Ngozi Okonjo-Iweala aus Nigeria ab 1. März neue WTO-Chefin
Nach dem Ende einer monatelangen US-Blockade ist die nigerianische Entwicklungsökonomin Ngozi Okonjo-Iweala zur neuen Generaldirektorin der Welthandelsorganisation (WTO) ernannt worden. vvvv
Die Entscheidung der 164 Mitgliedsländer fiel am Montag bei einer Online-Sitzung der WTO-Botschafter in Genf einstimmig. Die 66-Jährige tritt ihr Amt am 1. März an.
Mit Okonjo-Iweala tritt erstmals eine Frau und erstmals eine Vertreterin des afrikanischen Kontinents an die Spitze der 1995 gegründeten Organisation. Die WTO will die Liberalisierung des Welthandels unter fairen und nachhaltigen Bedingungen fördern. Okonjo-Iweala sieht Handel nach eigenen Angaben als Motor für Wohlstand, Widerstandskraft und nachhaltiges Wachstum.
"Ich freue mich darauf, mit den Mitgliedsländern Maßnahmen umzusetzen, um die globale Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen", sagte Okonjo-Iweala nach der Ernennung. "Unsere Organisation sieht sich vielen Herausforderungen ausgesetzt, aber wenn wir zusammenarbeiten, können wir die WTO gemeinsam stärker und agiler machen und sie besser an die aktuellen Realitäten anpassen."
Die USA hatten der 66-Jährigen unter Ex-Präsident Donald Trump im Herbst als einziges Land die Zustimmung verweigert. Trumps Nachfolger Joe Biden hob den Widerstand auf.
Okonjo-Iweala hat umfangreiche internationale Erfahrung: Sie war zwei mal Finanzministerin von Nigeria und 25 Jahre lang bei der Weltbank in Washington, wo sie zur Nummer zwei aufstieg. Zuletzt leitete sie den Verwaltungsrat der internationalen Impfinitiative GAVI, die die faire Verteilung der Corona-Impfstoffe weltweit koordinieren soll. Sie folgt auf Roberto Azevêdo, der im Sommer 2020 vorzeitig zurückgetreten ist. Er wechselte zum US-Getränkehersteller PepsiCo.
Okonjo-Iweala übernimmt die WTO in ihrer schwersten Krise. Seit dem Scheitern der 2001 gestarteten Doha-Runde gab es keine größeren Handelsliberalisierungen mehr. Eine der größten Errungenschaften der WTO, die Streitschlichtung bei Handelsdisputen, ist gelähmt, weil die USA seit Jahren die Ernennung neuer Berufungsrichter blockieren. Die Berufungsinstanz ist deshalb seit Dezember 2019 handlungsunfähig. Die Kritik an der Handhabe der Berufungsrichter begann schon unter Präsident Barack Obama. Die USA verlangen Reformen, legten aber wenig konkrete Forderungen vor. Reformbedarf sehen auch andere Länder.
Um in der schwierigen Situation zu vermitteln, sei politisches Geschick gefragt, meinte die Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Lisandra Flach. Diese zentrale Eigenschaft bringe Frau Okonjo-Iweala mit. Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie, bezeichnete die Entscheidung als "Befreiungsschlag für dringend notwendige Reformen und ein Hoffnungszeichen für den internationalen regelbasierten Handel". Er rief die Ökonomin zu mutigen Schritten auf. "Oberste Priorität für Ngozi Okonjo-Iweala muss die Reform der Streitschlichtung haben. Nur ein reformierter WTO-Mechanismus legt Handelskonflikte wieder nach klaren und verbindlichen Verfahren bei.
Altmaier: Werden WTO-Generälin "mit aller Kraft" unterstützen
Die Bundesregierung hat ihre Glückwünsche an die neue Generaldirektorin der Welthandelsorganisation (WTO), Ngozi Okonjo-Iweala, mit der Hoffnung auf weitere Reformschritte in Genf verbunden. "Frau Dr. Okonjo-Iweala übernimmt Ihr Amt in einer schwierigen Zeit, die mit großen globalen Herausforderungen verbunden ist", erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) anlässlich der Benennung der 66-jährigen nigerianischen Ökonomin. "Wir werden die neue Generaldirektorin mit aller Kraft dabei unterstützen, die WTO wieder in erfolgreichere Gewässer lenken zu können."
Zuvor hatte der Rat der Mitgliedsländer Okonjo-Iweala einstimmig für das Spitzenamt ab 1. März ernannt. Die USA unter Donald Trump hatten nicht nur diese Personalie, sondern auch die Ernennung neuer Berufungsrichter bei der WTO blockiert. Damit konnte sich die Organisation seit Jahren nicht um die Schlichtung von Handelsstreitigkeiten zwischen ihren Mitgliedern kümmern. Trumps Nachfolger Joe Biden gab nun grünes Licht für die Personalie Ngozi Okonjo-Iweala.
Altmaier betonte, die neue WTO-Generaldirektorin bringe viel Erfahrung mit. Sie habe bereits erfolgreich bewiesen, "dass sie internationale Organisationen mit einer Vielzahl von Mitgliedern mit unterschiedlichen Interessen führen kann". Okonjo-Iweala war nigerianische Finanzministerin, Nummer zwei bei der Weltbank und zuletzt Aufsichtsratsvorsitzende bei der internationalen Impfstoff-Allianz Gavi. Sie wird für viereinhalb Jahre als erste Frau und erste Persönlichkeit aus Afrika an der Spitze der WTO stehen.
GENF / BERLIN (dpa-AFX / Dow Jones Newswires)
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