Europas Automobilhersteller: Investitionen wachsen schnell
Um die Gewinne zu steigern, müssen Unternehmen investieren.
Einer aktuellen Studie von Standard & Poor’s zufolge ("EMEA Automakers‘ Capital Expenditure Motors Ahead") haben sich die zehn von uns gerateten europäischen Automobilhersteller, u.a. BMW, VW und Daimler, diese Botschaft zu Herzen genommen. In den Jahren 2006 bis 2013 sind ihre Etats in den Bereichen Capital Investment (Capex) und Forschung und Entwicklung (F&E) um etwa 5 Prozent auf zuletzt rund 12 Prozent des Umsatzes gestiegen, während ihr Gesamtumsatz um 2,5 bis 3,0 Prozent wuchs.
Die Ursachen
Unseres Erachtens erklären vor allem fünf Faktoren diesen Anstieg:
• Neue Modelle und Produkte: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, bestehende Kunden zu halten und neue Kunden zu gewinnen, ist eine stete Fortentwicklung der Modellpalette notwendig.
• Gesetzliche Regulierung: Um die Vorgaben der EU insbesondere zum CO2-Ausstoß zu erfüllen, investieren die Autohersteller in kleine und "saubere" Autos sowie alternative und effektive Antriebstechnologien.
• Ausbau und Modernisierung von Sachanlagen: Um die Produktivität zu steigern und Kosten zu reduzieren, investieren die Unternehmen in innovative Anlagen und Maschinen, vor allem modulare Lösungen, die eine Nutzung für wichtige Nischenprodukte wie SUVs erlauben.
• Erwartungen der Verbraucher: Gerade im Bereich der technischen Ausstattung der Fahrzeuge - momentan z.B. zur Vernetzung online und Verbesserung der Sicherheit - stellen die Verbraucher hohe Forderungen.
• Ausbau neuer Märkte durch Kapazitäten vor Ort: Um weiter auf wachsenden Märkten wie Asien zu expandieren, investieren die Unternehmen in Standorte in diesen Regionen.
Quantitative Unterschiede bei den Investitionen
Insgesamt zeigen alle der von uns gerateten Autohersteller eine hohe Investitionsbereitschaft, die andere Industriesektoren bei Weitem übertrifft. Allerdings lässt sich hier weiter differenzieren: Es gibt einen klaren quantitativen Unterschied zwischen den von S&P mit Investment Grade (IG) und den mit Speculative Grade (SG)bewerteten Autoherstellern. Während erstere durchschnittlich 13 Prozent des Umsatzes für Capex und F&E ausgeben, investieren mit SG bewertete Hersteller nur 10 Prozent. Bis einschließlich 2015 erwarten wir den Fortbestand dieser Lücke.
Abwägung des finanziellen Risikos
Langfristig sehen wir Investitionen als positiv und unterstützend für das Geschäftsrisikoprofil, da sie die Wettbewerbsposition verbessern. Allerdings muss auch das finanzielle Risiko beachtet werden: Hohe Ausgaben können kurzfristig zu geringerer Profitabilität führen, bevor zusätzlicher Cash Flow durch die Investitionen generiert wird. Um Ihre Kreditqualität nicht zu beinträchtigen, müssen die Unternehmen Capex und F&E folglich sorgfältig gegen das finanzielle Risiko abwägen.
Von Alex P. Herbert, Senior Director, Corporate Ratings
Standard & Poor’s Ratings Services London
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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