EY: Zeugenaussage im Wirecard-Ausschuss jetzt möglich - Prüfstelle konnte Bilanzbetrug nicht aufdecken
Wirtschaftsprüfer von EY können nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs nun doch im Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Bilanzskandal befragt werden.
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Offene Fragen zur Verschwiegenheitspflicht der Prüfer seien geklärt worden, teilte EY am Donnerstag mit. "Jeder vom Untersuchungsausschuss als Zeuge geladene EY-Mitarbeiter kann nun zur Abschlussprüfung bei Wirecard vor dem Untersuchungsausschuss aussagen." Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen sie voraussichtlich am 19. März erneut geladen werden.
Bisher hatten sich EY-Mitarbeiter vor dem Untersuchungsausschuss auf ihre Schweigepflicht als Wirtschaftsprüfer berufen. Die Rechtslage dazu sei umstritten, es sei nicht klar, ob sie aussagen dürften, hatten die Prüfer argumentiert. Der Ausschuss hatte ihnen deshalb ein Ordnungsgeld auferlegt, das vom Bundesgerichtshof nun zurückgenommen wurde. Der Beschluss liegt der dpa vor.
EY hatte die Wirecard-Bilanzen von 2009 bis 2018 geprüft und abgesegnet, lediglich für den Abschluss 2019 verweigerte die Gesellschaft das Testat. Laut Münchner Staatsanwaltschaft waren die Bilanzen des Zahldienstleisters aber spätestens seit 2015 manipuliert. EY ist nun mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht genau genug geprüft zu haben und dem Schwindel aufgesessen zu sein.
"Wir haben immer betont, dass wir zur Aufklärung der Sachverhalte im Fall Wirecard beitragen, dafür aber eine rechtssichere und wirksame Entbindung von unserer Verschwiegenheitsverpflichtung benötigen", erklärte EY. Auch die Akten, die EY dem Untersuchungsausschuss bisher versiegelt übergeben habe, sind nun für die Abgeordneten einsehbar.
Der SPD-Obmann im Ausschuss, Jens Zimmermann, erklärte, er erwarte nun ein "Ende des Mauerns der verantwortlichen Wirtschaftsprüfer". "Jetzt können die Wirtschaftsprüfer sich nicht mehr hinter der Mauer des Schweigens verstecken", betonte seine Kollegin Cansel Kiziltepe (SPD).
Prüfstelle zu Wirecard-Skandal: Konnten Bilanzbetrug nicht aufdecken
Der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) fehlten laut ihrem Präsidenten Edgar Ernst die Mittel und die kriminalistische Expertise, um den Bilanzbetrug der Wirecard AG aufzudecken. "Die DPR kann die korrekte Abbildung von ausgewählten Geschäftsvorfällen sicherstellen, nicht aber die Existenz von Vermögenswerten nachweisen", sagte Ernst am Donnerstag bei einer Anhörung im Wirecard-Untersuchungsausschuss im Bundestag. Demnach prüft die DPR nicht, ob etwa ein vorgelegter Vertrag gefälscht ist oder ob ein Kunde überhaupt existiert.
Noch schwieriger sei es, wenn wie im Fall Wirecard die Unternehmensleitung und Auskunftspersonen selbst die Betrüger seien, sagte der DPR-Chef. "Man kann so intelligente Fragen stellen wie man will, man ist im Endeffekt angewiesen auf die Antworten des Unternehmens."
Der privatrechtlich organisierte Verein DPR kontrolliert im Staatsauftrag Bilanzen. Die Finanzaufsicht Bafin hatte der auch als Bilanzpolizei bezeichneten Prüfstelle im Februar 2019 den Hinweis auf Ungereimtheiten in der Halbjahresbilanz 2018 von Wirecard gegeben. Daraufhin veranlasste die DPR eine Prüfung. Inzwischen hat die Bundesregierung den Vertrag mit der DPR zu Ende 2021 gekündigt.
Die inzwischen insolvente Wirecard AG hatte im Juni 2020 eingestanden, dass in der Bilanz aufgeführte 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf asiatischen Bankkonten lagen, nicht auffindbar sind. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht mittlerweile von einem "gewerbsmäßigen Bandenbetrug" aus - und zwar seit dem Jahr 2015. Mehr als drei Milliarden Euro könnten verloren sein.
/tam/DP/men
BERLIN (dpa-AFX)
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