Glass-Steagall vor einem Comeback?
In kritischen Situationen an den Finanzmärkten wenden sich Experten immer wieder einem lang beliebten Thema zu: Glass-Steagall Act.
Beim Glass-Steagall Act, benannt nach dem Senator Carter Glass und dem Kongress- Abgeordneten Henry Steagall, handelt es sich um ein Gesetz, welches vorsieht das Investmentbanking und das kommerzielle Geschäft bei Banken zu trennen.
1933 wurde dieses Gesetz aufgrund der vorausgegangenen Bankenkrise in den Vereinigten Staaten eingeführt. Unter Präsident Bill Clinton und mit großer Unterstützung der Bankenlobby wurde dieses Gesetz 1999 wieder aufgehoben.
Der britische Finanzminister George Osborne erwog diese Woche eine Einführung des „Trennbankensystems“ für Banken in Großbritannien. Demnach sollen britische Banken das Privatkundengeschäft vom riskanten Investmentbanking trennen. Der Finanzminister möchte mit einem solchen Gesetz die britischen Banken reformieren um damit eine erneute Finanzkrise zu verhindern. Am 12. September diesen Jahres soll das Konzept vorgestellt werden.
Das erstaunliche dabei ist, dass die Banken bzw. die Banken-Lobby es haben soweit kommen lassen. Mit der Aufhebung des Glass-Steagall Acts konnten die Banken in den letzen Jahren Unsummen an Geld verdienen. In der Regel versuchen Banken bzw. die Lobby von vornherein ein solches Vorhaben um jeden Preis zu verhindern. Im Zuge der Finanzkrise wurden Investmentbanken in den Vereinigen Staaten gezwungen, sich in Geschäftsbanken zu verwandeln. Dadurch erhielten sie aber den Zugang zur Refinanzierung durch die FED.
Sollte Großbritannien tatsächlich ein solches Gesetz einführen können, wird es nicht mehr lange dauern, bis auch die europäischen Staaten mitziehen. In der unabhängigen Schweiz wird dieses Thema seit geraumer Zeit bereits diskutiert. Auch hier debattieren Politiker über die Einführung eines „Trennbankensystems“.
Vor allem in der Schweiz könnte dieses Gesetz eine große Rolle spielen, da die Banken einen enormen Anteil der inländischen Wirtschaftsleistung ausmachen. Eine kollabierende UBS oder Credit Suisse könnte verheerende Folgen auf die Volkswirtschaft haben. Aus diesem Grund wird aktuell an einem Gesetzesentwurf welches die Zerschlagung der Großbanken vorsieht gearbeitet.
Damit besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass bald auch europäische Banken mit einem solchen Gesetz konfrontiert werden könnten. Die Frage ist nur, wie viel Millionen werden die Lobby bzw. die Banken dafür ausgeben, dass ein solches Gesetz nicht eingeführt wird.
Marc Nitzsche ist Chefredakteur des Rohstoff-Trader Börsenbriefs. Der Börsenbrief ist ein Spezialist für Rohstoffe und bietet konkrete Kaufempfehlungen mit Analysen und Kursprognosen. Mehr Infos unter: www.rohstoff-trader.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.