Netflix-Aktie nach Zahlen weit im Plus: Netflix verdient mehr als erwartet - Nutzerzahlen besser als befürchtet
Der Streaming-Pionier Netflix hat seine Bücher geöffnet.
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Netflix hat im zweiten Quartal dank Serienhits wie "Stranger Things" nicht so schlecht wie befürchtet abgeschnitten. Die Nutzerzahlen sanken in den drei Monaten bis Ende Juni um 970.000 Bezahlabos, wie der Streaming-Marktführer am Dienstag nach US-Börsenschluss mitteilte. Damit hielt der Kundenschwund zwar an, blieb aber unter dem von Netflix selbst erwarteten Minus von zwei Millionen Abos. Insgesamt lag die Zahl der bezahlten Nutzerkonten des Video-Dienstes weltweit zur Jahreshälfte bei knapp 221 Millionen.
Der Ausblick bleibt jedoch verhalten. Für das laufende Vierteljahr rechnet Netflix lediglich mit rund einer Million neuen Nutzern. Hier hatten Analysten mehr erwartet. Der Umsatz legte im abgelaufenen Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 8,6 Prozent auf 8,0 Milliarden Dollar zu. Unterm Strich verdiente Netflix 1,44 Milliarden Dollar, vor einem Jahr waren es 1,35 Milliarden gewesen. Das Betriebsergebnis sank jedoch um 15 Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar.
Punkten konnte Netflix im jüngsten Quartal besonders mit "Stranger Things". Die vierte Staffel der Serie war die beliebteste, die der Streaming-Dienst nach eigenen Angaben je ausgestrahlt hat - zumindest in englischer Sprache. Dennoch tat sich das Unternehmen gerade in seinen etablierten und von verschärfter Konkurrenz durch Rivalen wie Disney oder HBO geprägten Märkten schwer. In den USA und Kanada verlor Netflix 1,3 Millionen Kunden. Dafür gab es in der Asien-Pazifik-Region - auch dank Preissenkungen in Indien - gute Zuwächse.
Doch auch wenn der zuletzt strauchelnde Streaming-Service seine Aktionäre mit der Aussicht auf eine Rückkehr zum Nutzerwachstum erfreute, bleiben für Konzernchef Reed Hastings viele Baustellen. Nach dem schwachen ersten Halbjahr steht bei Netflix vieles auf dem Prüfstand, auch langjährigen Traditionen. So brachte der Video-Dienst bei den jüngsten Staffeln seiner Hit-Serien "Stranger Things" und "Ozark" nicht mehr wie früher üblich alle Folgen auf einmal heraus.
Auch bei einem noch größeren Tabu hat Hastings bereits klein beigegeben: Angesichts der schwachen Entwicklung der Nutzerzahlen wird Netflix eine günstigere Version seines Streaming-Dienstes mit Werbeclips anbieten. Eigentlich hatte Hastings diese Strategie stets abgelehnt. Als Tech-Partner für die Entwicklung eines solchen Modells wählte Netflix jüngst den Software-Riesen Microsoft. Die Werbevariante soll voraussichtlich Anfang 2023 anlaufen, zunächst in "einer Handvoll von Märkten". Zudem will Netflix bald anfangen, konsequent gegen unerlaubtes Teilen von Passwörtern vorzugehen.
Goldman belässt Netflix auf 'Sell' - Ziel 186 Dollar
Goldman Sachs hat Netflix nach Quartalszahlen auf "Sell" mit einem Kursziel von 186 US-Dollar belassen. Der Streamingdienst habe zwar weniger Bezahlabos verloren als von ihm selbst befürchtet, rechne für das dritte Quartal aber nur mit einer Million Kunden, was unter der Schätzung der US-Investmentbank liege, schrieb Analyst Eric Sheridan in einer am Mittwoch vorliegenden Studie. Das Unternehmen werde weiter daran gemessen werden, ob es ihm gelinge, der zunehmenden Konkurrenz standzuhalten. Entscheidend für eine langfristig wieder bessere Aktienkursentwicklung seien Erfolge bei den Bemühungen, Mehrfachnutzungen von Accounts zu verhindern und eine günstigere Version des eigenen Streaming-Dienstes mit Werbeclips einzuführen.
