Nachfrageeinbruch

Conti-Aktie im Minus: Continental will Corona-Krise mit weiteren Einsparungen überbrücken - Aus für zwei Standorte

14.07.20 17:56 Uhr

Conti-Aktie im Minus: Continental will Corona-Krise mit weiteren Einsparungen überbrücken - Aus für zwei Standorte | finanzen.net

Der Nachfrageeinbruch in der Corona-Krise zwingt den Autozulieferer Continental zur Verschärfung seines schon laufenden Sparkurses.

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Unabhängig von der strukturellen Umwälzung der Branche zu E-Mobilität und Digitalisierung müsse der Konzern kurzfristig noch stärker reagieren, sagte Vorstandschef Elmar Degenhart am Dienstag bei der Hauptversammlung in Hannover. "Das Virus verschärft vor allem den konjunkturellen Rückschlag. Wir justieren unsere Finanzstruktur neu. Wir bauen uns eine Corona-Brücke über die kommenden Jahre."

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Überkapazitäten würden abgebaut. "Wir reduzieren Investitionen, wir verringern Arbeits- und Sachkosten. Im Klartext: Wir sparen jetzt zusätzlich Geld ein." Es gehe um mehrere Hundert Millionen Euro, so Degenhart. "Auswirken wird sich das bis 2022. Dazu stehen wir bereits im engen Austausch mit den Vertretern unserer Belegschaft." Und das Programm "Transformation 2019-2029" mit einer angepeilten Reduzierung der Bruttokosten um 500 Millionen Euro laufe weiter. "Die Krise ändert nichts daran", meinte Degenhart vor den online zugeschalteten Aktionären. "Im Gegenteil: Wir strengen uns jetzt noch mehr an."

Continental steckte schon vor der Pandemie in einem großen Umbauprozess, bei dem weltweit Tausende Stellen wegfallen könnten. So geht etwa in Westeuropa die Produktion von Pumpen und Einspritztechnik für Verbrenner schrittweise zu Ende. Auch Anzeige- und Bedienelemente sind betroffen. Gleichzeitig werden Mitarbeiter weiterqualifiziert und Stellen besonders im Software-Bereich geschaffen. Bisher waren rund 3000 Jobs "verändert", wie sich das Unternehmen ausdrückt. Etliche Beschäftigte sind inzwischen umgeschult, etliche haben den DAX-Konzern allerdings auch verlassen.

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"Investitionen, die in die Zukunft geschoben werden können, analysieren wir aktuell sehr genau", erklärte Degenhart. "Es ist auch möglich, dass wir betriebsbedingt kündigen müssen. Aber das ist nur das letzte Mittel." Personalvorständin Ariane Reinhart betonte, auch Arbeitszeitverkürzung sei ein mögliches Instrument, um die Kosten zu drücken und gleichzeitig Fachkräfte im Unternehmen zu halten.

Die IG Metall mahnte, das Bekenntnis zu Zukunftstechnologien wie E-Antrieben oder dem autonomen Fahren müsse auch zu hinreichendem Jobaufbau in solchen Bereichen führen. "Das Unternehmen muss eine nach vorn gerichtete Strategie vorlegen, mit der Beschäftigung und Ausbildung bestmöglich gesichert werden", sagte die Vizechefin der Gewerkschaft und Vize-Aufsichtsratsvorsitzende von Conti, Christiane Benner. "Der Dreisatz, aus einem Umsatzrückgang einen entsprechenden Personalabbau zu berechnen, ist definitiv zu kurz gesprungen."

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Der Leiter des IG-Metall-Bezirks Mitte, Jörg Köhlinger, erinnerte das Management daran, dass Politik und Sozialversicherungen viel Hilfe für die Industrie leisteten: "Kurzarbeit hilft Beschäftigten und Unternehmen. Wir werden es nicht akzeptieren, wenn jetzt einige die Krise für umfangreiche Strukturanpassungen nutzen wollen."

Degenhart wies die Anteilseigner darauf hin, dass die Pandemie tiefe Spuren in der Bilanz hinterlässt. Conti erwartet für das zweite Quartal rote Zahlen. Der April sei bei Umsatz und Ergebnis am schwächsten gewesen. "Der Mai lag über April, und der Juni über dem Mai", umriss Degenhart eine leichte Erholung. Doch selbst im Juni hätten die Erlöse noch deutlich unter dem Vorjahresmonat gelegen.

