Anselm Grün: "Hatte keine Lust, den letzten Cent rauszuholen"
Der Mönch und Erfolgsautor Anselm Grün spricht im Interview über die rechte Haltung beim Anlegen - und seine eigenen jahrzehntelangen Spekulationen.
von Martin Reim, €uro am Sonntag
€uro am Sonntag: Greift Gott an der Börse ein?
Anselm Grün: Nein. Aber meine Beziehung zu Gott bewirkt, dass ich gelassener betrachten kann, was alles passiert.
Dennoch passt es für viele nicht zusammen, dass ein Mönch an der Börse agiert.
Ich habe es ja nicht für mich gemacht, sondern für das Kloster. Und da ist Geld notwendig, um den Menschen zu helfen. Wir haben einige Projekte, die wir finanziell unterstützen: unsere Schule, unsere Bildungseinrichtungen, andere Dinge. Da sind die Arbeitnehmer, die wir bezahlen; wir haben auch eine soziale Verantwortung für die Menschen. Wir schöpfen hier nicht aus dem Vollen. Ich habe nicht an der Börse spekuliert, weil ich Geld hatte, sondern weil ich Geld brauchte.
In Ihren Büchern erscheinen Sie als sanftmütiger, spiritueller Mensch. Die Welt der Finanzmärkte ist aber hart. Häufig geht es um Konkurrenz, Materialismus, das Ego.
Die Frage ist, ob ich mit dieser harten Haltung an die Börse gehe. Natürlich gibt es Leute, die vor lauter Geld ihr Herz verloren haben, die keine Beziehung mehr zu ihrem Inneren habe, die den Hals nicht voll kriegen. Wenn ich mit Aktien oder Anleihen gehandelt habe, war ich sehr sanftmütig. Ich hatte keine Lust, den letzten Cent rauszuholen. Es geht darum, Instrumente zu haben, mit denen ich Geld verdienen kann und keinem anderen schade.
Die Börse hat bei vielen Christen ein schlechtes Image. Zu Recht?
Natürlich gibt es die Spekulanten, die ein ganzes Land kaputtmachen; mit denen will ich nichts zu tun haben. Und es gibt Tendenzen, die schaden der ganzen Weltwirtschaft. Aber die Frage ist: Soll ich alles zum Teufel jagen? Oder mit diesem Instrument, das häufig missbraucht wird, doch etwas Sinnvolles anfangen?
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Bildquellen: SirLuetzow/Wikipedia