Pessimistischer Ausblick

ifo-Chef Sinn: In zwei Jahren wird mit Athen ein viertes Hilfsprogramm verhandelt

09.12.15 12:22 Uhr

ifo-Chef Sinn: In zwei Jahren wird mit Athen ein viertes Hilfsprogramm verhandelt | finanzen.net

Deutschlands bekanntester Ökonom sieht schwarz für Griechenland.

ifo-Präsident Hans-Werner Sinn geht fest davon aus, dass in 2 Jahren das vierte Kreditprogramm für das überschuldete Euro-Mitglied verhandelt werden muss. "Griechenland ist aktuell überdeckt worden von der Flüchtlingskrise. Das Problem ist aber ungelöst", sagte der scheidende Chef der Münchner Wirtschaftsforscher. "In 2 Jahren sehen wir uns wieder mit der gleichen Diskussion", ist sich Sinn sicher.

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   Die Europäer und Athen liegen sich schon ein halbes Jahr nach dem Beinahe-Konkurs des Landes wieder in den Haaren. Streit gibt es um das aus Sicht der Europäer zu langsame Reformtempo der Griechen und die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF). Ministerpräsident Alexis Tsipras will die ungeliebten Sparkommissare aus Washington am liebsten loswerden, was auf harten Widerstand Deutschland stößt. Dies sei "nicht im griechischen Interesse", sagte Schäuble am Dienstag nach dem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel.

   Für Hans-Werner Sinn beharrt Schäuble deshalb auf der Beteiligung des IWF, weil so das Drohpotenzial gegen Tsipras auf die Washingtoner Organisation übergeht, der die Stimmung in Europa egal sein kann. Die Bundesregierung müsse natürlich anders auf Befindlichkeiten von Euro-Partnern Rücksicht nehmen.

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   Der Ifo-Chef glaubt nicht daran, dass die Euro-Krise mit den bisherigen Methoden gelöst werden kann. Er hält es für einen Kardinalfehler, dass in der Euro-Krise Staaten die Geldgeber der Krisenländer geworden sind und sich die Banken zurückgezogen haben. Das laste nun schwer auf der Stimmung zwischen den Völkern Europas.

   Sinn kritisiert seit Jahren lautstark die aus seiner Perspektive falsche Rettungspolitik. Der Süden des Währungsblocks könne nur wieder an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, wenn er billiger würde. Weil das nur sehr schwer durchzusetzen ist, müsse Deutschland teurer werden. "Es geht realistischerweise nur so. Für Deutschland bedeutet das aber erhebliche Lasten", so Sinn.

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   Für ihn liegt der Hauptzweck des massiven Anleihekaufprogramms QE der Europäischen Zentralbank darin, die Inflation in Deutschland nach oben zu treiben. "Rechtlich ist QE fragwürdig, aber ökonomisch vertretbar", sagte der 67-Jährige bei einem seiner letzten Auftritte als Ifo-Präsident in Berlin.

   Sinn steht seit 1999 an der Spitze des Instituts und geht im März nächsten Jahres in den Ruhestand.

   BERLIN (Dow Jones)

Bildquellen: ifo