Klimaabkommen, WHO, Einreiseverbot: Biden beginnt Amtszeit mit Demontage von Trumps Vermächtnis
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt hat der neue US-Präsident Joe Biden mit der Demontage von besonders umstrittenen Entscheidungen seines Vorgängers Donald Trump begonnen.
Biden leitete am Mittwoch die Rückkehr zum Klimaabkommen von Paris ein, stoppte den US-Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und hob ein Einreiseverbot für Menschen aus muslimisch geprägten Ländern auf. Auch abseits konkreter Maßnahmen wurde bereits nach wenigen Stunden deutlich, dass Biden im Weißen Haus einen gänzlich anderen Stil als Trump prägen will.
INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT
Biden versprach in seiner Antrittsrede am Mittwoch vor dem US-Kapitol: "Wir werden unsere Bündnisse reparieren und mit der Welt zusammenarbeiten." Kurz danach unternahm er die ersten Schritte dafür: Er leitete die Rückkehr in das Klimaabkommen von Paris ein. Die USA waren Anfang November offiziell ausgeschieden - ein Jahr nachdem Trumps Regierung den Austritt aus dem historischen Abkommen erklärt hatte. Nun sollen die USA nach Angaben der UN ab dem 19. Februar wieder Teil des Vertrags werden. Biden will Amerika eigenen Aussagen zufolge zu einer führenden Nation beim Kampf gegen die Erderwärmung machen.
Auf internationale Zusammenarbeit setzt Biden auch bei der Bewältigung der Corona-Pandemie. Am Mittwoch stoppte er den von Trump mitten in der globalen Krise eingeleiteten Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation. Mit dem angesehenen US-Immunologen Anthony Fauci als Delegationsleiter will die neue Regierung schon am Donnerstag wieder an einer WHO-Sitzung teilnehmen.
CORONA-PANDEMIE
Im Kampf gegen die Corona-Pandemie setzt Biden auch auf striktere Regeln - er ordnete für die nächsten 100 Tage eine Maskenpflicht an. Sie greift allerdings nur an Orten im Zuständigkeitsbereich des Bundes, beispielsweise in Gebäude von Bundesbehörden, Flugzeugen und Zügen sowie Bussen im Verkehr zwischen Bundesstaaten.
Biden erklärte den Kampf gegen die Pandemie zu einer seiner wichtigsten Aufgaben. Das Virus breitet sich in den USA noch immer unkontrolliert aus. Mehr als 400 000 Menschen sind bereits seit Beginn der Pandemie in den USA gestorben. In den kommenden Tagen wollte Biden weitere Maßnahmen zur Bewältigung der Krise ergreifen.
MIGRATION
Biden bewies am Mittwoch auch, dass er vom rigorosen Anti-Migrations-Kurs Trumps abrücken will. Er hob das von Trump verfügte Einreiseverbot für Menschen aus mehreren überwiegend muslimisch geprägten Ländern auf, das Trump eine Woche nach seinem Amtsantritt 2017 erlassen hatte. Wenige Stunden nach seiner Vereidigung schickte Biden zudem einen Gesetzesentwurf an den US-Kongress. Nach Angaben der neuen Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, ist darin unter anderem vorgesehen, dass Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis in den USA die Chance auf einen Aufenthaltstitel bekommen sollen - und auf lange Sicht auch die US-Bürgerschaft.
Biden wies das Heimatschutzministerium zudem an, Schritte in die Wege zu leiten, die auf die dauerhafte Sicherung eines Programms zum Schutz von rund 700 000 jungen Migranten vor einer Abschiebung abzielen. Biden entzog darüber hinaus einem Herzensprojekt Trumps die Finanzierungsgrundlage: dem Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko.
DER NEUE TON
Biden trat sein Amt mit einem Aufruf zu Einheit und Versöhnung an - was ebenfalls im Kontrast zu seinem Vorgänger stand. "Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein", versprach Biden bei seiner Antrittsrede vor dem hochgesicherten US-Kapitol, das zwei Wochen zuvor von gewalttätigen Anhängern Trumps erstürmt worden war. Biden sagte, er werde genauso für diejenigen kämpfen, die ihn bei der Wahl nicht unterstützt hätten, wie für jene, die dies getan hätten. Gefeiert werde nicht der Sieg eines Kandidaten, sondern der Sieg der Demokratie. "Die Demokratie hat sich durchgesetzt."
Von seinen Mitarbeitern verlangte Biden, dass sie sich ihrer Verpflichtung gegenüber dem Volk bewusst sein müssten, und mahnte einen respektvollen Umgang miteinander an. "Wenn Sie jemals mit mir arbeiten und ich höre, dass Sie einen anderen Kollegen respektlos behandeln, jemanden runtermachen. Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie auf der Stelle feuern werde", sagte Biden. Seinerseits sagte er zu, dass er eigene Fehler eingestehen und offen mit ihnen umgehen werde.
