Investitionsausgaben bei Unternehmen weiterhin rückläufig
Standard & Poor’s Ratings Services hat gerade im dritten Jahr in Folge eine Studie zu den Investitionsausgaben von Unternehmen weltweit vorgelegt. Dabei wurden die Investitionsausgaben (Capex) von 2.000 öffentlichen und privatwirtschaftlichen Unternehmen (Non-Financials) untersucht.
Der aktuellen Studie "Global Corporate Capex Survey 2015" zufolge sind die Investitionsausgaben bei den Industrieunternehmen weltweit weiterhin rückläufig. Laut der Studie werden sie 2015 das dritte Jahr in Folge sinken - um 1% -, in 2016 sogar um 4%. Erst 2017 ist mit einer Stabilisierung zu rechnen.
Wir führen dies vor allem auf die Abnahme der Investitionen bei Unternehmen im Rohstoffsektor zurück: 2014 entfielen allein auf die Sektoren "Energy" und "Materials" (nach GICS-Klassifizierung) 39% des gesamten Investitionsvolumens. Hier erwarten wir für 2015 einen Rückgang um 14%, für 2016 um 5%.
Positiv zu vermerken ist allerdings, dass wir mit einem Anstieg der Investitionsausgaben in anderen Sektoren, besonders bei IT, Automobil, Gesundheit und Telekommunikation, um 8% in diesem Jahr rechnen. Dass sich diese Erholung über alle Weltregionen erstreckt, ist ein ermutigendes Zeichen. Ein solches Wachstum der Investitionen würde einen willkommenen Anschub für die Weltwirtschaft bedeuten.
Grafik: Anteil Investitionsausgaben weltweit (Non-Financial) nach Sektor
Quelle: Standard & Poor’s Ratings Services
Übertriebene Vorsicht ist nur die halbe Wahrheit
Warum das Wachstum der Investitionen nicht stärker ausfällt, angesichts von 4,4 Billionen USD an Barvermögen und Equivalenten, die die in der Studie untersuchten 2.000 Unternehmen in ihren Büchern halten, ist schwer zu erklären. Es ist nur die halbe Wahrheit, wenn es heißt, übervorsichtige Unternehmen behindern zu Gunsten der kurzfristigen Aktienperformance eine Erholung. Auch die Debatte, ob eine an die Entwicklung der Aktie geknüpfte Vergütung von Managern dazu führt, dass Unternehmen auf kurzfristige Maßnahmen zur Aktienwertsteigerung setzen anstatt Investitionsprogramme durchzuführen, greift unseres Erachtens kurz. Die Verknüpfung zwischen den Trends bei den Investitionsausgaben und Aktienrückkäufen wird überbetont; der Anstieg bei Aktienrückkäufen ist ein im Wesentlichen in Nordamerika verbreitetes Phänomen, während die Investitionsschwäche global ist.
Tatsächlich fühlen sich Unternehmen dann zu Investitionen ermutigt, wenn sie darauf vertrauen, dass diese sich auszahlen. Die beste Garantie hierfür wiederum ist die Vorhersehbarkeit von wirtschaftlichen und politischen Trends. Dies war in der Vergangenheit kaum der Fall, trotz historisch niedriger Zinsen und "Quantitative Easing"-Programmen. So hängt das Wachstum der Investitionsausgaben eher davon ab, ob die Weltwirtschaft sich erfolgreich auf höhere Zinssätze in den USA einstellt, Europa sich weiter wirtschaftlich erholt und die Schwellenländer elastisch auf die Stärke des US-Dollars sowie Chinas wirtschaftliche Herausforderungen reagieren.
Von Gareth Williams, Sector Economist Corporate Ratings bei Standard & Poor’s Ratings Services in London.
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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