Ukraine-Krieg im Fokus: Verhandlungsrunde zwischen Russland und Ukraine beendet - Militär-Aktivitäten sollen reduziert werden
Rund viereinhalb Wochen nach der russischen Invasion in die Ukraine haben sich Delegationen aus der Ukraine und Russland zu einer neuen Verhandlungsrunde in Istanbul getroffen.
Die Delegationen der Ukraine und Russlands haben ihre Verhandlungsrunde in Istanbul beendet. Das meldete der türkische Staatssender TRT etwa vier Stunden nach Beginn der Friedensgespräche am Dienstag.
Die Unterhändler hatten sich seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut vier Wochen zuvor dreimal im Grenzgebiet von Belarus getroffen. Danach gab es regelmäßige Videoschalten.
Die Verhandlungen über ein Ende des Angriffskriegs gestalten sich schwierig, die Positionen liegen weit auseinander: Die ukrainische Regierung will einen Abzug der russischen Truppen und Sicherheitsgarantien. Moskau fordert unter anderem einen Verzicht der Ukraine auf einen Nato-Beitritt sowie eine Anerkennung der abtrünnigen ostukrainischen Separatistengebiete als eigene Staaten und der 2014 annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim als Teil Russlands.
Moskau: Militär-Aktivitäten bei Kiew und Tschernihiw werden reduziert
Russland will seine "militärischen Aktivitäten" in der Ukraine bei Kiew und Tschernihiw deutlich reduzieren. Dies sei angesichts des Verlaufs der Verhandlungen mit der Ukraine entschieden worden, teilte Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin am Dienstag nach den Gesprächen in Istanbul mit. Dort hatten sich Delegationen aus Moskau und Kiew zu Friedensverhandlungen getroffen.Russland hatte seinen Angriffskrieg auf die Ukraine vor gut einem Monat begonnen. Es war die erste Ankündigung zu einem Rückzug dieser Art von russischer Seite. Das Verteidigungsministerium hatte vor einigen Tagen mitgeteilt, sich auf den Donbass im Osten der Ukraine konzentrieren zu wollen.
Der Schritt solle dazu dienen, gegenseitig Vertrauen aufzubauen und die Bedingungen für weitere Verhandlungen zu schaffen, sagte Fomin. Die Ukraine sei dabei, einen Vertrag vorzubereiten über einen neutralen Status des Landes ohne Atomwaffen. Russland gehe davon aus, dass die Ukraine dazu entsprechende Entscheidungen treffe. Eine ausführliche Information über die Vereinbarungen von Istanbul solle es nach der Rückkehr der Delegation nach Moskau geben.
Unterdessen teilte der ukrainische Generalstab mit, im Gebiet um die Hauptstadt Kiew und die nordukrainische Großstadt Tschernihiw werde der Abzug einzelner Einheiten der russischen Streitkräfte beobachtet.
Bei russischen Angriffen auf Tschernihiw sind nach Angaben der örtlichen Behörden bereits mehr als 350 Menschen ums Leben gekommen. Die Zahlen seien aber nur vorläufig, sagte Bürgermeister Wladylsaw Atroschenko am Dienstag nach Angaben der ukrainischen Agentur Unian. Es könnten ach Schätzungen auch bis zu 400 Tote sein. In den Krankenhäusern der Stadt lägen zudem rund 400 Verletzte.
Russischer Delegationschef nennt Gespräche mit Ukraine "konstruktiv"
Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski hat die jüngste Runde der Verhandlungen zur Beendigung des Krieges mit ukrainischen Vertretern als konstruktiv gelobt. "Gerade sind die Gespräche mit der ukrainischen Seite zuende gegangen. Die Gespräche sind konstruktiv verlaufen", sagte Medinski am Dienstag in Istanbul zu Journalisten. Der Beauftragte des russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärte zudem, dass Russland bereit sei, "zwei Schritte zur Deeskalation des Konflikts" zu unternehmen. Einer davon betreffe die militärische und einer die politische Ebene.Die ukrainische Seite habe eine "verständlich formulierte Position für die Aufnahme in einen Vertrag" überreicht. "Diese Vorschläge werden in naher Zukunft geprüft, dem Präsidenten vorgelegt und von uns entsprechend beantwortet", sagte Medinski.
