Thomas

DOW JONES--Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt, um vorgezogene Neuwahlen zu erreichen. Es gehe um eine grundlegende Entscheidung über den politischen Kurs im Land, die vom Wähler entschieden werden müsse. Er wolle mehr Investitionen ermöglichen, um die bröckelnde Infrastruktur wieder auf Vordermann zu bringen. Weltweit riefen Ökonomen Deutschland dazu auf, mehr zu investieren, aber Deutschland hinke hier hinterher, so Scholz.

"Wenn es ein Land sich leisten kann, in die Zukunft zu investieren, dann sind wir es", sagte Scholz im Bundestag mit Verweis auf die Schuldenquote des Landes. "Wir müssen den Hebel umlegen, und zwar jetzt."

Er habe die Koalition mit der FDP im November beendet, "weil es so nicht mehr weiterging". Er warf der Liberalen "Sabotage" vor, die dem Ansehen der Demokratie geschadet habe.

"Die Bundestagswahl vorziehen, das ist auch mein Ziel", sagte Scholz.

Grund für die Vertrauensfrage waren unterschiedliche Vorstellungen in Haushalts- und Finanzfragen innerhalb der Koalition. Scholz hatte daher FDP-Chef Christian Lindner, der eine Ausweitung der Schulden ablehnte, als Bundesfinanzminister entlassen. Auch zwei weitere Minister mit FDP-Parteibuch schieden daraufhin aus der Regierung aus. Scholz ist nun Kanzler einer Minderheitsregierung von SPD und Grünen, die keine Mehrheit im Bundestag hat.

Investitionen sind zu kurz gekommen

Scholz machte in seiner Rede deutlich, dass kurzfristiges Sparen auf lange Sicht der deutschen Wirtschaft schaden werde. "Ja, es ist höchst Zeit kraftvoll und entschlossen in Deutschland zu investieren. Das ist in den letzten Jahrzehnten zu kurz gekommen", sagte Scholz.

Konkret will Scholz einen "Made in Germany"-Bonus einführen, damit Investitionen in Deutschland steuerlich angereizt werden. Die Energie will er verbilligen und die Netzentgelte bei 3 Cent deckeln. Außerdem soll ein Deutschlandfonds eingerichtet werden, um mehr privates Kapital für Investition zu ermöglichen. Weiterhin will er die Schuldenregel im Grundgesetz modernisieren, das Rentenniveau stabilisieren und einen Mindestlohn von 15 Euro die Stunde einführen.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat vor der Abstimmung im Bundestag gesagt, dass die SPD-Abgeordneten dem Kanzler ihr Vertrauen aussprechen würden. Die Spitze der Grünen-Fraktion im Bundestag hat ihren Abgeordneten empfohlen, sich bei der Vertrauensfrage im Bundestag zu enthalten. Damit dürfte Scholz wie von ihm gewünscht die Vertrauensfrage verlieren.

Sollte dies geschehen, wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf Vorschlag von Scholz entscheiden, ob er innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflöst und vorgezogene Neuwahlen ausruft. Solch einen Fall gab es zuletzt 2005. Die vorgezogene Bundestagswahl dürfte dann am 23. Februar 2025 stattfinden.

(Mitarbeit: Andreas Kißler)

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December 16, 2024 07:42 ET (12:42 GMT)