Wirecard-Aktie steigt an DAX-Spitze: KPMG-Prüfung dauert an - bisher kein Beleg für Bilanzmanipulation
Die vom Wirecard-Aufsichtsrat beauftragte Sonderuntersuchung dauert an.
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Der DAX-Konzern Wirecard verschiebt die Veröffentlichung einer nach Manipulationsvorwürfen angestoßenen Sonderprüfung der Bilanzen zum zweiten Mal. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG will ihre Ergebnisse demnach am kommenden Montag (27. April) übermitteln, wie der Zahlungsdienstleister am Mittwochabend in Aschheim bei München mitteilte.
Bisher sei bei der Sonderprüfung in allen vier relevanten Geschäftsbereichen nichts Substanzielles herausgekommen, das eine Korrektur der Bilanzen der Jahre 2016, 2017 und 2018 notwendig machen würde. Keinerlei Belege gab es demnach für die öffentlich erhobenen Vorwürfe der Bilanzmanipulation.
Mit der Mitteilung vom Vorabend stellte Wirecard fest, dass sich für die Prüfer auch im stark kritisierten Drittpartner-Geschäft bisher "keine substanziellen Feststellungen" ergeben hätten, die Korrekturen an den Jahresabschlüssen nötig machen würden. Für das Geschäft in Indien, in Singapur und bei den Händlervorfinanzierungen hatte Wirecard bereits zuvor Entwarnung gegeben.
Im Drittpartner-Geschäft wickelt Wirecard über Partnerfirmen Zahlungen in Ländern ab, in denen das Unternehmen selbst keine oder noch keine eigene Lizenz dazu hat.
Das Risiko, nun noch etwas in den Büchern zu finden, sollte nun eher gering sein, auch weil die KPMG-Experten bereits seit Monaten die Zahlen durchforsteten, schrieb Analyst Simon Bentlage von der Privatbank Hauck & Aufhäuser in einer ersten Reaktion. Das Drittpartner-Geschäft sei einer der am heftigsten kritisierten Bereiche gewesen, daher schätze er die vorläufige Entlastung durch KPMG in diesem Punkt als sehr beruhigend ein. Das Glas scheine nun eher halbvoll als halbleer, zeigte sich auch Knut Woller von der Baader Bank optimistisch.
Wirecard wollte die Ergebnisse ursprünglich bis Ende März veröffentlichen, dann am 22. April. Der Fahrplan hat sich den Angaben zufolge unter anderem wegen der Corona-Krise verzögert. Seit Oktober durchleuchten die Experten von KPMG die Bücher der Aschheimer, regulärer Buchprüfer ist EY.
Die "Financial Times" hatte Wirecard im vergangenen Jahr in einer Serie von Berichten einerseits illegale Praktiken mit Scheinbuchungen und andererseits die Zurückhaltung wichtiger Informationen vorgeworfen. An der Börse war es danach für den im Herbst 2018 in den deutschen Leitindex Dax aufgestiegenen Konzern zu einem deutlichen Kursabsturz gekommen.
Der Fall Wirecard beschäftigt in Deutschland sowohl die Finanzaufsicht Bafin als auch die Münchner Staatsanwaltschaft, aber in der Hauptsache nicht gegen Wirecard. Die Behörden gehen dem Verdacht nach, dass das Unternehmen Opfer gezielter Attacken von Börsenspekulanten geworden sein könnte. Das Unternehmen sieht sich wiederholt als Leidtragender solcher Praktiken, in denen Leerverkäufer über das Streuen schlechter Nachrichten mit fallenden Kursen Geld verdienen können.
Wirecard-Vorstandschef Markus Braun und das Management waren auch bei Aktionären in die Kritik geraten, die bessere Kommunikation und mehr Transparenz forderten. Braun ist mit 7 Prozent Anteil selbst einer der größten Aktionäre des Unternehmens. Wirecard will den kompletten KPMG-Bericht unmittelbar nach dessen Fertigstellung auf der Firmenwebseite veröffentlichen.