Im vergangenen Jahr hatte Conti vor allem wegen hoher Abschreibungen und Probleme auf dem chinesischen Markt einen Milliardenverlust eingefahren. Die Aktionäre bekommen für das Geschäftsjahr 2019 dennoch eine Dividende von 3 Euro je Papier - der ursprüngliche Vorschlag lag bei 4 Euro und damit schon 75 Cent unter dem Vorjahr, wurde aber wegen Corona nochmal zurechtgestutzt.

Laut Degenhart wird es noch dauern, bis die Folgen der Viruskrise weggesteckt sind: "Weder in Europa noch in Amerika wird sich die Wirtschaft schnell erholen." Zulieferer seien in einer "Talsohle". "Frühestens nach 2025 erreichen wir wieder das Niveau von 2017.

Die Anleger stimmten mit breiter Mehrheit für die Beschlussvorschläge des Unternehmens. Großaktionär ist mit 46 Prozent der Anteile die Industriellenfamilie Schaeffler, deren gleichnamiger Auto- und Industriezulieferer ebenfalls schwer von der Krise betroffen ist.

Continental investiert Milliarden in E-Antriebe, Software, Sensorik sowie Technologien für das assistierte Fahren. Die Antriebssparte, die in das Unternehmen Vitesco abgespalten wird, hat aber auch noch Technik für klassische Benzin- und Dieselmotoren im Angebot. "Wir erwarten keine Renaissance des Verbrenners", stellte Degenhart klar. "Die Technologie wird uns jedoch noch über einen längeren Zeitraum begleiten."

Zu den Diesel-Ermittlungen gegen frühere und aktuelle Beschäftigte der einstigen Siemens-Autosparte VDO, die Conti 2007 übernommen hatte, machte das Management keine weiteren Angaben. Finanzvorstand Wolfgang Schäfer betonte, Prüfungen der Staatsanwaltschaft Hannover, wonach es Zulieferungen für Volkswagen-Abschalteinrichtungen gegeben haben könnte, richteten sich nicht gegen die Continental AG oder Töchter, sondern gegen einzelne Personen. Der Kenntnisstand sei nach wie vor, dass es keine Hinweise auf Beteiligung an Manipulationstechnik gibt.

Continental beschließt Aus für zwei Standorte in Spanien und Mexiko

Der Autozulieferer und Reifenhersteller macht im Rahmen seines Großumbaus zwei weitere Werke dicht. Die Standorte in Rubi (Spanien) und Nogales (Mexiko) sollen nach einem Beschluss des Aufsichtsrates vom Dienstag geschlossen werden, wie der DAX-Konzern in Hannover mitteilte.

In Spanien sei die Suche nach Investoren bisher ergebnislos geblieben, die dortige Produktion von Anzeige- und Bedientechnik soll schrittweise bis 2021 auslaufen oder an andere Standorte in Europa verlagert werden. Für die 740 Beschäftigten sei mit den Arbeitnehmern eine Vereinbarung getroffen worden.

Im mexikanischen Nogales wird die Fertigung von Vernetzungstechnik und Antriebskomponenten bis voraussichtlich 2024 auslaufen und teilweise auf andere Standorte in der Region verteilt. Bisher sind dort 2000 Mitarbeiter beschäftigt. Steigende Kosten machten es notwendig, Produktion in der Region zusammenzulegen, hieß es.

Conti hatte im Herbst 2019 vor dem Hintergrund der Flaute auf den Automärkten einen Großumbau angekündigt, der weltweit bis zu 20 000 Arbeitsplätze bis Ende des Jahrzehnts betreffen könnte. So will das Unternehmen die jährlichen Bruttokosten bis 2023 um rund 500 Millionen Euro senken.

Unter anderem läuft in Deutschland und Westeuropa über mehrere Jahre die Produktion von Hochdruckpumpen und Injektoren für Verbrenner aus. Zusätzlich will Vorstandschef Elmar Degenhart nun wegen der Coronavirus-Pandemie noch mehrere Hundert Millionen Euro auf das Sparziel draufsatteln, um in der Krise manövrierfähig zu bleiben. Darüber spricht das Unternehmen derzeit mit der Belegschaft.

Die Continental-Aktie schloss via XETRA 0,11 Prozent tiefer bei 87,00 Euro.

/jap/DP/nas

HANNOVER (dpa-AFX)

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