Autobauer müssen härtere Emissionsvorgaben umsetzen und verstärken den Druck auf Zulieferer
Wenn in dieser Woche die 66. Internationale Automobil-Ausstellung in Frankfurt eröffnet wird, werden rund 400 ausstellende Autobauer, Teile- und Zubehörhersteller die aktuellsten Trends und Innovationen für die Branche präsentieren.
Dabei steht die Branche vor großen Herausforderungen: Insbesondere eine straffere EU-Regulierung erhöht den Innovationsdruck auf die Autobauer.
Neben den Anforderungen von Seiten der EU-Regulierung, die zu den strengsten weltweit zählt, muss die Branche mehr alternativ betriebene Fahrzeuge anbieten und Fahrzeuge mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren optimieren. Auch muss sie einer steigenden Nachfrage nach Fahrzeugen im Niedrigpreis-Segment und gleichzeitig nach Fahrzeugen im Premiumbereich nachkommen.
Investitionsausgaben verharren auf hohem Niveau
Die Investitionsausgaben, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie andere Ausgaben, um die strikteren 2020 Klimaziele der EU zu erfüllen, werden in den kommenden Jahren hoch bleiben, wodurch der Sektor insgesamt noch kapitalintensiver wird. Zu diesem Ergebnis kommt Standard & Poor’s Ratings Services in der kürzlich veröffentlichten Studie "Stricter Carbon Rules Are Fueling High Capex For Europe‘s Carmakers".
Nach Meinung von Standard & Poor’s werden die Fahrzeuge in einem derart bewegten Markt-umfeld eine CO2-Diät machen müssen, da die Regierungen die CO2-Standards straffen und in den nächsten zehn Jahren höhere Anforderungen an die Treibstoffeffizienz stellen. Während die Automobilhersteller die derzeitigen Vorgaben mühelos erfüllen, dürfte es schwieriger werden, dies auch für die nächsten zehn Jahre zu erreichen.
Die Auswirkungen der CO2-Regulierung in der EU auf die Bonität der Autobauer in unserem Ratinguniversum werden wahrscheinlich zu bewältigen sein, sie werden sich aber allmählich stärker in den Finanzprofilen der Unternehmen niederschlagen.
Bessere Zusammenarbeit nützt beiden Seiten
Der Rentabilitätsdruck, die unsichere globale Nachfrage, die verschärften Emissionsstandards und die Nachfrage der Verbraucher nach Innovationen veranlassen die Autobauer, ihrerseits den Druck auf die Zulieferer zu erhöhen. Damit verschlechtert sich das Verhältnis zwischen den beiden Seiten in einer Phase, in der mehr Kooperation erforderlich wäre, um die in der Branche vorherrschenden Herausforderungen anzugehen. Zu diesem Schluss kommt Standard & Poor’s Ratings Services in einem weiteren Kommentar mit dem Titel "More Collaboration Would Improve Automaker-Supplier Relations - And Their Profits". Manche Zulieferer berichten von Forderungen der Autobauer nach deutlichen Preisnachlässen, günstigeren Zahlungsbedingungen und erweiterten Garantien der Zulieferer. Bisher glauben die Analysten jedoch nicht, dass eine erschwerte Beziehung zu den Herstellern ein wesentliches Risiko für die Kreditqualität der Zulieferer darstelle. Lediglich kleinere Zulieferer könnten hier ein Problem haben.
In einer Zeit, in der die Budgets der Autobauer für Forschung und Entwicklung angespannt sind, ist es aus Sicht der Kreditanalysten wichtig, dass die Zulieferer bei der Nutzung ihrer Innovationen zur Zusammenarbeit bereit sind. Die Konzentration in der Zuliefererbranche und die Produktion innovativerer Komponenten haben bei den größeren Zulieferern zu höherer Profitabilität geführt und damit ihre Verhandlungsmacht gegenüber den Autobauern verbessert. So stellen die Zulieferer immer mehr innovative Elektronikbauteile her.
Zulieferer steigern stetig Verhandlungsmacht
Zwischen 2007 und 2014 erzielten die 15 größten Zulieferer mit einem Rating von Standard & Poor’s eine adjustierte EBITDA-Marge von durchschnittlich 10,5 Prozent, die Autobauer hingegen 7,9 Prozent. Die Zulieferer stehen aufgrund ihrer innovativeren Produkte auf der Wertschöpfungskette inzwischen auch weiter oben. Nach Berechnungen von Standard & Poor’s haben die 15 größten Zulieferer in diesem Zeitraum ihre F&E-Ausgaben von 3,5 auf etwa 4 Prozent ihres Umsatzes erhöht.
Dennoch sind die Autobauer nach wie vor größer als die Zulieferer und haben daher auch immer noch die größere Verhandlungsmacht. Zulieferer sind zwar profitabler, aber die Autobauer schließen die Lücke durch aggressivere Kosteneinsparungen immer mehr. Daher würde aus Sicht von Standard & Poor’s ein kooperativer Ansatz für beide Seiten einen Mehrwert bieten.
Von Eric Tanguy und Vincent Gusdorf, Kreditanalysten bei Standard & Poor’s Ratings Services in Paris
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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