Zuvor hatte Russlands Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin eine deutliche Verringerung "militärischer Aktivitäten" bei Kiew und Tschernihiw angekündigt.
Nach neuen Friedensgesprächen: Ukraine fordert Sicherheitsgarantien
Nach einer neuen Runde von Friedensverhandlungen mit Russland beharrt die ukrainische Delegation im Austausch für einen möglichen neutralen Status auf harten Sicherheitsgarantien. Diese sollten von den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats wie den USA, Frankreich, Großbritannien, China oder Russland kommen, sagte Delegationsmitglied David Arachamija am Dienstag vor Journalisten in Istanbul. Dazu könnten auch die Türkei, Deutschland, Kanada, Italien, Polen, Israel und andere Länder gehören.Die Garantien sollten ähnlich wie der Artikel fünf des Nato-Vertrages formuliert sein. Demnach sind die Mitglieder des Militärbündnis zum sofortigen militärischen Beistand im Falle eines Angriffs auf einen Partner verpflichtet.
Gebietsabtretungen seien für Kiew weiter indiskutabel. "Wir erkennen nur die Grenzen der Ukraine an, die von der Welt mit Stand 1991 anerkannt sind", betonte der Fraktionsvorsitzende der Präsidentenpartei. Dabei könne es keine Kompromisse geben.
Moskau hatte das Nachbarland vor knapp fünf Wochen überfallen und fordert unter anderem eine Anerkennung der 2014 annektierten Halbinsel Krim als russisches Staatsgebiet sowie die Anerkennung der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten.
Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sagte in seinem Kommentar, dass die Frage der Krim nach dem Ende der aktuellen Kampfhandlungen innerhalb von 15 Jahren diskutiert werden solle. Ebenso ausgeschlossen von einer aktuellen Friedenslösung solle die Frage des Status der Gebiete Donezk und Luhansk behandelt werden. Die russische Armee hat inzwischen die komplette Eroberung der Region zum Hauptziel ihrer "Militäroperation" erklärt.
Türkei lobt "bedeutendste Fortschritte" bei Friedensverhandlungen
Die türkische Regierung wertet die Ergebnisse der Friedensverhandlungen in Istanbul als deutliche Schritte zu einem Ende des Kriegs in der Ukraine. Bei den Gesprächen der russischen und ukrainischen Delegation seien "die bedeutendsten Fortschritte" seit Beginn der Gespräche erzielt worden, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Dienstag. Er fügte hinzu, der Kriege müsse "jetzt enden". Eine Sprecherin des Außenministeriums sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Verhandlungen in Istanbul seien beendet, sie würden am Mittwoch nicht fortgeführt.Russland hat in Folge der Gespräche angekündigt, seine "militärischen Aktivitäten" in der Ukraine bei Kiew und Tschernihiw deutlich reduzieren zu wollen. Moskau hatte seinen Angriffskrieg auf die Ukraine vor gut einem Monat begonnen. Es war die erste Ankündigung zu einem Rückzug dieser Art von russischer Seite.
Die Unterhändler hatten sich bis zum Treffen in der Türkei bereits dreimal im Grenzgebiet von Belarus getroffen. Danach gab es regelmäßige Videoschalten.
Das Nato-Land Türkei hat enge Beziehungen zu Kiew und Moskau und ist von Russland etwa in den Bereichen Energie- und Getreideversorgung sowie im Tourismus abhängig. Präsident Recep Tayyip Erdogan hat immer betont, keinen der beiden Partner aufgeben zu wollen.
ISTANBUL / MOSKAU (dpa-AFX)
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