ROUNDUP 2: EU wappnet sich für möglichen Handelskrieg mit den USA
(neu: Mexiko)
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die EU bereitet sich auf einen möglichen Handelskrieg mit den USA vor. Nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump zu neuen Zöllen auf Importe aus Mexiko, Kanada und China zeigten sich europäische Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfeltreffen in Brüssel entschlossen, vergleichbare Entscheidungen gegen die EU nicht einfach hinzunehmen.
Als starker Wirtschaftsraum könne man auf Zollpolitik mit Zollpolitiken reagieren, warnte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). "Das müssen und werden wir dann auch tun." Unter anderem Luxemburgs Regierungschef Luc Frieden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerten sich ähnlich: "Wir sind nicht schwächer als die Vereinigten Staaten von Amerika. Wenn jemand einen Handelskrieg will, dann kriegt er ihn", sagte Frieden. Macron betonte, wenn Europa bei Handelsthemen angegriffen werde, müsse man sich Respekt verschaffen.
Trump: Das wird definitiv passieren
Trump hatte kurz zuvor deutlich gemacht, dass er zweifellos auch Zölle auf Importe aus der EU verhängen will. "Das wird definitiv für die Europäische Union passieren", sagte Trump am späten Sonntagabend (Ortszeit) in der Nähe von Washington. Zur Höhe der Zölle und zu möglicherweise betroffenen Produktgruppen machte Trump aber keine konkreten Angaben. Es gebe keinen Zeitplan, aber es werde "ziemlich bald" geschehen.
Von Diplomaten hieß es, die Europäische Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen habe bereits vor längerer Zeit eine Liste mit US-Produkten vorbereitet, auf die im Fall von neuen US-Zöllen gegen die EU ebenfalls höhere Zölle erhoben werden könnten. In der ersten Amtszeit von Trump hatte die EU unter anderem mit Sonderzöllen auf Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder und Jeans auf neue Abgaben auf Stahl- und Aluminiumprodukte reagiert.
EU betont Verhandlungsbereitschaft
Nun steht die Drohung Trumps im Raum, auf alle Einfuhren aus der EU Zusatzzölle in zweistelliger Höhe zu verhängen. Damit will der Republikaner den Produktionsstandort USA stärken und das Handelsdefizit abbauen. Es ist Trump ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Unternehmen in der EU.
Aus ähnlichen Gründen ließ der US-Präsident am Wochenende auf Importe aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada Zölle in Höhe von 25 Prozent einführen - ausgenommen sind nur Energie-Einfuhren aus Kanada, auf die nur Aufschläge in Höhe von 10 Prozent fällig werden. Auf alle Einfuhren aus China werden zusätzlich 10 Prozent fällig.
Nach einem Telefonat zwischen Trump und Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum teilten beide mit, die angekündigten Zölle auf alle mexikanischen Produkte würden einen Monat lang ausgesetzt. Mexiko habe zugesagt, seine Nordgrenze mit 10.000 Soldaten der Nationalgarde zu verstärken, um Drogenhandel und Migration einzudämmen, erklärte Trump.
EU-Spitzenvertreter betonten neben den Vergeltungszolldrohungen auch noch einmal die Verhandlungsbereitschaft der EU und wiesen auf die Risiken eines möglichen Handelskriegs auch für die USA hin. So warnte der österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg, bei einem Handelskrieg zwischen der EU und den USA würde China zum "lachenden Dritten" werden.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sagte, der transatlantische Handel und die Investitionen sicherten mehr als 16 Millionen Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks und machten 42 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus. "Wir brauchen Amerika, und Amerika braucht uns", sagte sie.
In der EU wird deswegen auch bereits seit längerem diskutiert, welche Angebote Trump gemacht werden könnten. Als denkbar gilt beispielsweise, dass die EU mehr Flüssigerdgas (LNG), Militärtechnik und Agrargüter aus den USA importieren könnte, um das Handelsdefizit zu reduzieren. Zudem wäre es möglich, die Importzölle für US-Autos zu senken.
Handelskrieg-Gefahr überschattet andere Themen beim Gipfel
Eigentliches Hauptthema bei dem informellen Gipfeltreffen in Brüssel waren mögliche gemeinsame Initiativen zum Ausbau der Verteidigungsfähigkeiten und die Frage, wie notwendige Investitionen finanziert werden sollten. Etliche Staaten sind angesichts der Bedrohungen durch Russland offen für die Aufnahme neuer gemeinsamer Schulden. Insbesondere Deutschland, die Niederlande und Österreich lehnen dies aber ab.
Bundeskanzler Scholz machte deutlich, dass aus seiner Sicht zum Beispiel strenge Wettbewerbsregeln gelockert werden könnten, um die Leistung der europäischen Rüstungsindustrie zu steigern. "Die Unternehmen müssen von all den rechtlichen Regeln befreit werden, die ihre Zusammenarbeit beeinträchtigen. Die Staaten müssen in Einkaufsprozesse anderer Staaten ohne neues Einkaufsverfahren einsteigen können", sagte er. Es brauche weniger Bürokratie und mehr Entschlossenheit.
Frankreichs Präsident Macron betonte, dass bei allen künftigen Investitionen vorrangig die europäische Industrie profitieren sollte, um die EU im Bereich der Verteidigung strategisch unabhängig zu machen.
Streit um Verteidigungsfinanzierung
Als ein möglicher Kompromiss in der Aufrüstungsdebatte wird auch der Ausbau der Rüstungsfinanzierung durch die Europäische Investitionsbank (EIB) gesehen. Zudem ist auch ein Programm im Gespräch, bei dem die EU-Kommission für Mitgliedstaaten Darlehen zu günstigen Bedingungen organisiert. Mit einem solchen Programm hatte die Kommission in der Corona-Krise auch nationale Kurzarbeitsregelungen unterstützt.
Um was für Dimensionen es geht, zeigen Schätzungen der EU-Kommission. Sie ging bereits im vergangenen Sommer davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren zusätzliche Verteidigungsinvestitionen in Höhe von rund 500 Milliarden Euro erforderlich sind. Als mögliche EU-Projekte gelten dabei zum Beispiel ein europäisches Luftverteidigungssystem und eine verstärkte Sicherung der östlichen Landgrenze der Union./aha/DP/nas