Das neue Weiße Haus sagte zudem Transparenz und einen ehrlichen Umgang mit Journalisten zu. Sprecherin Psaki kündigte an, die täglichen Presse-Briefings im Weißen Haus wieder aufleben lassen zu wollen. Traditionell fanden Pressekonferenzen im Weißen Hauses früher in der Regel an Werktagen statt. Unter Biden-Vorgänger Donald Trump gab es sie nur noch sporadisch - wenn überhaupt. Trumps Sprecher hatten ein angespanntes Verhältnis zum Pressekorps des Weißen Hauses, waren dafür aber umso loyaler zu Trump.
TRUMPS BOTSCHAFT
Die Wege von Biden und Trump kreuzten sich am Mittwoch nicht im Weißen Haus - Trump war am Morgen vor Bidens Vereidigung schon in Richtung Florida abgereist. Er war der erste Präsident seit Andrew Johnson im Jahr 1869, der der Zeremonie zur Amtseinführung seines Nachfolgers fernblieb. Mit einer Tradition brach Trump nicht: Er hinterließ Biden vor seinem Auszug aus dem Weißen Haus eine Notiz im Büro des Präsidenten.
"Der Präsident hat einen sehr wohlwollenden Brief geschrieben", sagte Biden. Weil es sich bei dem Brief um eine persönliche Angelegenheit handele, wolle er nicht darüber sprechen, solange er nicht mit Trump geredet habe. US-Präsident Ronald Reagan hatte 1989 die Tradition begründet, dem Amtsnachfolger ein Schreiben im Oval Office zu hinterlassen.
Merkel verspricht Biden mehr Verantwortung Europas - auch militärisch
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat dem neuen US-Präsidenten Joe Biden ein stärkeres, auch militärisches Engagement Deutschlands und Europas in internationalen Fragen versprochen. "Europa wird insgesamt mehr Verantwortung übernehmen müssen, das gilt nicht nur militärisch, sondern das gilt auch im diplomatischen Bereich und in vielen anderen Dingen", sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag in Berlin. "Die gute Nachricht ist ja: Wir in Deutschland sind dazu bereit und die Europäische Union ist dazu auch bereit."
Merkel begrüßte die ersten außenpolitischen Entscheidungen des neuen US-Präsidenten. Konkret nannte sie die Rückkehr zum Klimaabkommen von Paris, den Stopp des US-Austritts aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Aufhebung des Einreiseverbots für Menschen aus muslimisch geprägten Ländern. "Es gibt einfach mit Präsident Biden einen viel breiteren Raum von politischer Übereinstimmung", sagte die Kanzlerin. Allerdings wies sie auch darauf hin, dass es weiterhin Differenzen geben werde. Es werde "Diskussionen geben (...), wie wir die Dinge gut für beide Länder machen", sagte sie diplomatisch.
Biden war am Mittwoch als Nachfolger von Donald Trump vereidigt worden. Danach hatte er eine Reihe von konkreten Entscheidungen getroffen. In seiner Antrittsrede vor dem US-Kapitol hatte er versprochen: "Wir werden unsere Bündnisse reparieren und mit der Welt zusammenarbeiten."
Die deutsch-amerikanischen Beziehungen waren in der Ära Trump auf einen Tiefpunkt abgesackt. Der nach vier Jahren am Mittwoch ausgeschiedene US-Präsident hatte Deutschland nicht wie einen Verbündeten, sondern wie einen Gegner behandelt, den er in einem Atemzug mit China und Russland nannte und sogar mit Sanktionen traktierte. Zu den Hauptstreitpunkten zählten die Verteidigungsausgaben, die Gas-Pipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland und der deutsche Handelsüberschuss.
Kampf gegen Pandemie: Biden will mehrere Verordnungen unterzeichnen
An seinem zweiten Tag als US-Präsident will Joe Biden mit einer Reihe von Verordnungen die Anstrengungen gegen die Corona-Pandemie vorantreiben. Mit einer Verfügung will Biden seine Befugnisse als Präsident nutzen, um die Herstellung von Schutzmasken und -handschuhen, Testzubehör und Materialien für die Verabreichung der Impfstoffe zu beschleunigen, wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Aufstellung der Regierung hervorging.
Andere Verordnungen zielen auf die Ausweitung der Testkapazitäten, die Unterstützung von Studien zu Behandlungsmöglichkeiten von Covid-19, die sichere Wiedereröffnung der Schulen und den Schutz von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz ab. Die Regierung versprach zudem, ehrlich mit dem Stand der Dinge in der Pandemie umzugehen.
Die Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses, Kate Bedingfield, fällte beim Nachrichtensender CNN ein vernichtendes Urteil über den Impfplan der Vorgängerregierung von Donald Trump. "Das war ein kläglicher Misserfolg", sagte Bedingfield. Sie versicherte, dass Biden einen Fokus auf die Impfkampagne legen werde.
Die Eindämmung der Corona-Pandemie ist eines der Hauptanliegen des neuen Präsidenten. Die Ausbreitung des Virus ist in den USA weiterhin außer Kontrolle. Es sei das Thema, mit dem er jeden Tag aufwache und das Thema, mit dem er jeden Abend ins Bett gehe, hatte die neue Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, am Mittwoch gesagt, nachdem Biden bereits eine Maskenpflicht unter anderem in Regierungsgebäuden und Flugzeugen angeordnet hatte.
WASHINGTON (dpa-AFX)
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