Noch lange Bärenmarkt

Fondsmanager warnt: Darum sollten Anleger noch nicht wieder in den Markt einsteigen

08.07.22 23:50 Uhr

Fondsmanager warnt: Darum sollten Anleger noch nicht wieder in den Markt einsteigen | finanzen.net

An den Aktienmärkten haben momentan die Bären das Sagen - und auch, wenn es zwischendruch kräftig nach oben gehen sollte, wird sich daran für lange Zeit nichts ändern, glaubt ein Fondsmanager. Er rät Anlegern daher, sich noch nicht wieder in den Markt hineinziehen zu lassen.

Werte in diesem Artikel
Indizes

19.405,2 PKT 82,6 PKT 0,43%

44.736,6 PKT 440,1 PKT 0,99%

5.987,4 PKT 18,0 PKT 0,30%

• Trevor Greetham: Bärenmarkt wird aus historischer Erfahrung noch lange dauern
• Erleichterungsrallyes im Bärenmarkt möglich, aber kein Grund zum Einstieg
• Verlangsamung der Wirtschaft wird weitergehen



Die Aktienmärkte in Europa und den USA befinden sich seit Jahresbeginn im Rückwärtsgang - auch wenn es dabei teils zu kräftigen Schwankungen kommt. So gibt es auch immer wieder Tage, an denen DAX, Dow Jones, S&P 500 und Co. kräftig zulegen können. Doch selbst, wenn so eine Gewinnserie mehrere Tage anhalten sollte, warnte Fondsmanager Trevor Greetham Anleger davor, dies bereits als Anzeichen für das Ende des Bärenmarktes zu werten. Seiner Meinung nach handelt es sich bei solchen Tagen nur um eine kurzfristige Erleichterungsrallye und der Bärenmarkt werde noch für einige Zeit weitergehen.

Experte: Ende des Bärenmarktes noch lange nicht in Sicht

Gegenüber "CNBC" sagte Trevor Greetham, der beim Fondsmanager Royal London Asset Management (RLAM) die Abteilung Multi-Asset leitet, dass alle Tage mit dem größten Aufwärtstrend in Bärenmärkten stattfinden würden. Anleger sollten sich an solchen Tagen aber "nicht zu sehr in die Märkte zurückziehen" lassen, denn es handele sich lediglich um sehr kurze Erleichterungsrallyes, der Abwärtstrend sei damit noch lange nicht gebrochen. "Denken Sie nicht, dass dies das Ende des Bärenmarktes ist", warnte Greetham in der "CNBC"-Sendung "Squawk Box Europe".

Stattdessen empfahl der Experte allen Investoren, einen Blick auf vergangene Bärenmärkte zu werfen, die so wie der aktuelle "von den Zentralbanken inspiriert" gewesen seien. Dies könne Aufschluss über die Dauer des aktuellen Marktabschwungs geben. Als Beispiel für solche zentralbankgetriebenen Bärenmärkte nannte Greetham die frühen 1990er sowie die frühen 2000er, kurz nach dem Platzen der Dotcom-Blase, und die Finanzkrise von 2007 bis 2009. "Man hatte zwei- oder dreijährige Bärenmärkte bei Aktien und wir hatten bisher sechs Monate, also sind die Bilanzen das nächste Problem", so der Fondsmanager. Nach seiner Ansicht steckt der Markt momentan in einer Übergangsphase zwischen verschiedenen Abschnitten des Bärenmarktes.

Am Markt steht "lange, zermürbende Zeit" bevor

"Was wir bisher gesehen haben, ist nur der zinsgetriebene Teil dieses Bärenmarktes", sagte Greetham gegenüber "CNBC". Die Zentralbanken weltweit versuchen momentan, durch scharfe Zinserhöhungen die Inflation nach unten zu drücken und haben dadurch Befürchtungen befeuert, dass die sich ohnehin bereits verlangsamende Wirtschaft in eine Rezession abgleiten könnte. Diese Befürchtungen haben laut dem Experten offenbar durchaus ihren Grund: "Wir befanden uns in einer Stagflation mit einer Verlangsamung und steigender Inflation, aber wir glauben, dass wir uns weiterhin in einer Verlangsamung befinden werden, wenn die Inflation zurückgeht, weil die Zentralbanken diese weit nach unten werden drücken müssen", sagte er. "Um die Inflation wieder aus dem System zu bekommen, müssen sie die Zinssätze erhöhen, bis die Volkswirtschaften die benötigte freie Kapazität schaffen. Das bedeutet, Rezessionen zu schaffen", führte Greetham laut "London loves Business" bei einem Panel von Interactive Investors genauer aus.

Wie der Marktexperte gegenüber "CNBC" sagte, könne dies "eine ziemlich lange, zermürbende Zeit" werden - und auf die zinsgetriebene erste Phase des Bärenmarktes werde eine zweite Phase bestehend aus einem "bilanzgetriebenen Bärenmarkt" folgen. "Die Politik wird also ziemlich straff bleiben, die Zinsen werden viel höher steigen, selbst wenn die Inflation zurückgeht, und das ist ein Problem für Aktien, denn wenn man sich frühere Rezessionen ansieht, haben sich die Aktienmärkte normalerweise nicht richtig hindurchgewühlt, bis die Arbeitslosenquote ihren Höhepunkt erreicht hat", so der Fondsmanager. Momentan sei aber der US-Arbeitsmarkt noch relativ stark, weshalb es noch ein bis zwei Jahren dauern dürfte, bevor sich eine nachhaltige Erholung bilden könne.

Breite Diversifikation als bester Schutz

Mit Blick auf die Anleger sagte Greetham im Interview mit "CNBC", dass man den Bärenmarkt noch ein bisschen länger durchlaufen müsse und daher taktisch vorgehen und diversifiziert sein solle. Wie das aussehen könnte, erläuterte er in einem Gastbeitrag auf "Money Marketing". So seien seiner Meinung nach passiv investierende Aktien- und Anleihefonds - gemeint sind offenbar ETFs - sowie Wachstumsaktien "nicht gut geeignet für das, was jetzt passiert". Stattdessen böten Value-Aktien, etwa aus dem Finanz- oder Rohstoffsektor einen gewissen Schutz. Außerdem seien Sachwerte wie Gewerbeimmobilien attraktiv. Generell gelte: "Eine breite Diversifikation ist unter diesen Umständen wichtiger denn je", so Greetham.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Immersion Imagery / Shutterstock.com, Ilkin Zeferli / Shutterstock.com