ROUNDUP: Mark Rutte ist neuer Nato-Generalsekretär

01.10.24 10:32 Uhr

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Der ehemalige niederländische Ministerpräsident Mark Rutte ist neuer Nato-Generalsekretär. Nach rund zehn Jahren im Amt übergab Jens Stoltenberg den Posten in einer Zeremonie im Hauptquartier der Allianz in Brüssel.

Der 57-jährige Rutte war im Frühsommer von den Regierungen der 32 Mitgliedstaaten des transatlantischen Verteidigungsbündnisses für den Posten auserwählt worden. Er soll ihn mindestens für vier Jahre übernehmen. Danach könnte sein Mandat erneuert werden.

Herausforderungen inmitten globaler Krisen

In diesen vier Jahren nimmt Rutte eine zentrale Funktion in der Allianz ein: Der Generalsekretär der Nato muss Kompromisse zwischen den Mitgliedstaaten schmieden. Weil er auch Handlungsvorschläge machen kann, spielt er damit gerade in Zeiten von Krisen oder Konflikten eine entscheidende Rolle. Er ist auch der Personalchef und leitet als oberster Verwaltungsbeamter das Nato-Hauptquartier. Alle diese Aufgaben machen ihn zu einer Schlüsselfigur der Sicherheitspolitik.

Die Nato ist das wichtigste sicherheitspolitische Bündnis weltweit. Sie verbindet die Sicherheitsinteressen Europas und Nordamerikas. Inzwischen gehören ihr 32 Mitgliedsländer an, die gemeinsam ihre sicherheits- und verteidigungspolitischen Ziele verfolgen. Im Falle eines Angriffs haben sich die Staaten zur gegenseitigen Unterstützung verpflichtet.

Der Machtwechsel von Stoltenberg zu Rutte findet in einer Zeit vieler Krisen statt. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wütet an den Grenzen des Verteidigungsbündnisses. Stoltenberg warb in der Vergangenheit beharrlich für eine größtmögliche Unterstützung der Ukraine mit westlichen Waffensystemen. Die Ukraine wird wohl hoffen, dass Rutte diesen Kurs fortsetzt. "Wir müssen sicherstellen, dass die Ukraine als souveräne, unabhängige, demokratische Nation bestehen kann", betonte der Niederländer zumindest kurz vor der Amtsübergabe.

Rutte gilt als "Trump-Flüsterer"

Eine besonders große Herausforderung könnte für den Niederländer aus den USA kommen. Bei einem möglichen Sieg des früheren US-Präsidenten Donald Trump gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris Anfang November steht der Zusammenhalt der Nato auf der Kippe. Äußerungen des Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA unter seiner Führung uneingeschränkt zur Beistandsverpflichtung stehen würden. Trump drohte zeitweise sogar mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis. Stoltenberg agierte als geschickter Vermittler und moderierte unter anderem in dem während der Amtszeit von Trump eskalierten Streit um die Verteidigungsausgaben der europäischen Alliierten.

Auch der Niederländer hat schon Erfahrungen im Umgang mit Trump gesammelt - er erwarb sich sogar den Ruf als "Trump-Flüsterer". Während eines Treffens mit Rutte im Jahr 2019 sagte Trump, er und Rutte seien Freunde geworden. Er bezeichnete die Beziehungen zwischen den Niederlanden und den USA so gut wie nie zuvor. Rutte wird zugetraut, einen gewissen Einfluss auf Trump zu haben. Kurz vor der Amtsübergabe sagte er in Brüssel, dass er sowohl mit Harris als auch mit Trump arbeiten könne, "egal, wie die Wahlen ausgehen".

Ein erfahrener Krisenmanager

Auch abseits seines Rufs als "Trump-Flüsterer" bringt Rutte langjährige Erfahrung in der internationalen Politik mit. Fast 14 Jahre war der studierte Historiker Regierungschef der Niederlande. Er gilt als einer, der den Laden zusammenhalten kann. "Er betrachtet sich als Problemlöser, als Manager", sagt seine Biografin, die renommierte Kolumnistin Sheila Sitalsing - als "Manager der Firma Niederlande".

Bislang "managte" Norweger Stoltenberg die Nato. Zehn Jahre hatte der 65-Jährige das Amt inne - länger war bislang nur Ruttes Landsmann Joseph Luns der höchste internationale Beamte der Nato. Dieser amtierte von 1971 bis 1984.

Neues Amt für Stoltenberg

Nach seinem Abschied soll Stoltenberg nun ein neues gewichtiges Amt einnehmen: Medienberichten zufolge soll er im kommenden Jahr Christoph Heusgen als Chef der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) ablösen. Entsprechende Berichte wurden der Deutschen Presse-Agentur aus mehreren Quellen bestätigt. Die Münchner Sicherheitskonferenz hat sich seit ihrer Gründung 1963 zu einem der bedeutendsten internationalen Foren zur Sicherheitspolitik entwickelt./svv/DP/jha