Scholz: Verhandlungen mit China zu E-Autos müssen weitergehen

02.10.24 13:46 Uhr

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich gegen ein Decoupling von internationalen Handelspartern ausgesprochen und eine Fortsetzung der Verhandlungen mit China über E-Autos verlangt. "Mehr Handel mit mehr Partnern aus mehr Ländern - so sieht in einer unsicheren Welt auch vernünftiges Risk-Management aus", sagte Scholz beim BGA-Unternehmertag in Berlin. "Deswegen müssen die Verhandlungen mit China in Bezug auf Elektrofahrzeuge weitergehen und deswegen müssen wir endlich dort anpacken, wo chinesische Billigimporte unserer Wirtschaft tatsächlich schaden, beispielsweise beim Stahl", verlangte er.

"Überall werden Gräben gezogen und Mauern aufgestockt. Man will Risiken - und zuletzt auch ausländische Konkurrenz - vermeiden, indem man den Kreis der Handelspartner immer weiter verengt", sagte Scholz. "Von Decoupling ist die Rede. Ich will Ihnen ganz klar sagen, was ich davon halte - nämlich überhaupt nichts", betonte der Kanzler. Vielmehr drang er auf mehr Fortschritte bei Freihandelsabkommen. "Wir in Deutschland haben die Zuständigkeit für die Handelspolitik nicht an Europa abgegeben, damit dann keine Abkommen mehr geschlossen werden, sondern damit mehr Abkommen zustande kommen", betonte der Kanzler. Davon könne aber derzeit keine Rede sein. "In der geopolitischen Lage, in der wir uns befinden, ist das schlicht nicht akzeptabel", betonte Scholz.

Er erwarte von der Kommission und auch von den anderen Mitgliedsstaaten, dass man sich hier zusammenraufe. "Deshalb will ich, dass wir Abkommen aufteilen - in einen EU-Only-Teil und einen zweiten Teil, an dem die Mitgliedstaaten beteiligt werden müssen", sagte Scholz. Das könne dann so ausgestaltet werden, dass dieser zweite Teil nicht erst in Kraft trete, wenn ihn alle akzeptiert hätten, sondern dass er für jeden einzelnen Staat, der ihn ratifiziert habe, sofort Geltung erlange. "Ganz besonders die Verhandlungen zu Mercosur sollten jetzt schnell abgeschlossen werden", forderte Scholz. "Für die letzten Meter der Verhandlungen brauchen wir Pragmatismus und Flexibilität auf allen Seiten."

Scholz: Deutschland wächst zu wenig

Von der neuen EU-Kommission erwarte er keine kleinen Schritte, betonte der Kanzler zudem. "Ich erwarte eine grundsätzliche Neuaufstellung beim Thema Wettbewerbsfähigkeit insgesamt." Zur Wirtschaftslage betonte Scholz: "Deutschland wächst zu wenig. Damit können und damit dürfen wir nicht zufrieden sein." Ausdrücklich machte er sich dabei für weitere Entlastungen besonders energieintensiver Branchen bei den Strompreisen stark. "Ich werde um die Industriearbeitsplätze in Deutschland kämpfen, und damit selbstverständlich auch um die Arbeitsplätze in den industrienahen Dienstleistungen", kündigte er an.

Nötig sei ein Schulterschluss für eine industriepolitische Agenda, die Unternehmen, Gewerkschaften und Politik gemeinsam voranbringe. Ein wichtiger Teil einer solchen Agenda seien die Strompreise. "Auch wenn die Strompreise wieder gefallen sind, müssen wir uns für weitere Entlastungen einsetzen, damit wir am Standort Deutschland wettbewerbsfähige Strompreise insbesondere für die energieintensive Industrie sichern", sagte Scholz. "Wir sollten also schauen, ob wir dort den Kreis der entlasteten Unternehmen ausweiten können - insbesondere für die besonders betroffenen Sektoren wie die Chemie- und Glasindustrie."

Zudem sei es ganz grundsätzlich so, dass alle Unternehmen, die jetzt investierten, wissen müssten, was bei den Übertragungsnetzentgelten auf sie zukomme. "Da wird ja viel spekuliert, weil alle ahnen, dass für den Netzausbau hohe Investitionen erforderlich sind", sagte er. Auch wenn sich die Befürchtungen nicht bewahrheiteten - schon allein die Unsicherheit schade. "Daher setze ich mich dafür ein, die Sicherheit zu schaffen, dass die Übertragungsnetzentgelte nicht immer weiter steigen", sagte Scholz. "Auf die kurze Frist könnte das durch wo nötig einen Bundeszuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten verwirklicht werden." Langfristig könne ein Amortisationskonto eingeführt werden, das man so gestalten könne, dass es zu keinem Anstieg der Übertragungsnetzentgelte über einen maximalen Wert hinaus komme.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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