ROUNDUP: Selenskyj spricht mit Nato über weitere Ukraine-Hilfen

18.12.24 06:34 Uhr

BRÜSSEL/KIEW/MOSKAU (dpa-AFX) - Spitzenvertreter führender europäischer Nato-Staaten wollen heute mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über weitere Unterstützungsmöglichkeiten für sein Land reden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Bündniskreisen soll es bei dem von Nato-Generalsekretär Mark Rutte organisierten Treffen am Abend auch um mögliche Sicherheitsgarantien für den Fall eines Waffenstillstands mit Russland gehen.

Zu den Gesprächen erwartet wurden neben Selenskyj zuletzt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Polen und Italien sowie der britische Außenminister David Lammy. Zudem sollen Spitzenvertreter der Europäischen Union wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dabei sein. Eine offizielle Bestätigung für den Termin und die Gästeliste gab es bis zuletzt nicht. Lediglich ein Treffen Ruttes mit Selenskyj in der Brüsseler Residenz des Nato-Generalsekretärs wurde am Dienstagabend von der Nato bestätigt.

Wer könnte einen Waffenstillstand kontrollieren?

Ein Thema bei den Gesprächen könnte nach dpa-Informationen sein, wie ein möglicher künftiger Waffenstillstand in der Ukraine überwacht werden könnte. Als eine Option gilt dabei, eine internationale Friedenstruppe in dem Land zu stationieren, das in die Nato strebt und sich seit fast drei Jahren mit westlicher Hilfe gegen den russischen Angriffskrieg stemmt.

Hintergrund der Überlegungen zu Sicherheitsgarantien ist die Annahme, dass Donald Trump als US-Präsident versuchen könnte, die Ukraine und Russland zu Verhandlungen zu drängen. Dafür könnte er der Ukraine androhen, im Fall einer Weigerung die Militärhilfe einzustellen. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wiederum könnte er drohen, die Militärhilfe für Kiew noch einmal auszubauen, falls der Kremlchef sich Verhandlungen verweigern sollte.

Neues Nato-Ukraine-Kommando in Hessen nimmt Arbeit auf

Die Nato kündigte indes den Arbeitsbeginn des neuen Ukraine-Kommandos in Wiesbaden an. Es trägt den Namen NSATU (Nato Security Assistance and Training for Ukraine) und soll Verantwortung von US-amerikanischen und internationalen Organisationseinheiten übernehmen, die kurz nach Kriegsbeginn im Februar 2022 zur Unterstützung der Ukraine eingerichtet wurden, wie das oberste Hauptquartier der Alliierten Streitkräfte in Europa mitteilte.

Der Aufbau des neuen Nato-Ukraine-Kommandos war im Sommer beim Bündnisgipfel in Washington beschlossen worden. Es soll sich um die Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte kümmern.

Bis zuletzt wurden diese Aufgaben vor allem von den US-Streitkräften wahrgenommen. Diese hatten dafür Ende 2022 im Europa-Hauptquartier der US-Streitkräfte in Wiesbaden eine rund 300 Soldaten starke Einheit mit dem Namen Security Assistance Group-Ukraine (SAG-U) aufgebaut. Für die Nato sollen nun sogar rund 700 Mitarbeitende im Einsatz sein, Deutschland stellt davon rund 40, mit Generalmajor Hartmut Renk auch den stellvertretenden Kommandeur. Renk erläuterte am Dienstag, dass neben Aufgaben der SAG-U auch solche des internationalen Spenderkoordinationszentrums (IDCC) übernommen würden.

Russland will Mord an General in UN zum Thema machen

Russland, das sich nach Angaben von Verteidigungsminister Andrej Beloussow für eine direkte Konfrontation mit der Nato rüsten muss und dazu in den nächsten zehn Jahren bereit sein soll, warnt indes immer wieder vor einer weiteren Eskalation in dem Krieg, den der Kreml selbst losgetreten hat. Unterstützung bekommen die russischen Truppen von Soldaten aus Nordkorea, von denen nach Angaben des US-Außenministeriums schon einige getötet wurden. Laut einem ranghohen Militär, der von US-Medien zitiert wurde, sollen die Verluste in die Hunderte gehen.

Das Bombenattentat auf den prominenten russischen General Igor Kirillow in Moskau will Moskau an diesem Freitag (20. Dezember) auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zur Sprache bringen. "Die Verantwortlichen für dieses Verbrechen müssen verdientermaßen bestraft und mit der unmissverständlichen Verurteilung durch die gesamte internationale Gemeinschaft konfrontiert werden", sagte der stellvertretende UN-Botschafter Russlands, Dmitri Poljanski. Bei der UN-Sitzung soll es um die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine und deren Folgen für eine friedliche Lösung in dem Krieg gehen.

Der ukrainische Geheimdienst SBU reklamierte das Mordattentat inoffiziell als sein Werk. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, macht aber auch den Westen, der die Ukraine in ihrem Abwehrkrieg unterstützt, verantwortlich für die Ermordung Kirillows und eines Adjutanten. Der Westen helfe der Ukraine schon seit Jahren bei ihren "verbrecherischen Handlungen", sagte sie.

Die Explosion ereignete sich am Dienstagmorgen, als Kirillow sein Wohnhaus verließ und ein in einem geparkten Elektroroller angebrachter Sprengsatz detonierte. In Russland hatte es bereits mehrfach Bombenanschläge gegen Militärs und Propagandisten gegeben.

Ukrainische Soldaten sollen für Russland spioniert haben

Derweil erschüttert ein Fall von Spionage die Ukraine. Im russischen Auftrag sollen ukrainische Soldaten die Bewegungen der Kampfjets F-16 und andere Militärgeheimnisse ausgekundschaftet haben. Vier Armeeangehörige seien im Gebiet Dnipropetrowsk festgenommen worden, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft in Kiew mit.

Als Hauptverdächtiger gelte ein Russland wohlgesonnener Soldat. Er habe drei Kameraden für das Sammeln von Informationen angeworben und ihnen vorgetäuscht, er arbeite für ukrainische Geheimdienste. Der Geheimdienst SBU sprach sogar von einem Netz aus zwölf Personen. Einige von ihnen seien aus dem Armeedienst desertiert. Unabhängige Bestätigungen für die Angaben gab es nicht.

Wo die wenigen von westlichen Ländern bereitgestellten F-16-Jets aus US-Produktion stationiert sind und eingesetzt werden, ist eines der wichtigsten militärischen Geheimnisse der Ukraine. Russland macht mit Raketenangriffen auf Fliegerhorste wie Starokostjantyniw in der Westukraine immer wieder Jagd auf die Maschinen./aha/DP/zb