EZB-Chef Draghi betont Bedeutung der "Kreditlockerung" für Geldpolitik

EZB-Präsident Mario Draghi hat im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments die Bedeutung der "Kreditlockerung" für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hervorgehoben.
Draghi sagte zu Beginn einer Anhörung, die auf Kreditlockerung zielenden Elemente seien ein entscheidender Transmissionskanal der Geldpolitik, weil sie zu niedrigeren Finanzierungskosten für die Realwirtschaft führten.
Draghi verwies darauf, dass die beiden langfristigen, gezielten Refinanzierungsgeschäfte der zweiten Serie (TLTRO-2) auf "signifikante" Nachfrage getroffen seien und dass im Dezember und März zwei weitere dieser Geschäfte anstünden. "Diese Geschäfte bringen den Banken langfristige Finanzierung zu sehr attraktiven Konditionen, die sie an ihre Kunden weitergeben können", sagte Draghi.
Die EZB hatte in der vergangenen Woche beim zweiten TLTRO-2 45,270 Milliarden Euro zugeteilt. Beim ersten Tender im Juni waren es abzüglich Umschichtungen aus Tendern der ersten Serien 31,4 Milliarden Euro gewesen.
EZB-Präsident stellt qualitativen Aspekt der Anleihekäufe in den Vordergrund
Draghi erwähnte zudem, dass auch das Ankaufprogramm der EZB in einem monatlichen Volumen von 80 Milliarden Euro Elemente der Kreditlockerung enthalte, weil es die Finanzierungskosten wirtschaftlich bedeutsamer Akteure direkt mindere. Die EZB kauft neben Staatsanleihen auch Unternehmensanleihen, Covered Bonds und Kreditverbriefungen an.
Draghis Betonung der "qualitativen" Dimension der EZB-Geldpolitik ("credit easing") setzt einen etwas anderen Akzent als die zuletzt eher "quantitative" Lesart, die sich auf eine Erhöhung der Ankaufvolumen konzentrierte.
Draghi betont Bedeutung der EZB-Stabsprojektionen Der EZB-Präsident betonte wie üblich die Handlungsbereitschaft der Zentralbank und verknüpfte diese Aussage direkt mit den EZB-Stabsprojektionen. "Wir werden das sehr substanzielle Ausmaß geldpolitischer Lockerung aufrecht erhalten, auf dem die Stabsprojektionen beruhen und das notwendig ist, um die Rückkehr zu knapp 2 Prozent Inflation zu erreichen. Wenn nötig, werden wir dazu alle innerhalb unseres Mandats verfügbaren Instrumente einsetzen", sagte der EZB-Präsident.
Viele Ökonomen rechnen damit, dass die EZB ihre Geldpolitik am Jahresende erneut lockern wird, weil sie besonders die Inflationsprojektionen des EZB-Stabs für zu optimistisch halten. Diskutiert wird derzeit eine Verlängerung der Anleihekäufe, für die die EZB aber technische Parameter des Programms ändern müsste. Derzeit werden entsprechende Möglichkeiten geprüft.
Von Hans Bentzien
FRANKFURT/BRÜSSEL (Dow Jones)
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