ROUNDUP 2/43 Stunden Stau: Warum Pendler immer länger warten müssen

07.01.25 13:30 Uhr

(neu: Details und Hintergrund.)

BERLIN (dpa-AFX) - Baustellen, marode Infrastruktur und verstopfte Straßen stellen die Nerven von Autofahrern in Deutschland immer stärker auf die Probe. Ein durchschnittlicher Pendler stand im vergangenen Jahr 43 Stunden im Stau - 3 Stunden mehr als noch im Vorjahr, wie aus einer Auswertung des Verkehrsdaten-Dienstleisters Inrix hervorgeht.

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Noch deutlich höher ist der Zeitverlust in den Städten an der Spitze des Rankings. Am schlimmsten trifft es erstmals die Autofahrer in Düsseldorf, das mit einem Zeitverlust von 60 Stunden und einem Zuwachs von 22 Prozent auf Platz eins steht.

In Wuppertal verlieren Pendler 34 Prozent mehr Zeit als im Vorjahr

Hinter der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen folgen Berlin, das 2023 noch auf Platz eins war, und Stuttgart mit jeweils 58 Stunden Zeitverlust sowie Köln (56) und München (55). Auf den weiteren Plätzen: Frankfurt (48), Hannover (47), Bonn (46), Hamburg (44) und Wuppertal (43). In all diesen Städten nahm der Zeitverlust zu, in Wuppertal sogar um 34 Prozent.

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Die Tendenz deckt sich mit einer neuen Analyse der Verkehrsmuster durch den Kartierungsspezialisten TomTom. Demnach floss der Verkehr in den meisten deutschen Städten 2024 im Schnitt langsamer als noch im Vorjahr. Die Durchschnittsgeschwindigkeit hat in 23 von 29 untersuchen Städten abgenommen. In nur 4 Städten habe sich der Verkehrsfluss verbessert.

Woran liegt es, dass Pendler in Deutschland durchschnittlich fast zwei Tage im Jahr im Stau stehen? Mit Blick auf das kräftige Plus in Düsseldorf schreiben die Autoren, dieses sei unter anderem "auf zahlreiche Baustellen auf stark befahrenen Autobahnabschnitten rund um Düsseldorf, wie der A46 und der A59" zurückzuführen.

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Deutschlandweit sind die Ursachen vielfältiger, wie Stauexperte Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen sagt. Aber auch er nennt die vielen Baustellen - sowohl auf Autobahnen als auch in den Innenstädten - als einen der Hauptgründe.

An sich habe Deutschland eine sehr gute Infrastruktur - wenn sie denn benutzbar wäre, sagt Schreckenberg der Deutschen Presse-Agentur. Aber: "Wir haben nichts dafür getan, sie zu erhalten. Und das fällt uns jetzt auf die Füße."

"Letztendlich sind zu viele Fahrzeuge gleichzeitig unterwegs"

Hinzu komme, dass viele Angestellte nach der Corona-Pandemie wieder ins Büro kommen müssten. "Die Homeoffice-Zeit ist in vielen Branchen vorbei", sagt Schreckenberg. Diesen Trend legen auch die Inrix-Zahlen nahe. Denn bei den Fahrten in die Innenstadt gab es einen sprunghaften Anstieg. In Hamburg etwa lag das Plus bei 31, in Berlin bei 27 und in Frankfurt bei 26 Prozent.

Der öffentliche Personennahverkehr sei für viele aufgrund seiner Unzuverlässigkeit keine Alternative, sagt Schreckenberg. Auf dieses Risiko wollten viele sich nicht einlassen und nähmen lieber die mehr oder weniger kalkulierbare Zeit im Stau in Kauf.

Eine Sprecherin des ADAC bringt es auf Anfrage auf die einfache Formel: "Letztendlich sind zu viele Fahrzeuge gleichzeitig unterwegs." Die Zunahme der Stauzeit sei unter anderem auf eine höhere Verkehrsleistung insbesondere im Individualverkehr sowie auf zahlreiche Baustellen zurückzuführen.

In Istanbul und New York verlieren Pendler mehr als 100 Stunden

Im internationalen Vergleich kommen deutsche Pendler sogar noch glimpflich davon. Weltweit steht erstmals Istanbul mit einem durchschnittlichen Zeitverlust von 105 Stunden auf Platz eins, gefolgt von New York und Chicago (je 102 Stunden). London landet als erste europäische Stadt mit 101 Stunden dahinter. In Paris stehen Autofahrer im Schnitt 97 Stunden im Stau - weltweit bedeutet das Platz sechs.

In 53 von 73 untersuchten Gebieten in Deutschland sowie in 69 der 100 weltweit am stärksten betroffenen Städte nahmen die Verzögerungen im Vergleich zum Vorjahr zu. "Die Ergebnisse für 2024 verdeutlichen, dass das Verkehrswachstum weltweit ungebremst ist, während die Infrastruktur vieler Städte an ihre Grenzen stößt", sagte Bob Pishue von Inrix. Langfristig werde es entscheidend sein, "den Verkehr effizient zu lenken und innovative Mobilitätsstrategien voranzutreiben".

Künstliche Intelligenz könnte beim Steuern des Verkehrs helfen

Wie also könnte es besser werden? Die Infrastruktur werde noch auf Jahre hinweg ein Problemfall sein, sagt Stauexperte Schreckenberg. Er plädiert zumindest für eine bessere Abstimmung und Organisation von Baustellen, etwa zwischen Kommunen, der Autobahn GmbH und der Bahn.

Auch die ADAC-Sprecherin wirbt für "ein gut abgestimmtes Baustellenmanagement". Zudem müsse Infrastruktur frühzeitig instandgesetzt werden, um Ad-hoc-Maßnahmen und Sperrungen zu vermeiden. Auch könne eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene helfen - allerdings ist auch das Schienennetz in Deutschland veraltet und marode./wim/DP/men

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