Netflix-Aktie stark - Verliert weniger Nutzer als erwartet
Eine überraschend gute Entwicklung der Zuschauerzahlen hat die Anteilseigner von Netflix am Mittwoch versöhnlicher gestimmt. Die Titel des Streamingdienstes waren zwar schwankend in den Handel gestartet, aber letztlich setzten sich die Optimisten unter den Anlegern durch. Schlussendlich betrug das Kursplus an der NASDAQ 7,35 Prozent auf 214,61 US-Dollar. Damit stand die Aktie auf dem höchsten Niveau seit April. Den Widerstand um die 200 Dollar konnten sie locker hinter sich lassen.Dank Serienhits wie "Stranger Things" schnitt Netflix im zweiten Quartal nicht so schlecht ab wie befürchtet. Die Zahl der bezahlten Nutzerkonten ging zwar um 970.000 zurück, das Unternehmen selbst hatte aber mit einem Verlust von zwei Millionen Abos gerechnet. Am Markt hieß es, Netflix habe damit ein "Worst-Case-Szenario" vermieden. "Nach dem Verlust von mehr als einer Million Kunden im ersten Halbjahr lautet die Botschaft an die Anleger: Es hätte schlimmer kommen können", sagten Börsianer.
Netflix habe insgesamt die sehr geringen Erwartungen übertroffen und bei der Konferenz zu den Zahlen zudem optimistischer geklungen als nach dem ersten Quartal, betonte Andrew Uerkwitz vom Analysehaus Jefferies. Allerdings habe der Umsatz unter dem starken US-Dollar gelitten und liege knapp unter der Konsensschätzung.
Der Ausblick auf das laufende Quartal bleibt verhalten: Netflix erwartet zwar mit rund einer Million neuen Nutzern wieder Wachstum, bleibt damit aber hinter den Erwartungen zurück. So hatte etwa Goldman-Experte Eric Sheridan mit einem Plus von 2,3 Millionen Nutzern gerechnet und John Hodulik von der schweizerischen UBS mit 1,2 Millionen. Im Gegensatz zum vergangenen Quartal sei das aber immerhin ein Wachstum, wenngleich ein sehr bescheidenes, schrieb sein Kollege Doug Anmuth von der Bank JPMorgan.
Wichtiger seien zudem der besser als erwartet ausgefallene Jahresausblick für den Barmittelzufluss (FCF) und die Initiativen für eine günstigere Version des eigenen Streaming-Dienstes mit Werbeclips sowie die Verhinderung der Mehrfachnutzung von Accounts, so Anmuth weiter. Erfolge mit diesen beiden Initiativen hält auch Goldman-Experte Sheridan für entscheidend für eine langfristig wieder bessere Aktienkursentwicklung. Das Unternehmen werde weiter daran gemessen werden, ob es ihm gelinge, der zunehmenden Konkurrenz standzuhalten.
Netflix-Manager wichen in einem Videointerview Fragen dazu aus, wie hoch aus ihrer Sicht der Anteil der Nutzer in der günstigeren Variante mit Werbung werden könnte. Diese werde Zeit brauchen, um sich zu etablieren, glaubt UBS-Analyst Hodulik. Wegen der Wachstumsinitiativen und des gestiegenen Drucks durch den starken Dollar sowie Umbaumaßnahmen des Konzerns dürften zudem die operativen Margen bis ins kommende Jahr hinein stagnieren.
Netflix war jahrelang ein Liebling der Anleger. Die Aktien des Streaming-Vorreiters, die lange Zeit auch von der Corona-Pandemie beflügelt wurden, erreichten im November 2021 ein Rekordhoch von gut 700 Dollar. Gegen Ende vergangenen Jahres begann der Kurs dann im Zuge einer allgemeinen Schwäche der stark gestiegenen Tech-Werte zu bröckeln. Anfang 2022 brach der Netflix-Kurs nach einem enttäuschenden Abonnentenausblick regelrecht ein.
Im April folgte der nächste herbe Rückschlag: Für Netflix war das Auftaktquartal das erste Jahresviertel mit Kundenschwund seit mehr als zehn Jahren gewesen. Seit Jahresbeginn steht derzeit ein Kursrückgang um fast zwei Drittel zu Buche. Nach den Kursverlusten der vergangenen Monate bringt Netflix aktuell etwas mehr als 90 Milliarden Dollar auf die Börsenwaage. In der Spitze waren es im November mehr 311 Milliarden gewesen.
Die Titel des Unterhaltungsriesen Walt Disney, der mit Disney+ längst einen eigenen Streamingdienst aufgezogen hat, gewannen am Mittwoch im Schlepptau von Netflix 4,1 Prozent. Auch Amazon mit seinen Prime-Kunden gilt als Konkurrent, hier zogen die Papiere um 3,3 Prozent an.
LOS GATOS / NEW YORK (dpa-AFX)
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20.07.2022 | Netflix Sell | Goldman Sachs Group Inc. |
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