5 Gründe für das Scheitern von Projektfinanzierungen
In den letzten 20 Jahren hat sich die Finanzierung von Infrastrukturprojekten zu einer der beständigsten und stabilsten Assetklassen weltweit herauskristallisiert.
In diesem Zeitraum hat Standard & Poor’s Ratings Services 513 Projekte geratet, die durch mehr als 573 Schuldinstrumente finanziert wurden. Bei 39 von diesen 573 Schuldinstrumenten waren Zahlungsausfälle zu verzeichnen.
Standard & Poor’s Ratings Services hat die Gründe für das Scheitern dieser Projekte analysiert und fünf Hauptursachen für Zahlungsausfälle identifizieren können. Diese wesentlichen Gründe des Scheiterns stellen wir Ihnen nachfolgend vor.
Grund 1: Markt- und Rohstoffrisiken
Die häufigste Ursache für das Scheitern von Projektfinanzierungen stellt mit 26 % das Marktrisiko dar. Während manche Projekte ihren Umsatz durch langfristige Festpreisverträge zu vereinbarten Volumina sichern, sind andere Projekte Absatzrisiken ausgesetzt, wie beispielsweise Erträge zur Finanzierung im Straßenbau vom Verkehrsaufkommen auf Mautstraßen abhängen. Darüber hinaus sind Unternehmen anfällig für Preisrisiken. Als 2007 auf den gesamtgesellschaftlichen Wirtschaftsabschwung zunächst der Zusammenbruch der Erdgaspreise folgte und dann die Energienachfrage zurückging, führte dies zu vielen Komplikationen bei Energie-Projekten und trug zu etlichen Zahlungsausfällen bei. Besonders Projekte zu erneuerbaren Energien sind davon betroffen, da sie ein hohes Volumen-Risiko mit sich bringen.
Weniger als 6 % der Zahlungs-ausfälle lassen sich vordergründig auf eine negative Rohstoffversorgung zurückführen. Projekte scheiterten, da Rohstoffe nicht wie geplant verfügbar waren, die Rohstoffpreise stärker schwankten als angenommen oder Preisabsicherungen zwar abgeschlossen wurden, aber durch falsche Kalkulationen ausliefen, bevor das Projekt beendet war.
Grund 2: Technologie- und Planungsprobleme
Bei 20 % der gescheiterten Projekte waren technologische bzw. operative Störfälle verantwortlich. Damit liegt diese Kategorie nicht weit hinter den Marktrisiken. Ob ein Projekt zum Zahlungsausfall wird, hängt unter anderem von der eingesetzten Technologie, dem Planungs-Umfang, Schwierigkeiten bei der Einhaltung des Terminplans sowie der Verfügbarkeit von Kapital bei ungeplanten Zwischenfällen ab.
Grund 3: Abhängigkeit von Mutterkonzernen oder Geschäftspartnern
Besonders Firmen, deren Muttergesellschaften weiterhin an der Tochter beteiligt sind, riskieren die Zahlungsunfähigkeit des Infrastrukturprojekts. In manchen Fällen könnte man diese Abhängigkeit zwar als Stärke ansehen, jedoch hängt der Erfolg von Projekten oftmals davon ab, wie solvent die Muttergesellschaft ist. Beispiele zeigen, dass bei Konkursanmeldung der Mutter die Tochtergesellschaft von einem Domino-Effekt erfasst wird und sie dasselbe Schicksal erleidet. Da die Mutterkonzerne aber oftmals die einzigen Geldgeber sind, sind sie als Vertragspartner meist unersetzbar. Dies gilt ebenfalls für andere Kreditgeber oder Finanzierungspartner, deren Liquidität sich negativ entwickelt und die damit die Finanzierbarkeit des Projektes gefährden könnten.
Grund 4: Schwache Unternehmensleistung
Obwohl operative Komplikationen häufig mit mangelnder Technik und Planung einhergehen, unterscheiden wir die Ausfälle, die auf eine schwache Unternehmensleistung zurückzuführen sind, von denen, die direkt mit der Konstruktion, also der eigentlichen Umsetzung des Projektes, verbunden sind. Eine schwache betriebliche Leistung war nur für 9 % der Ausfälle verantwortlich. Zum Beispiel hat S&P bei drei gescheiterten Energie-Projekten in den USA betriebliche Probleme als Hauptursache festgestellt.
Grund 5: Regulierung
Mit Abstand den geringsten Einfluss auf den Ausfall eines Projekts hat die Regulierung. Obwohl sie nur 3 % aller Ausfälle betrifft, sollte sie nicht als ein potentiell den Ausfall begünstigender Faktor vernachlässigt werden.
Präzisere Einschätzung des Ausfallrisikos
Die Lehren, die aus den vergangenen Fehlern gezogen werden können, sind vor kurzem in die Aktualisierung unserer Kriterien zur Prüfung der Ausfallwahrscheinlichkeit internationaler Projektfinanzierung im Bereich Infrastruktur eingeflossen. Unser Ziel ist es, mit Hilfe der aktualisierten Kriterien, alle Schwachstellen eines Projekts sichtbar zu machen, und zwar durch eine ausführlichere Untersuchung der Risikofaktoren und einer Identifizierung der individuellen Anfälligkeit eines jeden Projekts.
Von Ben McDonald, Director und Michael Wilkins, Managing Director bei Standard & Poor’s Rating Services London
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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