10 Jahre nach dem Lehman-Aus: "Die Narben sind deutlich"
Mark Holman, Chef des Londoner Vermögensverwalters TwentyFour, spricht im Interview mit €uro am Sonntag über die Lehren des Lehman-Untergangs und über die aktuelle Situation an den Märkten.
von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag
€uro am Sonntag: TwentyFour Asset
Management wurde 2008 zeitgleich mit dem Start der Finanzkrise gegründet. Was hat sich seitdem verändert?
Mark Holman: Der größte Unterschied zu damals liegt im Bankensystem selbst: Die großen Institute sind heute deutlich gesünder, sie sind stärker kapitalisiert und gehen gleichzeitig weniger Risiken ein. Spezialisierte Newcomer stoßen in die daraus entstehenden Nischen.
Könnte wieder eine Bankpleite kommen?
Das glauben wir nicht. Die Notenbanken könnten heute ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen. Die Art und Weise, wie Lehman pleitegegangen ist, hat die Politik der Notenbanken verändert.
Die Notenbanken haben die Märkte mit Geld geflutet. Scheitern sie beim Ausstieg?
Diese Sorge gibt es, aber die Notenbanken müssen nicht "aussteigen". Wenn sie die Anleihekäufe einstellen, dann deshalb, weil sie erreicht haben, was sie wollten. Der Rückzug kommt in kleinen Schritten.
Was hat die Krise in den Köpfen bewirkt?
Die Narben sind deutlich zu sehen. Die Leute fürchten eine Rezession, obwohl der nächste Abschwung wohl moderater ausfällt. Doch wegen der Ängste drohen signifikante Folgen für Vermögenswerte. Die Rezession 2008 verlief in ihrer Heftigkeit untypisch. Dies kann dazu führen, dass die Leute künftig erst verkaufen und dann nachdenken, ob es angemessen ist.
Und wo sehen Sie heute das Hauptrisiko?
Es ist die Verflechtung der Banken mit den Staaten - vor allem dass Banken dazu gedrängt werden, Staatsanleihen der jeweiligen Heimatländer zu halten. Einen Staatsbankrott könnten dann wohl die wenigsten dieser Häuser überleben. Die neuen politischen Strömungen in vielen Ländern haben diese Risiken wachsen lassen.
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Bildquellen: TwentyFour Asset Management