Theranos verschenkt Aktien an Investoren - wenn die versprechen, nicht zu klagen

Die goldenen Zeiten von Theranos sind längst vorbei. Das Startup, das einst die Medizinbranche mit neuartigen Bluttests revolutionieren wollte und zeitweise mit neun Milliarden Dollar bewertet wurde, besitzt nun laut dem "Wall Street Journal" nur noch 150 Millionen Dollar an Kapital - Schulden noch nicht miteingerechnet.
Die Ermittlungen wegen möglicherweise falschen Testresultaten und zweifelhaften Umsatzzahlen läuteten 2016 den Abstieg des Unternehmens ein: Dem Startup wurde die Lizenz für Bluttests entzogen, zahlreiche Labore mussten schließen, rund 40 Prozent der Mitarbeiter wurden entlassen. Das Vermögen der Theranos-Gründerin Elizabeth Holmes - einst jüngste Selfmade-Milliardärin der Welt - wurde vom US-Magazin "Forbes" im vergangenen Jahr auf null zurückgesetzt.

Derzeit versucht das Unternehmen, mit der Herstellung und dem Verkauf eines neuen Medizintechnikgeräts namens "miniLab" wieder auf die Beine zu kommen - auch wenn Theranos immer noch mit Altlasten zu kämpfen hat. Um diese jedoch zumindest etwas besser in den Griff zu bekommen, wagt das Unternehmen eine ungewöhnliche Strategie: Es will laut "Wall Street Journal" Aktien an Investoren verschenken, wenn diese sich dazu verpflichten, nicht gegen Theranos oder Gründerin Elizabeth Holmes vor Gericht zu ziehen.

Aktiengeschenk für ausgewählte Investoren

Das Angebot solle "einen Weg nach vorne in der Partnerschaft mit Angestellten, Investoren und anderen Anteilseignern" ermöglichen, sagte Daniel Warmenhoven, Aufsichtsratsmitglied von Theranos, gegenüber dem Magazin. Das Unternehmen ist nicht börsennotiert, die Papiere sollen aus dem persönlichen Besitz von Gründerin Elizabeth Holmes stammen. Sie hält aktuell noch rund 50 Prozent an dem Unternehmen, könnte ihre Mehrheit durch die Aktion jedoch verlieren.

Das Angebot gilt allerdings nur für Investoren, die sich Ende 2015 an der bis dato letzten Finanzierungsrunde von Theranos beteiligt hatten. Denn kurz bevor die Probleme begannen, hatte das Unternehmen von ihnen noch rund 600 Millionen Dollar eingesammelt. 15 bis 17 Dollar sollen die Geldgeber damals pro Aktie bezahlt haben. Nun sollen sie pro erworbener Aktie zwei weitere gratis hinzubekommen - aber nur, wenn sie nicht klagen.

Theranos steht bereits vor Gericht

Die Angst vor neuen Gerichtsprozessen ist nicht ganz unbegründet. Im Oktober 2016 hatte der Hedgefonds Partner Fund Management als erster Investor Klage gegen Theranos eingereicht. Er warf dem Unternehmen vorsätzliche Täuschung vor: Es habe vorgegeben, dass die Technologie kurz vor der Markteinführung stünde. Partner Fund Management hatte bereits 2014 in Theranos investiert, also lange bevor die Probleme ans Licht kamen. Weitere Klagen folgten jedoch: Unter anderem warf der Investor Robert Coleman dem Unternehmen Betrug vor und auch die amerikanische Drogeriekette Walgreens, die den Bluttest an 40 Standorten anbot, zog gegen den ehemaligen Geschäftspartner vor Gericht. Allein die Schadenersatzforderung von Walgreens in Höhe von 140 Millionen Dollar würde bei den geringen Barmitteln von Theranos wohl reichen, um die Firma in den Ruin zu treiben. Bei der Summe handelt es sich übrigens auch um genau den Betrag, den die Drogeriekette zuvor in das Startup investiert hatte.

Ob das angekündigte Aktiengeschenk nun ausreicht, um zumindest die neueren Geldgeber von einer Klage abzuhalten, wird sich zeigen müssen. Immerhin dürften die Theranos-Anteile aktuell kaum noch etwas wert sein. Insider sagten dem "WSJ", die Bedingungen des Angebots würden aktuell noch von den Investoren geprüft werden, viele hätten jedoch schon ihre Bereitschaft zur Zustimmung signalisiert.

Redaktion finanzen.net