Sanierungsdruck lässt nach

Heidelberger Druck: Ab jetzt wird aufgebaut

22.03.15 16:00 Uhr

Heidelberger Druck: Ab jetzt wird aufgebaut | finanzen.net

Die Sanierung des einstigen Pleitekandidaten Heidelberger Druck ist durch. Nun läutet Vorstandschef Linzbach eine neue Ära ein: Mit Zukäufen soll der Servicebereich zum Umsatztreiber ausgebaut werden.

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von S. Bauer und L. Winter, Euro am Sonntag

Gerold Linzbach hat schon so manche heikle Aufgabe als Manager bewältigt. Der Chemieingenieur plante einst die Ausgliederung der Che­mieaktivitäten des deutschen Branchenriesen Hoechst. Anschließend dampfte der Hüne den heutigen Düfte­hersteller Symrise auf eine mit dem Markt verträgliche Packungsgröße ein. Wegen dieser Taten galt Linzbach schon vor seinem Antritt bei Heidelberger Druck im Herbst 2012 als ausgewiesener Sanierer. Nach allem, was in diesen Tagen aus der Konzernzentrale des Druckmaschinenherstellers zu hören ist, hat der Aufräumer diesen Job auch in Heidelberg erledigt. Jetzt will Linzbach zur Abwechslung mal etwas anderes tun: aufbauen.

Soeben haben die Rheinpfälzer ihre erste größere Akquisition seit Jahren an Land gezogen: Linzbach schlug bei der niederländischen PSG zu, einer vor allem in den Benelux-ländern und in Südeuropa tätigen Handelskette für Druckereibedarf. Ein konkreter Kaufpreis wurde nicht genannt. Gerüchten zufolge soll PSG rund 60 Millionen Euro gekostet haben. Doch laut Vorstand war der Deal wohl günstiger. "Es waren deutlich weniger als 60 Millionen", sagt Finanzchef Dirk Kaliebe.

Die Heidelberger haben mit PSG zusätzliche 220 Millionen Euro Umsatz erworben. Die Größe des Zukaufs ist dabei weniger wichtig. Es beginnt damit eine neue Ära: "Aktiver Portfolioaufbau" nennt es Linzbach. PSG steht zugleich für einen Strategiewandel, denn der Schwerpunkt des Neuzugangs liegt im Service sowie bei Verbrauchsmaterialien und Ersatzteilen.

Das Geschäft der Niederländer entspricht damit dem, was sich die Heidelberger für ihre Zukunft vorstellen. Bislang erzielt Heidelberger Druck rund 60 Prozent des Umsatzes mit neuen Druckmaschinen, den Rest mit Servicediensten sowie dem Verkauf von Farben oder Chemikalien an die Kunden. Mittelfristig soll dieser Anteil auf über die Hälfte des Umsatzes steigen.

Dass Linzbach und sein Finanzvorstand Kaliebe damit liebäugeln, hat einen einfachen Grund: Auch nach dem großen Kehraus in der Druckmaschinenbranche infolge der Finanzkrise, den auch die Heidelberger um ein Haar nicht überlebt hätten, bleibt das Geschäft mit neuen Anlagen schwan­kungsanfällig. Zuletzt machte der Weltmarktführer bei Bogenoffsetmaschinen schlechte Erfahrungen in China: Ausgerechnet der Wachstumsmarkt erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen nicht.

Die schwächere Konjunktur in der chinesischen Wirtschaft machte sich in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres mit einem deutlichen Umsatzrückgang vor allem im Geschäft mit neuen Maschinen bemerkbar. Wegen China soll der gesamte Umsatz in der Ende März auslaufenden Periode etwa fünf Prozent unter Vorjahr liegen. Immerhin deute der Auftragseingang zuletzt darauf hin, dass sich das Geschäft in China stabilisiere, heißt es aus dem Konzern.

Das Servicegeschäft hingegen ist bei Weitem nicht so konjunktursensibel. Und es bindet weniger Kapital als das Maschinengeschäft, in dem die Rheinpfälzer immer noch Verluste schreiben. Immerhin gelang es Linzbach und seinem Team, das Minus im Anlagenbau zuletzt zu reduzieren. Das liegt auch daran, dass bei Heidelberger Druck in den zwölf Monaten bis Ende März weitere 1.000 Stellen abgebaut werden. Somit sank die Zahl der Beschäftigten seit der Krise von 20.000 auf gut 12.500.

Die Restrukturierung soll Ende März durch sein. In der Bilanz wird sie sich aber nochmals mit Sonderbelastungen jenseits von 70 Millionen Euro niederschlagen. Das bedeutet: Netto wird es rote Zahlen geben. Doch das soll es dann auch gewesen sein. Schon im Vorjahr hatte das Unternehmen nach vielen Jahren endlich erstmals wieder schwarze Zahlen erreicht.

Ab April, in der neuen Periode, plant Linzbach eine solide operative Rendite von mindestens acht Prozent. Der Ausbau des Servicegeschäfts soll weiter auch über Zukäufe umgesetzt werden. Sowohl Firmen, die über passende Vertriebsstrukturen verfügen, als auch Hersteller von Materialien sind im Blick. "Weitere Zukäufe im Jahr 2015 sind vorstellbar, müssen strategisch und preislich aber passen. Wir sondieren den Markt, lassen uns aber sicherlich nicht überstürzt in eine Übernahme treiben", sagt Finanzchef Kaliebe. Immerhin hat das Unternehmen auch nach dem PSG-Deal noch einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag in der Kasse.

Digital geht was

Investiert wird auch in den Ausbau des Digitaldrucks. Hier geht es um Verpackungen und Etiketten, ein Segment der Druckbranche, das im Gegensatz zu klassischen Printprodukten wie Zeitschriften noch Zuwachsraten verzeichnet. Gemeinsam mit Partnern wie der japanischen Fuji hat der SDAX-Konzern neue Maschinen in der Entwicklung. Das jüngste Baby, eine Digitaldruckmaschine, will Linzbach auf der nächsten großen Branchenmesse, der Drupa, im Frühjahr 2016 vorstellen. Bis dahin will der Chef aber bewiesen haben, dass er mehr kann, als den Sanierer zu geben.

Heidelberger Druck ist am 21. März 2015 auf dem Börsentag München. Weitere Informationen unter www.boersentag-muenchen.de

Investor-Info

Die Aktie
Veränderungsdruck

Sechs Jahre nach der Fastpleite beginnt die weltweite Nummer 1 im Bogenoffsetbereich ein neues Kapitel. Das Servicegeschäft soll Wachstum und Profitabilität ankurbeln. Bilanziell stehen die Heidelberger mit einer Eigenkapitalquote von neun Prozent wackelig da. Die Kasse ist aber trotz PSG-Übernahme gut gefüllt. Das Management hat bislang ­einen guten Job gemacht. Für 2015 werden rund 50  Millionen Euro Nettogewinn erwartet. Spekulativ.

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Bildquellen: Heidelberger Druck

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