Wirecard sucht drei neue Aufsichtsräte
Nach dem Abschluss der Sonderprüfung durch KPMG muss sich der Zahlungsabwickler Wirecard in den nächsten Wochen gleich drei neue Aufsichtsratsmitglieder suchen.Die seit 2018 im Kontrollgremium sitzende Susana Quintana-Plaza habe ihr Mandat Anfang des Monats vorzeitig niedergelegt und scheide Ende April aus dem Gremium aus, sagte eine Wirecard-Sprecherin am Donnerstag. Eigentlich lief ihr Vertrag noch bis 2021. Bis zur Hauptversammlung Anfang Juli wolle der DAX-Konzern den offenen Posten besetzt haben. Darüber hinaus sucht Aufsichtsratschef Thomas Eichelmann ohnehin seit längerem zwei zusätzliche Personen für das Gremium, das mit bislang sechs Mitgliedern für ein DAX-Unternehmen vergleichsweise klein ist.
Der Rücktritt von Quintana-Plaza, über den zuerst die "Wirtschaftswoche" berichtet hat, habe nichts mit der derzeit laufenden KPMG-Bilanzprüfung zu tun, sagte eine mit der Sache vertraute Person zu Reuters. Sie habe eine neue Aufgabe bei ihrem Arbeitgeber, dem portugiesischen Energiekonzern Galp Energia, übernommen und gebe deshalb ihr Mandat bei Wirecard auf. Wirecard wollte sich dazu nicht äußern.
Aufsichtsratschef Eichelmann hatte kurz nach seinem Antritt im Januar angekündigt, den Aufsichtsrat auf acht Mitglieder vergrößern zu wollen und Personen mit internationaler Expertise zu suchen. Auch der Vorstand soll erweitert werden. Die Hauptversammlung findet nach derzeitigen Plänen am 2. Juli statt, jedoch wohl - wie bei anderen Firmen auch - wegen der Corona-Krise als rein virtuelle Veranstaltung.
So reagiert die Wirecard-Aktie
Erfreut bis begeistert haben Anleger am Donnerstag auf die Nachricht reagiert, dass die Wirtschaftsprüfer von KPMG bei dem Zahlungsdienstleister Wirecard in dessen Sonderprüfung bislang nichts bilanziell Auffälliges gefunden haben. Mit einem Kurssprung via XETRA von letztlich 11,42 Prozent auf 140,90 Euro setzten sich die Papiere nicht nur an die DAX-Spitze; sie holten auch die Verluste aus dem weltweiten Börsen-Crash infolge der Corona-Pandemie komplett wieder auf. Und das waren vom 24. Februar bis zum 16. März immerhin 40 Prozent.
Analyst Simon Bentlage von der Investmentbank Hauck & Aufhäuser nannte es in einer ersten Reaktion "sehr beruhigend", dass die Prüfer bislang nichts Auffälliges gefunden hätten. Trotz der nochmals verschobenen Veröffentlichung des Berichts sei es nun doch recht unwahrscheinlich, dass doch noch Belastendes gefunden werden sollte. Er verwies darauf, dass Wirecard nun schon seit Oktober die Vorwürfe untersuchen lasse.
Die "Financial Times" hatte Wirecard in einer Serie von Berichten einerseits illegale Praktiken mit Scheinbuchungen und andererseits die Zurückhaltung wichtiger Informationen vorgeworfen. An der Börse war der Kurs des im Herbst 2018 in den deutschen Leitindex Dax aufgestiegenen Konzerns daraufhin abgestürzt: Am 15. Oktober waren die Papiere um bis zu 23 Prozent eingebrochen, der Börsenwertverlust hatte vier Milliarden Euro betragen.
"Die Stimmung unter den Investoren sollte sich verbessern. Es ist eine Erleichterung, dass KPMG keine Beweise für Bilanzmanipulationen gefunden hat", schrieb Analyst Harald Schnitzer von der DZ Bank. Anleger müssten sich nun noch einige Tage gedulden, um endgültig Klarheit zu haben. Schnitzer wie auch Simon Bentlage von Hauck & Aufhäuser rieten zum Kauf der Aktien.
Die hohen Kursverluste vom Herbst 2019 hatte die Aktie bereits Anfang 2020 wieder gut gemacht, als es an den Börsen auf breiter Front aufwärts gegangen war. Die Ausbreitung des Coronavirus erwischte dann jedoch im Februar auch die Wirecard-Aktie schwer. Von Kursen um 133 Euro ging es bis auf unter 80 Euro steil abwärts. Diese Verluste sind nun wieder aufgeholt.
ASCHHEIM (dpa-AFX) / FRANKFURT (Dow Jones) / Frankfurt (Reuters)
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Bildquellen: CHRISTOF STACHE/AFP/Getty Images
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